Im Kille-Kille-Keller
ausdruckslos. »Man
redet von einem neueren Testament«, sagte er tonlos.
7
Ich saß neben Don an einer
Seite der Tafel, gegenüber hatten Carl und Mr. Limbo sowie Wanda und Gregory
Platz genommen. Fabian thronte am Kopfende, wo Edwina am Abend gesessen hatte,
und vor ihm lag ein Stoß gewichtig wirkender Papiere.
Leutnant Frome war zehn Minuten
zuvor mit seinen Verhören fertig geworden und hatte die Villa verlassen. Beamte
in Uniform patrouillierten auf dem Grundstück ums Haus, aber drinnen war keiner
mehr.
Fabian wirkte recht nervös, und
wer wollte ihm daraus auch einen Vorwurf machen? Er zündete sich eine Zigarette
an und paffte erregt vor sich hin. Don rückte gereizt seinen Stuhl hin und her.
»Also gut, Fabian«, meinte Carl
gelassen. »Was hat das alles zu bedeuten?«
Der Anwalt räusperte sich zweimal,
dann sagte er verkrampft: »Euer Vater hat ein zweites Testament gemacht.«
»Warum haben wir das nicht
schon früher erfahren?« fragte Don kalt.
Fabian sortierte seine Papiere.
»Es war der ausdrückliche Wunsch eures Vaters, daß die Existenz eines zweiten Testaments
bis zu diesem Zeitpunkt geheimgehalten werden sollte.
Wie ihr alle wißt, bestimmte das erste Testament, daß die drei Erben die
letzten zweiundsiebzig Stunden vor Dons dreißigstem Geburtstag hier im Hause
verbringen sollten. Randolph verfügte, daß euch das zweite Testament nach den
ersten vierundzwanzig Stunden im Haus eröffnet werden soll.«
»Sind wir denn erst
vierundzwanzig Stunden hier?« fragte Carl. Dann grinste er plötzlich. »Mir
kommt es wie vierundzwanzig Tage vor!«
»Nach dem, was heute nacht
passiert ist«, sagte Fabian, »verantworte ich es, euch das Testament schon
jetzt vorzulesen. Ich meine, damit widerfährt allen Beteiligten nur ihr Recht.«
»Sie selber wußten natürlich
schon die ganze Zeit seit Vaters Tod«, sagte Don mit spröder Stimme, »daß
dieses zweite Testament existiert. Ich bin, offen gesagt, recht neugierig, was
seine Echtheit betrifft, Fabian.«
»Es ist ein vollkommen
rechtmäßiges Dokument«, sagte Fabian kalt, »und es ist gültig. Es gibt nichts,
was einen Menschen hindern könnte, zwei Testamente zu machen, wobei das zweite
das erste außer Kraft setzt. Wie Sie sich erinnern werden, Don, hat Randolph im
ersten Testament über keinerlei Vermögenswerte verfügt. Er hat lediglich einen
Teil des ständigen Ertrages an Carl, Wanda und Sie fließen lassen.«
Don brummte und lehnte sich im
Stuhl zurück. Ich sah, wie sich langsam ein Lächeln über Wandas Züge breitete,
während sie ihn anschaute. »Machst du dir Gedanken, lieber Bruder«, fragte sie,
»daß dein Anteil bei der zweiten Auflage nicht so groß sein könnte?«
»Ja, worin besteht denn nun der
Unterschied, Fabian?« fragte Carl beiläufig.
»Randolphs Anweisung besagt,
daß ich euch den vollständigen Text vorlesen soll«, antwortete Fabian. »Ich
glaube, es ist am einfachsten, wenn ich gleich damit beginne.«
»Das ist es ja, was ich an
deinem alten Herrn so schätze, Carl«, gackerte Mr. Limbo. »Er ist tot, aber er
steckt nicht auf.«
»Fang bloß nicht wieder damit
an«, sagte Wanda steif. »Ich kann’s nicht mehr hören.«
Fabian räusperte sich erneut,
dann begann er vorzulesen. »Ich, Randolph Irving Ebhart, im Vollbesitz meiner
geistigen und körperlichen Kräfte, gebe hiermit meinen Letzten Willen
bekannt...«
»Das ist immerhin etwas«,
gackerte Mr. Limbo dazwischen. »Ich machte mir schon Gedanken, es könne wie
eine Radioserie ausgehen — am Ende der Sendung heißt es immer >Fortsetzung
folgt »Halt den Mund!« sagte Wanda
mühsam beherrscht. »Lesen Sie weiter, Fabian.«
Die Papiere in Fabians Hand
knisterten, während er fortfuhr. »Ich hoffe, ihr werdet mir ein paar
Betrachtungen aus der unterirdischen Perspektive erlauben. Wenn der Sensenmann
nichts dagegen unternommen hat, dann werden nun meine beiden Söhne, meine
Tochter, meine Haushälterin und mein Anwalt um den Tisch versammelt sein.
Ferner dürfte die Gattin meines Ältesten dabei sein, denn nach den Bestimmungen
des ersten Testaments hat er gewiß geheiratet, um sich seiner Erbschaft zu
versichern. Vielleicht haben Carl und Wanda ebenfalls geheiratet, und ihre
jeweiligen Ehegatten sind auch mit von der Partie.
Es bereitet mir einiges
Vergnügen, mir die Szene auszumalen. Ich stelle mir vor, daß eine gewisse
Spannung in der Luft hängt — vielleicht Ungeduld? In einem Punkt bin ich
sicher: Nach einigen Jahren, die sie
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