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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Mehrere unverbundene Erinnerungsbruchstücke tauchten auf und suchten einander. Langsam, gedankenverloren zog sie den Umhang wieder aus dem Eimer 282
    hervor. In diesem Moment fiel die Tür oben so heftig ins Schloß, daß die Wände wackelten.
    »Is wieder da«, bemerkte Harrison. »Vom Einkaufen. Hat sich wahrscheinlich neu eingedeckt, dem Geklirre nach zu urteilen.« Einkaufstüten wurden polternd abgesetzt. »Hast du sie noch mal bearbeitet, nach mir, wegen nebenan? Wolltest du doch?« Ihre finstere Miene lieferte ihm die Antwort, noch ehe sie den Mund aufmachte.
    »Klappe!« herrschte ihn Mrs. Harrison an. »Halt doch mal die Klappe! Ich muß nachdenken.«
    Nach dem Regen war die Luft so wunderbar rein und frisch, und sie hatte einen so klaren Kopf, daß sie nicht nachdenken mochte. Katherine war aus einem tiefen, traumlosen Schlaf erwacht, und auch die unliebsamen Überraschungen nach dem Aufstehen hatten sie nicht übermäßig beunruhigt – etwa entdecken zu müssen, daß aus ihren Kleiderschränken fast alles verschwunden war, was sie ohne Davids Führung gekauft hatte, auch der Anzug, den sie in der Boutique umgetauscht hatte, in der er am häufigsten kaufte. Die gestutzte Garderobe umfaßte jetzt ausschließlich Kleiderstücke, die seine beiden bevorzugten Stile widerspiegelten: das Konservativ-Klassische und das Nuttige. Weil er aber selbst lange bei ihr im Bett liegengeblieben war, sie zärtlich in den Arm genommen hatte, ohne mehr zu verlangen, und dann erst zum gleichmütigen Jeremy gegangen war, sie also an erste Stelle gesetzt hatte, war sie geneigt, ihm zu verzeihen, oder vielmehr sah sie eigentlich gar keinen Anlaß für Vergebung. Nur das Fehlen ihrer Jeans bedauerte sie etwas. Aber es gab doch nichts Schöneres auf der ganzen Welt als zu wissen, daß sie nicht aufzuste-hen brauchte, daß sie, wenn sie wollte, im Kokon ihres Bettes lie-genbleiben durfte, in Sicherheit.
    Friede breitete sich über das Haus, dank Jeanettas Abwesenheit.
    Katherine verbannte alle Gedanken, die diesen prekären Frieden hätten stören können, energisch aus ihrem Kopf, und ließ sich nach Strich und Faden verwöhnen – pure Wonne. Als sie, adrett in Rock und ihrem Lieblingskaschmirpullover in die Küche hinunterstieg, zeugten die ordentlichen Krümel auf dem Tisch von einem Früh-stück. Sie fragte sich, wo sie wohl steckten, ihre Männer, und fühlte sich auf absurde Weise gehätschelt und glücklich. Im Kühlschrank 283
    fand Katherine aufgeschnittenes Roastbeef. Sie unterdrückte den Schmerz, den ihr der Gedanke daran bereitete, wie gut sich David am Tag zuvor versorgt hatte, und tat sich zwei Scheiben auf. Heute durfte sie alles, heute würde ihr nichts verwehrt. Elf Uhr, nach einem Sandwich stand ihr der Sinn, und fröhlich richtete sie es sich her.
    Ach, ein ganzer herrlicher langer Tag, was sollte sie mit ihm anfangen? Am liebsten gar nichts. Immer noch spürte sie die Erschöpfung in den Knochen, trotz des heilsam friedlichen und beglückenden Morgens. Das Radio in der Ecke der Küche, wo es zum Garten hinausging, dudelte leise. Komisch, daß dieser ausgeglichene Mensch ständig Musik um sich brauchte, doch David erklärte, daß die Klänge Jeremy beruhigten. Auf dem Fußboden lag noch ihre Handtasche, häßliches Andenken, bei dessen Anblick sich dumpf Schuldbewußtsein rührte und sich erst legte, als sie daraus die Äpfel gefischt, sie gewaschen und wieder in die Obstschale gelegt hatte. Ach, so müde.
    Immer noch so furchtbar müde. Sie stellte sich vor den Spiegel an der Wand neben den Fenstern zum Garten und betrachtete ihr Haar.
    Was für ein Mop: verfilzt und buschig! Sie durfte wirklich nicht mit nassen Haaren ins Bett gehen. Aber er würde sie nun nicht mehr zwingen, sie sich abschneiden zu lassen. Mit beiden Händen bändigte sie ihre Mähne, sah sich nach etwas um, mit dem sie sie zusam-menhalten könnte, seufzte. Erst in diesem Augenblick, in unmittelbarer Nähe der Tür zum Spielerker, vernahm sie wie aus großer Ferne eine Art Singsang.
    »Es regnet, es regnet… mach mich nicht naß, mach mich nicht naß, mach nur den bösen Papa naß…« Dann eine Pause, zum Verschnau-fen, ehe das Leiern wieder begann: »Heile, heile Segen, drei Tage Regen, drei Tage Schnee, tut’s dem Kind schon nich mehr weh…
    heile, heile Kätzchen, s’ Kätzchen hat vier Tätzchen, und einen langen Schwanz, morgen ist alles wieder ganz.« Das Ganze endete in einem Hustenanfall, der höflich unterdrückt wurde, als

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