Im Kinderzimmer
schmierig«, kräht Mark, »wie ’ne Echse, ganz grün und schleimig…«
»Das war sie auch, mein Spatz«, stimmt Mrs. Harrison zu. »Das war sie. Hat uns alle auch noch vollgeschmiert, hat geschrien wie am Spieß…«
»Aber sie mochte es«, beteuert Samantha und nickt, um mich zu beschwichtigen. »Jeanetta mag Schmier.«
»Ja, und darüber wollte ich mit Ihnen ein Wort reden, Mrs. Pearson«, ergriff Mrs. Harrison ihre Chance, ehe die beiden das Gespräch wieder in eine andere Richtung als die von ihr offenbar intendierte und zwar nicht zum Zwecke der Beleuchtung ihres traumatischen Tags gedachte, lenken konnte. »Ob Sie wohl mal mit Mrs. Allendale sprechen könnten? Ich tue es ungern, steht mir eigentlich nicht zu, obwohl ich’s wohl ansprechen könnte, wenn sie die Kinder abholen kommt, aber ich denke, es wäre besser, wenn Sie das machen würden, Sie verstehen doch? Es wäre besser, wenn Sie ihr das sagen könnten.«
»Was denn?« frage ich und fühle mich schon wieder von allen möglichen Komplikationen bedroht. Die Nachbarskinder sind ihr Problem. Warum also redet verdammt noch mal nicht sie mit den 50
Eltern? Wenn sie etwa meinen sollte, daß Katherine Allendale zu vornehm ist, als daß sie ein paar vertrauliche Worte an sie richten könnte, dann liegt sie vollkommen falsch.
»Wär besser, wenn Sie mit Mrs. Allendale über Jeanettas Anziehsachen sprechen könnten, Mrs. Pearson.« Eileen Harrisons Stimme nahm jetzt einen verschwörerischen Flüsterton an, der die Sache wohl zur Angelegenheit zwischen Erwachsenen erklären sollte, der die Kinder aber natürlich erst recht aufhorchen ließ.
»Wissen Sie, ihre Anziehsachen, die von Jeanetta… wenn sie abgeliefert wird, die Arme, braucht sie meist schon was zum Wechseln, hat aber nichts dabei. Wenn Sie mich fragen, ist es sowieso eine Schande, was sie hat: zerschlissen und viel zu klein. Eine Schande.
Ich frag mich wirklich, was sich die Dame wohl dabei…!«
»Das genügt, Mrs. Harrison«, falle ich ihr ins Wort. Ich kann ihr keine abschätzigen Bemerkungen über Katherine Allendale durchgehen lassen, schon gar nicht vor den Kindern. Ich darf Kritik äußern, Mrs. Harrison nicht. »Kein Wunder, daß die Kleine immer am Quengeln ist«, sagt sie abschließend spitz, sich der Zurechtweisung vollkommen bewußt.
»Tja, Jeanetta ist nun aber auch sehr dick, Mrs. Harrison«, räume ich ein, muß ihr, zum Ausgleich für die Rüge, wieder entgegenkom-men.
»Stämmig, ja, das ist sie, ein wenig pummelig, trotzdem braucht sie was Anständiges zum Anziehen. Normalerweise stecke ich ihre Sachen gleich noch in die Waschmaschine und dann rennt sie permanent, wie heute abend, in Marks Schlafanzügen herum, weil ihr nichts anderes paßt. Könnten Sie sie nicht darauf aufmerksam machen, Mrs. Allendale, meine ich? Es ist wirklich eine Schande, das muß einfach mal gesagt werden.«
»Mir macht es nichts aus, wenn sie meinen Schlafanzug anhat«, steuert Mark zu dem Gespräch bei. Außerordentlich netter kleiner Bursche, mein Sohn. »Macht mir wirklich nichts.«
Mag sein, daß es ihm nichts ausmacht; mir macht es etwas aus.
Nette Nachbarn hin oder her, und so vorteilhaft das Arrangement für alle sein mag, ich möchte nicht, daß der Fettkloß von nebenan im 51
Schlafanzug meines Sohnes herumtollt. Sie hat in seinen Hosen nichts zu suchen, auch mit vier Jahren nicht.
»Ja, gut«, versichere ich Mrs. Harrison, »ich werde ihr einen kleinen Wink geben. Bei Gelegenheit. Und vielen Dank für die Mühe, die Sie sich gemacht haben, mit dem Zoo. Wirklich nett von Ihnen.«
Himmel, was bin ich manchmal verlogen. Es ist mir schnurzpiepegal, ob ihr das Leben schwer gemacht wird. Schließlich wird sie dafür bezahlt, oder nicht?
Vom Lob besänftigt, wendet sie sich ihrem Eric zu, der in der Zwischenzeit Geschirr weggeräumt hat, und drängt ihn zur Tür hinaus.
Wenig später höre ich die gedämpfte Ankündigung der Fernsehsei-fenoper, die ihren Feierabend einleitet – kein Wunder, daß Mrs. Harrison zur Übertreibung neigt. Ich bin froh, daß sie verschwunden sind; man kommt ja ohne Haushaltshilfe nicht aus – wie machen die Nachbarn das bloß? – aber, meine Güte, die Nerven.
Man sehe sich nur diese Knirpse an, wie Harrison sie nennt. Ich liebe sie natürlich, klar, aber nicht ganztägig, nicht tagein, tagaus, das nicht. Heute werden sie schnell einschlafen, sie lassen sich nach einem bißchen Fernsehen ohne großen Protest ins Bett bringen. Samantha lese ich noch
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