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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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bescheiden. Da liegt der Hase im Pfeffer: Die Proportionen stimmen nicht. Zwischen Häusern dieser Größe müßte mindestens ein halber Morgen Rasen liegen, statt dessen hocken wir aufeinander, kleben mit unseren weitläufigen Häuser-fronten direkt an der Straße, so dicht am Nachbarn, daß man sich beinahe in die Kochtöpfe spucken könnte, und dann die handtuch-schmalen Gärten hinten. Kaum Auslauf für eine Katze. Wobei mir einfällt, daß die Allendales Katzenhasser sind, und außerdem ein klein wenig ordinär.
    Sie betrachten ihren Garten als Fortsetzung der Einrichtung mit anderen Mitteln, will heißen, durch Flügeltüren blickt man hinaus auf ein hübsches Gartentableau, perfekte Kulisse. Ich für meinen Teil stapfe gern in einem Garten herum, ich spiele immer noch mit dem etwas absurden Gedanken, Gemüse anzubauen, denn dazu ist ein Garten letztlich da, finde ich, nur ist der unsrige leider ziemlich verwahrlost. Doch, doch, Bäume und Büsche gibt’s da wohl, aber die Kinder haben den Rasen ruiniert, so daß mir die Lust vergangen ist 44
    und ich mich nicht aufraffen kann, ihn neu anlegen zu lassen. Die Allendales könnten mir guten und teuren Rat geben, da bin ich überzeugt. Aber wer will schon draußen sitzen, wenn man nie gänzlich ungestört sein kann, und das ist man hier nie. Zum einen wegen der Harrisons im Souterrain, die den Garten gewissermaßen als ihr Revier betrachten, und dann wegen der Allendales nebenan. Er blickt aus seinem Atelier direkt auf unseren Rasen, da nutzt auch der Zaun oder vielmehr das marode Spalier oben auf dem Mäuerchen mit seinen Rankengewächsen nicht viel. Selbst im Sommer kann man unbemerkt durchs Blattwerk linsen. Nicht, daß sie so etwas täten, dazu sind sie zu wohlerzogen, vor allem sie. Sie hätte ein schlechtes Gewissen – im Gegensatz zu mir oder Mrs. Harrison. Außerdem weiß ich, daß sie sehr wohl weiß, daß ich weiß, daß sie dieses Zeug aus-streut, um unsere Katze fernzuhalten. So eine Frechheit! Und doch ist sie äußerst reizend, die kleine Katherine. Beide sind sie ungemein liebenswürdig, zuvorkommend und freundlich, ohne neugierig zu sein. Ich erzähle aller Welt, daß wir mit unseren Nachbarn wirklich großes Glück haben, weil sie respektieren, daß man seine Ruhe haben will – sie selbst wollen sie ja auch, beinahe mehr noch als wir, und wir fahren schließlich am Wochenende ohnehin meist aufs Land.
    So spät schon? Dann darf ich mir ja einen Drink genehmigen. Die Wochenenden sind auch fast die einzige Zeit, wo ich etwas von den Kindern habe. Andere hätten deswegen wohl ein schlechtes Gewissen, aber ich sehe, ehrlich gesagt, keinen Grund dazu. Sebastian und ich sind beide mit sechs ins Internat gekommen, und es wird doch wohl keiner behaupten, daß uns das geschadet hätte – mir nicht! –, und um meine Ansicht zu beweisen, braucht man sich bloß unsere zwei Rangen anzusehen: gesund und munter und voll des Übermuts.
    Dabei fällt mir noch etwas ein, was mir an diesem Haus nicht behagt.
    Da ist es schon so groß und geräumig, und trotzdem verbringen die Kinder ihr halbes Leben unten in Mrs. Harrisons Grotte zwischen den Nippes. Die Regelung hat natürlich den Vorteil, daß sie mir nicht ständig unter den Füßen sind, denn auch ich bin der Ansicht, Kinder sollten gesehen, nicht gehört werden, aber merkwürdig schon, daß sie, wo hier oben Platz für eine ganze Armee wäre, nirgends lieber sind als unten in dem vollgepfropften kleinen Kabuff, zusammen mit 45
    den beiden von Allendales. Keine Ahnung, was Mrs. Harrison daran so toll findet, aber auch hier hat die Nachbarschaft zu den Allendales ihren Vorteil: Dafür nämlich, daß Mrs. Harrison die Allendale-Blagen fünf Tage die Woche nimmt – manchmal auch am Wochenende, wenn wir weg sind –, zahlt David die Hälfte ihres Gehalts.
    Somit spar ich dreitausendfünfhundertundeinundsechzig Pfund und sechsundfünfzig Pence im Jahr, ich hab’s ausgerechnet. Ich profitiere also davon, und Mrs. Harrison fühlt sich pudelwohl. »Je mehr, desto lustiger«, sagt sie, wenn sie guter Laune ist, und »au weh, meine armen Füße«, wenn es ihr nicht so gut geht. Ich hätte es ja nicht unbedingt nötig, mir die Kosten zu teilen, aber mir ist von klein auf eingebleut worden, daß man einsparen muß, wo nur möglich. Deshalb bin ich wohl Steuerberaterin geworden statt Hausfrau; Zahlen haben auf mich die gleiche berauschende Wirkung wie auf sie die Kinder.
    Wobei mir einfällt: Auf welche Schule die

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