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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Verlassenheit schmerzte sie.
    Vielleicht würde sie, nach einer Weile, David etwas ins Ohr flüstern.
    Als sie der Dürftigkeit der Ehrbezeugungen von der Straße müde wurde, unternahm Sophie Allendale einen Rundgang durch ihr geborgtes Reich. Bei ihrer treppenknarrenden Wanderung von Stockwerk zu Stockwerk, bei der sie über die Anzahl der Riegel und Schlösser an den Türen staunte, weckte sie beabsichtigt ungewollt Jeanetta. Zwar versuchte sie ihr schlechtes Gewissen mit ein paar großmütterlichen Lauten zu beruhigen, um das Kind wieder zum Einschlafen zu bewegen, doch es waren halbherzige Bemühungen, denn in Wirklichkeit sehnte sie sich nach Gesellschaft. Außerdem war Sophie ohnehin nicht der Willensstärke anderer gewachsen. Also stiegen die zwei in die Küche hinunter, wo die Tür zum Garten noch offenstand und Musik aus dem Radio grölte. Zunächst pflückten sie einige Rosen seltener alter Sorten und stopften sie in eine leere Milchflasche, das Wasser vergaßen sie. Dann tanzten sie ein wenig, beide zwischen dem »Eins, zwei, drei und links herum, mein Herz«

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    munter plappernd, keine der anderen zuhörend und sich doch blendend verstehend. Daraufhin schleppte Jeanetta die Oma in den Spielerker, dessen jüngst eingehängte Tür, welche aus dem Erker ein separates Zimmer machte, mit keinem Schloß versehen war. In diesem Raum – den Jeanetta voller Stolz vorführte – machten sie sich über eine große Truhe her, plünderten sie und übersäten den Küchenboden mit ihrer Beute. Sophie entschied sich für ein lilafarbenes Taftkleid, eines von Katherines abgelegten, dessen Leuchtkraft es als aus der Zeit vor der Bekanntschaft mit David stammend auswies, die dem farbenfrohen Geschmack ihrer Schwiegermutter aber durchaus ent-gegenkam. Jeanetta entdeckte ein glitzerndes, golddurchwirktes schwarzes Lurextuch mit langen Fransen, die das Kind probeweise in den Mund steckte, ehe es sich das Tuch mit Sophies Hilfe um den dicken kleinen Körper wickelte. Dann hockten sie sich auf den Boden und wiegten sich lachend hin und her.
    »Mein Schatz, mein Sonnenschein, du siehst entzückend aus! Und was machen wir jetzt?«
    Jeanetta war um die Lösung nicht verlegen. »Kekse?« fragte sie hoffnungsvoll.
    Sophie nickte. »Kekse sind immer willkommen«, stimmte sie be-dächtig nach Art einer weisen Eule zu. Jeanetta unterstützte dies ihrerseits mit heftigem Kopfnicken. »Nur sind nicht mehr viele da.«
    Also zogen die beiden in den funktionellen Teil der Küche um, Jeanetta bedenklich stolpernd in übergroßen Stöckelschuhen und doch mit sich sehr zufrieden. Als eine Bestandsaufnahme des Kühl-schrankinnern nur großzügige Mengen rohen Fischs, Bioghurt, Ma-germilch und Obstsaft zutage förderte, nichts jedoch für Freunde von Kohlehydraten, borgte sich Sophie einen der hochhackigen Schuhe und versuchte, angefeuert durch entsprechend enthusiastische Gestik ihrer Enkelin, mit dem Absatz das Schloß eines erfolgversprechende-ren Küchenschranks zu knacken. Sophie hämmerte, Jeanetta trat gegen die Tür. »Wie Einbrecher«, kicherte Mrs. Allendale und mußte eine Atempause einlegen. Sie überließ Jeanetta als Ansporn die letzten Kekse aus der Porzellandose und gönnte sich selbst einen ordentlichen Schluck Sherry, während sie überlegte, ob nicht ein Draht-137
    kleiderbügel nützlich wäre beim Aufbrechen des Schlosses. Das Unternehmen würde sicherlich etwas Zeit in Anspruch nehmen.
    Das Verführen, stellte Colin Neill fest, brauchte oft so seine Zeit. Die Verführung Katherine Allendales, von der er seit der ersten Begegnung vor über einem Jahr träumte, hatte er sich von vornherein als eine von der Gut-Ding-will-Weile-haben-Sorte vorgestellt. Schon das Wort »Verführung« fand er verführerisch, und seiner Erfahrung nach war diese eben mal schneller, mal langsamer zu erreichen.
    Letztere Variante zog er bei weitem vor, auch wenn am Schluß gar nicht viel passierte. Die Aussicht auf die Sache war oft besser als die Sache selbst. Daher löste die Tatsache, daß Katherine Allendale im Gebüsch ein wenig keuchte, während er sie küssen und die zarten Rundungen ihrer Brüste durch den fließenden Jersey streicheln durfte, zwar nervöse Erregung, aber kein sonderliches Vergnügen, aus –
    war er doch Romantiker genug, um von seinen Eroberungen Liebes-geständnisse hören zu wollen. Schließlich wollte man doch wissen, ob man der Betreffenden gefiel oder nicht. Er hielt sie sanft von sich weg.
    »So, meine bezaubernde

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