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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Anrufbeantworter nicht aus der Ruhe bringen, denn: Du hast ja Zeit, meine Liebe, keine Sorge, du kannst später noch einmal anrufen, du wirst ja noch eine Weile hier sein, und Jeanetta wird ohnehin wahrscheinlich bald wach werden. Der Korken der Sherry-flasche entwickelte ein reges Eigenleben. »Was ist das nun genau für ein Ton, den du da von dir gibst?« fragte sie ihn. »Ein ›Plopp‹, denke ich.« Sie kicherte wild.
    Draußen auf der Straße hielt John Mills inne, hypnotisiert von der grandios erleuchteten Küche und dem Anblick der porzellanzarten alten Dame mit den Rüschen am rosafarbenen Hals, die ihn über den 130
    Rand ihres Sherryglases hinweg angrinste und ihm keß zuzwinkerte.
    Ehe er sich versah, und trotz des Zuckens des einen Auges, das sich in den vergangenen zwei Wochen nicht gelegt hatte, mußte er lä-
    cheln – sie wirkte so unwiderstehlich absurd.
    »Ich albernes Ding«, gurrte Sophie und tätschelte ihre Frisur. »Es hätte glatt ein Einbrecher sein können.« Ein kurzlebiger Gedanke; in der Nähe des Hauses ihres Sohnes gab es keine Einbrecher. Sie würden es gar nicht wagen, diesen geweihten Bezirk zu betreten. Und Daddy war tot.
    Der Sekt war Katherine unter Umgehung des Verdauungstrakts ins Blut geperlt, direkt in den Kopf gestiegen und schlug sich als gefährlich emotionsgeladenes Funkeln in den Augen nieder. Auf Alkohol reagierte sie so; ihr Kopf war wie ein Schwamm. Sie wußte genau, wie sie aussah, bekam es in den Blicken der Frauen widergespiegelt, von denen drei ihre Wange zur Begrüßung geküßt hatten, ohne zu bemerken, wie gut sie aussah. Gut auszusehen war entscheidend wichtig, verlieh ihr die Präsenz und das Selbstvertrauen, ohne die für sie Freude an einer solchen Zusammenkunft undenkbar war. Den Ansprüchen nicht zu genügen setzte den ganzen Abend aufs Spiel, gab ihr das Gefühl, Außenseiterin zu sein. Sie erhaschte einen Blick im Spiegel, sah das signalrote, knielange Schlauchkleid, dessen anschmiegsamer Jerseystoff den Busen auf beinahe unanständige Weise umschloß. Die provozierend schmalen Schulterriemen auf der nackten Haut machten alles noch schlimmer, ebenso die protzigen Ohrringe, die vom Kleid hatten ablenken sollen. Nuttig. Unvorstellbar, daß ich dieses Kleid ausgesucht haben soll, aber David hat es mir versichert. Ich weiß nicht, wann das gewesen sein soll, unglaublich, daß ich mir jemals in einem solchen Kleid gefallen habe. So teuer und vulgär, dazu angetan, lüsterne Männerblicke anzuziehen.
    Das Gefühl der Erniedrigung, ihr Unwohlsein und der Wunsch, im Boden zu versinken, gärten im Alkohol, bis ihr heiß wurde. Warum, warum tat er ihr das an! »Du hast es gekauft, mein Schatz, für teures Geld, du kannst dir die Extravaganz nicht leisten, es jetzt nicht zu tragen!« Der schmale Grat ihres Selbstvertrauens, quälende Ungewißheit und Unentschlossenheit, die Nervosität zu Beginn jeder Par-131
    ty – sie fühlte jegliche Freude über die Einladung der Ahnung einer Bloßstellung weichen.
    Das amerikanische Ehepaar hatte sich selbst übertroffen, hatte ein wahres Wunder bei der Festvorbereitung vollbracht, alles geheim-gehalten, denn Mrs. Holmes junior wollte sich bei Freunden und Bekannten, deren Gast sie gewesen waren, einerseits revanchieren und sie andererseits übertrumpfen. Schönes Wetter zu diktieren stand nicht in ihrer Macht, doch sie hatte einen gewaltigen Saal im Kenwood House gemietet, der auf einen verschwenderisch breiten Bal-kon mit atemberaubender Aussicht auf den vornehm gestalteten Park hinausging, der Mr. Holmes juniors Meinung nach zu den schönsten Londons gehörte, wie überhaupt alles, auch die Gäste, die einen mehr, die anderen weniger, einen wunderschönen Ausblick bot. Und sie waren herzlich willkommen, auf seine Kosten im Saal zu tanzen, so sie wollten, oder die Gemälde zu bestaunen, die schwitzenden Musiker der Kapelle zu belächeln oder sich zu betrinken. Einige seiner Gäste, stellte Mr. Holmes mit der Zufriedenheit eines großzü-
    gigen Mannes fest, waren wild entschlossen, alle diese Möglichkeiten zu nutzen. Es machte ihm auch nichts aus, daß er als einziger einen Frack trug, als Gastgeber durfte er das, und auch, daß Mrs.
    Holmes die einzige war, deren Kleid in Kaskaden bis auf den Boden fiel, hinderte sie nicht daran, in ihrer Rolle als Gastgeberin ganz auf-zugehen. Beide waren sehr zufrieden. Das war auch Monica, als sie im Vorbeigehen einen raschen Blick in den langen Spiegel warf. Ein wenig üppig

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