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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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den Gedanken ge-wöhnt hat…
    Wir haben uns natürlich in der Zwischenzeit getroffen. Auf einen Drink nach der Arbeit – sein Vorschlag. Zunächst hatte ich angeru-196
    fen und gemeint: »Du Vollidiot, was soll denn das überhaupt, mach doch keinen Quatsch!« Reaktion? Reichlich gequält, muß ich sagen.
    Gequält? Wie kommt der dazu, gequält zu sein, nachdem er sich davongestohlen hat wie ein Dieb und nur dieses billige Entschuldi-gungsschreiben hinterlassen hat? Nicht der einzige Dieb, der sich herumtreibt, aber darüber später mehr. »Hör zu, Susan«, sagt er in gemessenem Ton, »ich habe ja nicht die Absicht, die Kinder im Stich zu lassen…«
    »Nein, nur mich«, schieß ich patzig zurück. Aber nein, aber nein, nach seiner Auslegung ist ein Auszug nicht mit Abhauen gleichzu-setzen. Der muß sein Lexikon kopfüber studiert haben, oder vielleicht funktioniert das Hirn nicht mehr so recht, wenn er auf dem Flittchen herumhopst, mit dem er durchgebrannt ist. Denn ein solches muß es geben, und ich kann sie mir genau vorstellen: zierlich, schlank, blond und… ja danke, ich nehme gern noch einen.
    Aber was hacke ich auf ihm herum, er ist schließlich nur ein Mann, und die werden dumm geboren, habe ich immer schon gedacht, das bißchen Grips, das sie haben, ist in der Hose angesiedelt. Jedenfalls haben wir uns in einem Weinlokal in der City getroffen, irgendwo in der Nähe der Bank, wo die Lokale alle gleich aussehen: im Keller gelegen, echtes Sägemehl auf groben Holzdielen – ich möchte da nicht fegen müssen –, auf alt gemachte, gebleichte Lettern auf den Fässern, damit es aussieht, als werde der Portwein noch offen ausgeschenkt, das Ganze mit Bedacht in Schummerlicht getaucht, damit die ganzen, grausigen heimlichen Verabredungen zwischen Sekretä-
    rinnen und alternden Männern nicht ans Licht kommen. Die sollten sich den Spruch vom alkohollöslichen Gewissen als Motto über die Tür hängen, in Neon. Ich selbst kenne auch kein Gewissen, warum sollte ich? Sebastian ist an allem schuld, aber – unfaßbare Tatsache: Als ich ihn dort allein am Tisch sitzen sah, war ich diejenige, die sich schuldig fühlte, was mich natürlich nicht gerade milder stimmte.
    Warum sehen auch Männer, die allein sitzen, so herzzerreißend aus?
    Ich sah wieder ihn, nein, nicht ihn, seinen Doppelgänger, auf dieser Parkbank sitzen – wie die Schlußszene eines tristen Theaterstücks.
    Dann besann ich mich aber wieder dessen, was der Idiot im Begriff war anzurichten, Midlife-Krise, sah förmlich sein Ding wie ein Peri-197
    skop aus seinem Hosenschlitz ragen. (Wobei mir ein weiterer Witz einfällt. Ein Kerl nimmt seine zahme Ente, in der Hose versteckt, mit ins Kino, weil sie ihm nicht gestatten, das Tier an der Leine mitzu-führen. Die Ente wird unruhig, eine junge Frau auf dem Platz neben ihm fühlt sich belästigt und beschwert sich bei ihrem blasierten Freund darüber, daß der Herr zur Linken sich vor ihr entblößt. Denk dir nichts, sagt der blasierte Freund, diese alten Lustmolche sind alle gleich. Nee, meint sie, dieser futtert mir die Chips weg… Gut, wie?
    Haha!)
    Also geknickt sah er wohl aus, der gute Sebastian. Alles Theater, natürlich. Er fragte nach Mark, will die Kinder besuchen kommen.
    Nix da, habe ich gesagt, entweder du lebst mit uns zusammen oder nicht; als gelegentlichen Besucher laß ich dich nicht ins Haus. Das hättest du dir vorher überlegen sollen.
    Das habe ich, sagt er, ich habe lange überlegt. Ich bin fast wahnsinnig geworden vom vielen Hin- und Herüberlegen.
    Allmählich wurde es immer lauter in dem Laden, die blöden Sprü-
    che irgendwelcher City-Schickis hallten durch den Raum, Cockney-Klänge und lauthals verkündete Vertraulichkeiten. Ich weiß nicht, wie man darauf verfallen kann, sich an einem Ort ein Stelldichein zu geben, wo bald jeder die Farbe deiner Unterhose kennt. Der gute Sebastian gab seine Erklärungen entweder im Bühnenflüsterton oder aber fast brüllend ab, mußte sich weit über den Tisch beugen, weil ich mich zurücklehnte, um es ihm noch schwerer zu machen. Zwischen uns beiden sei doch schon lange nichts mehr gelaufen, das Haus sei kalt und leer, wir hätten kaum mehr Zeit miteinander verbracht, es habe keine Zuneigung, keine Geborgenheit gegeben, ich hätte seine Anwesenheit doch kaum zur Kenntnis genommen, außer, um mich am Wochenende aufs Land fahren zu lassen, um Kühe zu zählen oder mit meinem Taschenrechner zu spielen. Daher habe er angenommen, ich würde seinen

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