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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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Fortgang gar nicht bemerken, was war da schon groß anders?
    Na, zum Beispiel, daß weniger Wäsche anfalle, habe ich bissig bemerkt. Um die Wäsche kümmerst doch du dich nicht, hat er entgegnet, du kümmerst dich doch eigentlich um überhaupt nichts in diesem Haus, als gehörtest du gar nicht dazu. Auch was die Kinder an-198
    geht. Alles, was mit dem Haushalt zusammenhängt, langweilt dich doch zu Tode. Wir schwimmen im Geld, du noch mehr als ich, wie du sehr wohl weißt, aber du arbeitest pausenlos, du keifst und trinkst und weist mich ab. Das einzige, was dich ein bißchen belebt hat in den letzten Wochen, nein Monaten, war der Klatsch über David Allendale. Das Haus ist wie eine Totengruft. Ich bin dir lästig. Ich habe in letzter Zeit immer mehr Überstunden gemacht, weil mich nichts nach Hause zog.
    Also, das schlug doch dem Faß nun wirklich den Boden aus! Dann stimmte doch, was wir damals schon auf der Schule diskutierten, als ich Hauswirtschaftslehre aus meinem Stundenplan strich, um mich mit Wirtschaft im umfassenderen Sinne zu beschäftigen, nämlich daß die Männer letztlich doch das Heimchen am Herd wollen. Pantoffeln vorm Kamin bereitgestellt und das Frauchen in durchsichtiger Spit-zenschürze, wenn der müde Krieger heimkehrt, liebevolle Hände, die sich an seinem Lendenschurz zu schaffen machen. Hätte ich irgendwie nicht gedacht! Dann hättest du ein dressiertes Äffchen heiraten müssen! Ich habe dich doch nicht geheiratet, um Haushälterin zu spielen, wir haben eine! brüllte ich Sebastian an, übertönte den Pu-blärm. Ja, ja, ich weiß, sagte er beschwichtigend und sah sich etwas verlegen um. Aber ich wollte schon auch eine Frau, nicht nur einen hellen Kopf, meine Liebe. Und selbst ich brauche ein wenig Aufmerksamkeit. Gelegentlich, nicht oft, aber gelegentlich. Gut, meinte ich, dann lassen wir den Quatsch. Wer ist sie?
    Denn es muß doch eine andere geben, oder? Es gibt doch immer die andere. Die Männer sind doch hilflos wie kleine Kinder. Also irgendeine, irgend so ein kleines Flittchen, wahrscheinlich kaum älter als zwölf, das »Verständnis« hat. Ich habe Seb – sie nennt ihn wahrscheinlich Sebby – mal einen anderen Witz erzählt. Den über den Italiener, der zum Arzt kommt und sich beklagt, mit seiner Frau stimme etwas nicht, woraufhin der Arzt fragt: Wieso, was ist mit ihr, ist sie Atomphysikerin, oder was? Ja, das ist sie, aber sie kocht mir keine Pasta… Sebastian hatte darüber nicht lachen können; er lachte auch jetzt nicht. Was ich damit meinte, eine andere? fragte er. Es gäbe keine andere, er habe nur Zeit zum Nachdenken gebraucht.

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    »Ach was, Scheiße!« Ich verfiel in eines dieser plötzlichen Schweigen, es entstand das Vakuum, in das eine Trinkrunde ab-rutscht, wenn alle zugleich das Glas erheben. »Wer ist sie«, zischte ich, schnappte mir sein Glas und leerte es auf einen Zug. Er blickte auf meine Hand, hoffnungslos, meinen Mund, schwieg. Dann stand er auf und besorgte noch eine Flasche Wein.
    O Gott! Natürlich gibt es eine gottverdammte andere. Prost. Muß mir Nachschub besorgen, werde eine Buddel in der Aktentasche reinschmuggeln. Die Harrisons lauern mir auf, aber ich habe gleich zu Beginn beschlossen, kein Wort zu sagen, nicht meinen Eltern, nicht seinem Vater, nicht den Kindern, nicht den verfluchten Harrisons. Sebastians Betrug geht niemand an außer mich, Notlügen wie
    »der Papa mußte plötzlich auf Geschäftsreise« werden vorerst ausreichen müssen; soll er sein Dilemma selbst erklären, wem er will, einschließlich seinem Sohn, ich werde es nicht tun. Es kursiert auch das Gerücht, er habe Schwierigkeiten mit seiner Arbeit, was ja durchaus sein kann und was auch eine ganz brauchbare Version ab-gibt. Alles unter Kontrolle, kleiner lokaler Krisenherd, mehr nicht.
    Und in der Zwischenzeit werde ich die fast entschlafene Libido mit einem weiteren Gin stillegen und mich dringenderen Angelegenheiten widmen.
    Als da wäre: Ich scheine neuerdings Sachen zu verlegen. Aus Gründen, die mir unklar sind, habe ich heute abend – da ich nichts Besseres zu tun hatte (und es ist so verdammt lange hell, ich wünschte, es würde eher dunkel, dann könnte ich einfach ins Bett gehen) –
    fortgesetzt, was ich gestern abend begonnen hatte, nämlich eine Durchsicht meiner Sachen, eine Art Inventur, wenn man so will.
    Gestern überkam mich nach dem Treffen in dem unsäglichen Pub das Verlangen, eine Bestandsaufnahme all dessen zu machen, was von bleibendem Wert ist, wie

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