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Im Kinderzimmer

Im Kinderzimmer

Titel: Im Kinderzimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Fyfield
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zum Beispiel Schmuck – diamonds are a girl’s best friend, heißt es schließlich. Also kramte ich den Schuhkarton hervor, in dem seit jeher einiges an Schmuck lagert, doch dann verlor der Plan seinen Reiz, und ich stellte den Karton auf meinem Weg nach unten, um Harrison entgegenzueilen, der von seinem kleinen Botengang zurückkehrte, auf dem Schreibtisch im Arbeitszimmer ab. Gestern oder vorgestern, so genau weiß ich das nicht 200
    mehr, spielt auch keine Rolle. Wenn ich daran denke, daß ich diese ganzen Ohrringe mal ständig getragen habe! Ein Aufwand! Nie fand ich ein zusammengehöriges Paar und nie überhaupt irgend etwas, was zu meiner allerschönsten Kette paßte, also gab ich es irgendwann auf. Mein Vater, der gute alte Daddy, hat mir die Halskette zur Hochzeit geschenkt – das Joch der auf mich zukommenden Verantwortung, quasi. »Und denk daran, meine Liebe«, sagte er zu mir, »du kannst immer wieder ins Elternhaus zurückkehren, wenn es schief-geht.« Aber da muß er wohl gelogen haben, denn er und Mutter wä-
    ren entsetzt, wenn ich es wirklich täte. Wahrscheinlich haben alle Versprechungen eine Halbwertzeit von ungefähr zwei Minuten; komisch, daß wir sie trotzdem immer wieder machen. Wie dem auch sei, diese selbe Kette zierte meinen schneeweißen Hals bei so manch großem Ereignis, bis mir klar wurde, wieviel das Ding wert war und ich sie erst einmal auf die Bank trug, dann aber, nach einer weiteren Einladung, keine Lust hatte, sie immer wieder hinzutragen, so daß sie eben auch in den Schuhkarton wanderte, und diese Kette, die dort ungefähr ein Jahrzehnt friedlich geschlummert hat, liegt dort nicht mehr.
    Irgendwo habe ich einmal gehört, daß Alkohol das Erinnerungsvermögen zersetzt, ein Körnchen Wahrheit wird daran wohl sein, aber in der Regel vergesse ich keine Wertgegenstände oder was sie gekostet haben und auch nicht, ob ich sie an einem meiner überge-wissenhaften Tage im Banksafe deponiert habe oder nicht. Der Schuhkarton, den ich auf dem Schreibtisch stehen gelassen hatte, war umgeworfen worden, und es fehlte eben die Halskette und sonst nichts. Es mag ja des einen oder anderen Gins bedürfen, bis ich klar bin, aber im Augenblick bin ich klar. Wie spät ist es? Der Verlust kratzt mich nicht; ich will wissen, wer es war. Wer bumst meinen
    »Sebby-Mann«, und wer hat meine Halskette? Sollte es ein und dieselbe Person sein, reiß ich ihr den Kopf ab, denn das eine laß ich mir ja noch nehmen, aber beides nicht.
    »Harrison!« Ein Feldwebelschrei durchs Treppenhaus. Wie dumm von mir; er ist an die Haustür gegangen, mimt unwillig den Butler, dabei weiß er doch, daß er keine feste Arbeitszeit, sondern rund um die Uhr auf Posten zu sein hat, sonst fliegt er hochkant raus. »Harri-201
    son!« Was hat er an der Haustür zu suchen, Mistkerl, hier will ich ihn sehen. Im nächsten Augenblick nimmt er Gestalt an wie ein Fla-schengeist, wie ein Hausdiener aus einem Horrorfilm, und murmelt:
    »Mr. Allendale würde Sie gern sprechen, Mrs. Pearson. Soll ich ihn heraufschaffen, oder kommen Sie herunter?« Als wollte er den Mann mit einer Seilwinde zu mir hochhieven.
    Herauf, nicht hinunter, sollen die anderen ihre Beine benutzen. Ich stopfte den Schuhkarton hinter ein Kissen. Es blieb mir nicht die Zeit, mich verwundert zu fragen, was das nun sollte, ein Besucher in diesem eigenartigen Haus, unverhoffte Zerstreuung inmitten meiner nicht enden wollenden Abende. Und was hatte vor allem ein ferner Bewohner des Planeten der »Glücklichen Ehe« hier zu suchen? Mich sonderbare Spezies unter die Lupe nehmen?
    Immun war ich gegen den Charme dieses David Allendale nach wie vor nicht, dieses Prachtexemplars, und als er vorbeischaute, hätte ich ihm eigentlich auch vom Stand der Dinge erzählen können, denn der Drang, selbiges zu tun, mich zu entlasten, wurde allmählich überwältigend, ebenso wie die beschämende Erkenntnis, daß ein solcher Schritt meinen Zusammenbruch herbeiführen könnte. Komischerweise hatte ich, der es mir an Freundinnen mangelt, schon daran gedacht, mich an Katherine zu wenden, die doch immer so nett zu mir gewesen ist und die mir gewiß keine Vorwürfe machen würde.
    Doch David war nicht zu einem netten nachbarlichen Besuch gekommen. Er hatte ein eigenes Anliegen, mit mir hatte sein Kommen nichts zu tun, er sah wieder durch mich hindurch, hatte nur dieses eigene Ansinnen im Visier.
    »Wie geht es, Susan? Du siehst blendend aus.« Der Lügner!
    »Ist Sebastian daheim?«

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