Im Koenigreich der Traeume
ist Lady Jennifer Merrick.«
Das atemlose Schweigen unterbrach ein schrilles Lachen, das sofort wieder verstummte. Dann wurde ein Kichern laut, gefolgt von ohrenbetäubendem Stimmengewirr.
»Jennifer Merrick?« wiederholte Lady Elizabeth und bedachte Royce mit einem schwülen Blick, der ihn an leidenschaftliche Nächte erinnerte. »Nicht die Schöne, sondern die Unscheinbare?«
Royce wollte nur noch weg von hier, deshalb nickte er kurz und wandte sich ab.
»Sie ist schon ziemlich alt, nicht wahr?« beharrte Lady Elizabeth.
»Nicht zu alt, um nicht die Röcke zu raffen und vor dem Schwarzen Wolf davonzulaufen«, warf Graverley aalglatt ein, während er herbeischlenderte. »Zweifellos werdet Ihr der Dame Gehorsam einprügeln müssen. Eine kleine Folter, ein bißchen Schmerz, vielleicht könnt Ihr sie dann in Eurem Bett festhalten.«
Royce ballte die Hände zu Fäusten - am liebsten hätte er diesen Widerling auf der Stelle erwürgt.
Jemand lachte, um die Spannung zu lösen, und scherzte: »Das Spiel heißt England gegen Schottland, Claymore, nur daß diesmal die Schlacht in Eurem Bett stattfindet. Ich setze den Inhalt meiner Börse auf Euch.«
»Ich auch«, brüllte ein anderer.
»Ich wette auf die Frau«, erklärte Graverley.
In einer der hinteren Reihen legte ein älterer Herr die Hand ans Ohr und rief einem Freund zu, der näher an dem frischgebackenen Duke stand: »Was ist mit Claymore passiert?«
»Er muß die Merrick-Schlampe heiraten«, verkündete sein Freund so lautstark, daß er das allgemeine Murmeln übertönte.
»Was hat er gesagt?« kreischte eine Dame ganz weit hinten und verrenkte sich fast den Hals.
»Claymore muß die Merrick -Schlampe heiraten!« erklärte der ältere Herr bereitwillig.
In dem Tumult, der daraufhin losbrach, blieben nur zwei Personen ganz ruhig - Lord MacLeash und Lord Dugal, die Abgesandten von König Jakob, die auf den Unterzeichneten Ehevertrag warteten, den sie noch heute nach Schottland bringen sollten.
Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Höflinge ließen es ihre Bediensteten wissen, die benachrichtigten die Wachen und nach zwei Stunden erzählten sich die Leute auf der Straße: »Claymore muß die Merrick-Schlampe heiraten.«
Kapitel vierzehn
Um der Aufforderung ihres Vaters nachkommen zu können, verdrängte Jenny die Erinnerungen an den gutaussehenden, grauäugigen Mann, die sie immer noch Tag und Nacht verfolgten. Sie legte ihre Stickerei weg und sah Brenna besorgt an, dann zog sie ihren dunkelgrünen Umhang fester um die Schultern und verließ den Raum. Männliche Stimmen drangen an ihr Ohr, als sie in die Galerie kam. Sie blieb stehen und spähte in die Halle hinunter. Mindestens zwei Dutzend Männer mit grimmigen Gesichtern - Clansleute und Adlige von den umliegenden Ländereien - hatten sich um den Kamin versammelt. Bruder Benedict, der Seelsorger, war auch anwesend. Beim Anblick seiner strengen, eisigen Miene fuhr Jenny der Schreck in die Glieder, und gleichzeitig regte sich wieder ihr Schamgefühl.
Selbst jetzt noch erinnerte sie sich an jedes Wort seiner scharfen Zurechtweisung, nachdem sie ihm ihre Sünde mit Royce Westmoreland gebeichtet hatte: Ihr habt Eurem Vater und eurem Land Schande gemacht und Gott beleidigt, weil Ihr nicht in der Lage wart, Eure Begierden zu zügeln. Wenn Ihr Euch nicht der Sünde der Lust schuldig gemacht hättet, wärt Ihr lieber gestorben, als Eure Ehre zu beschmutzen. Statt sich nach der Beichte wie sonst immer befreit zu fühlen, kam sich Jenny schmutziger als je vor und glaubte beinahe, daß ihr die Erlösung von ihren Sünden für immer versagt bleiben würde.
Im nachhinein erschien es ihr seltsam, daß er bei seiner Aufzählung derjenigen, denen sie Schmach bereitet hatte, Gott an die letzte Stelle gesetzt hatte. Obwohl sie das schlechte Gewissen plagte, weil sie tatsächlich an den Liebkosungen Vergnügen gehabt hatte, weigerte sie sich zu glauben, daß ihr Gott sie verdammte, weil sie sich auf diesen Handel mit Westmoreland eingelassen hatte. Royce war nicht auf ihr Leben, sondern auf ihren Körper aus gewesen. Und auch wenn es falsch gewesen war, Genuß im Bett eines Mannes zu empfinden, ohne mit ihm verheiratet zu sein, hatte sie diese Abmachung nur aus einem edlen Motiv getroffen - sie wollte Brennas Leben retten. Zumindest war sie damals der Meinung gewesen, daß das die einzige Möglichkeit war, das Leiden ihrer Schwester zu lindem.
Der Gott, den Bruder Benedict so furchterregend und
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