Im Koenigreich der Traeume
mit einem boshaften, kalten Blick.
Ihr Vater wandte sich ihr abrupt zu, und seine Miene dämpfte Jennys Freude beträchtlich. »Ist etwas ... etwas Schlimmes vorgefallen?« fragte sie zaghaft.
»Ja«, erwiderte er bitter. »Unser König hat sich eingemischt und über unser Schicksal entschieden.« Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken und ging langsam auf und ab, während er monoton erklärte: »Als ihr, du und deine Schwester, entführt wurdet, habe ich eine Nachricht zu König Jakob gesandt und ihn gebeten, uns eine Armee von zweitausend Mann zu schicken, damit wir den Barbaren nach England verfolgen und angreifen können. Jakob hat sofort geantwortet und mir die Anweisung gegeben, nichts zu unternehmen, weil er höchstpersönlich eure Freilassung und eine angemessene Wiedergutmachung für diesen Frevel von Heinrich fordern wollte. Wie er mir deutlich machte, hatte er gerade einen Waffenstillstand mit England ausgehandelt.
Ich hätte Jakob nicht ankündigen sollen, was ich vorhatte -das war ein großer Fehler«, fuhr er zähneknirschend fort. »Wir hätten seine Unterstützung gar nicht gebraucht! Die Unantastbarkeit eines unserer Klöster ist verletzt worden, als ihr beide auf dem Grund und Boden der Abtei überfallen wurdet. Innerhalb von wenigen Tagen waren alle katholischen Schotten bereit - begierig -, zu den Waffen zu greifen und mit uns loszumarschieren. Aber Jakob will den Frieden! Frieden auf Kosten der Familienehre der Merricks - Frieden um jeden Preis. Er hat mir und ganz Schottland Genugtuung versprochen und versichert, daß der Barbar für dieses Verbrechen bezahlen müsse. Und«, knurrte Lord Merrick wütend, »der Barbar bezahlt. Jakob bekommt seine >Wiedergutmachung< von den Engländern.«
Einen entsetzlichen Augenblick lang glaubte Jenny, Royce Westmoreland sei eingekerkert worden oder Schlimmeres, aber der zornige Blick ihres Vaters verriet ihr, daß er nicht mit einer Strafe, die der alte Herr für recht und billig gehalten hätte, belegt worden war.
»Welche Art der Wiedergutmachung ist Jakob zugebilligt worden?« fragte Jenny, als ihr Vater verstummte.
William wich zurück, und die anderen Männer senkten betreten die Blicke auf ihre Hände.
»Eine Heirat«, stieß ihr Vater hervor.
»Wessen Heirat?«
»Deine.«
Für einen Moment war Jenny zu keinem vernünftigen Gedanken fähig. »Meine? Wen ... wen soll ich heiraten?«
»Die Ausgeburt des Satans! Den Mörder meines Bruders und meines Sohnes! Den Schwarzen Wolf!«
Jenny umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls so fest, daß ihre Knöchel weiß hervortraten. »Waaas?«
Ihr Vater nickte angewidert, aber sowohl sein Tonfall als auch sein Gesichtsausdruck wirkten eigenartig siegesgewiß, als er vor ihr stehenblieb und sagte: »Du bist dazu ausersehen, den Frieden zu sichern, mein Kind. Aber später wirst du den Sieg für die Merricks und ganz Schottland erringen.«
Jenny schüttelte langsam den Kopf und starrte ihn schockiert und vollkommen verwirrt an. Ihr ohnehin blasses Gesicht wurde noch bleicher, als ihr Vater fortfuhr: »Ohne sich dessen bewußt zu sein, hat Jakob mir die Mittel in die Hand gegeben, den Barbar zu vernichten - ich kann ihn zwar nicht auf dem Schlachtfeld töten, wie ich gehofft hatte, dafür können wir sein mißratenes Leben in seiner eigenen Burg ruinieren. Genaugenommen«, setzte er verschlagen und auch ein wenig stolz hinzu, »hast du bereits damit begonnen, Jenny.«
»Was ... was soll das heißen?« flüsterte Jenny heiser.
»Ganz England lacht ihn aus, weil du ihn düpiert hast. Die Geschichten Uber deine erste und die zweite Flucht und über deinen Angriff mit dem Dolch haben sich von England nach Schottland in Windeseile herumgesprochen. Durch seine Rücksichtslosigkeit hat er sich viele Feinde im eigenen Land gemacht, und diese Feinde haben natürlich nichts Eiligeres zu tun, als seine Niederlagen überall herumzuposaunen. Du hast Heinrichs ruhmreichen Feldherrn zum Narren gemacht, meine Liebe. Du hast seinem Ruf empfindlich geschadet, aber der Wohlstand ist ihm geblieben, und auch seine Titel hat er behalten - eben die Besitztümer und Titel, die er angehäuft hat, indem er Schottland zwischen seinen Fingern zermalmte und ausquetschte. Jetzt ist es an dir, dafür zu sorgen, daß er, was er sich auf diese Weise beschafft hat, für den Rest seines Lebens nicht mehr richtig genießen kann. Du könntest dich weigern, ihm einen Erben zu schenken, oder ihm nicht zu Gefallen sein und ...«
Entsetzt
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