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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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noch viel zu milde Strafe - ich verdiene Schlimmeres. Warum ? Weil ich deinem marodierenden Bruder über den Weg gelaufen bin... Nur deswegen.
    Ohne nachzudenken, legte Royce einen Finger an ihre samtweiche Wange. Er wußte, daß er sie gleich küssen würde, und war sich mit einemmal gar nicht mehr so sicher, ob er überhaupt das Recht hatte, ihr etwas übelzunehmen. Weil ich deinem plündernden und marodierenden Bruder über den Weg gelaufen bin ...
    Eine dicke Wachtel huschte direkt vor dem Pferd über die Straße, und gleich darauf tauchte ein rundes, sommersprossiges Jungengesicht aus dem Gebüsch am Straßenrand auf. Der Junge spähte vorsichtig nach rechts und hielt nach der Wachtel Ausschau, die er verbotenerweise im Park von Claymore jagte. Verwirrt zog er sich ein wenig zurück und wandte sich langsam nach links. Seine Augen wurden kugelrund vor Schreck, als er die kräftigen Beine des mächtigen, schwarzen Schlachtrosses auf der Straße entdeckte. Tom Thorntons Herz hämmerte vor Angst, weil er beim Wildem erwischt worden war. Zaghaft ließ er den Blick über die mächtige, glänzende Brust des Pferdes wandern und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, daß er nicht das Gesicht und die kalten Augen des Verwalters und Haushofmeisters von Claymore sehen würde, wenn er noch weiter nach oben schaute. Aber nein, der Reiter trug goldene Sporen, die nur Ritter hatten. Tom fiel ein Stein vom Herzen, als ihm auch noch auffiel, daß der Mann sehr lange und muskulöse Beine hatte und nicht so dicke, kurze wie der Haushofmeister. Tom seufzte erleichtert auf und hob den Kopf. Im nächsten Augenblick hätte er fast einen Entsetzensschrei ausgestoßen, als er den Schild, der an der Seite des Pferdes hing, entdeckte - einen Schild, auf dem ein Wolf mit weißen, gefletschten Zähnen zu sehen war.
    Tom wirbelte herum, um die Flucht zu ergreifen, überlegte es sich aber nach ein paar Schritten anders und schlich wieder zurück. Die Leute hatten gesagt, daß die Ritter vom Schwarzen Wolf nach Claymore kommen würden und der Wolf selbst in der großen Festung wohnen wollte, an die er sich plötzlich wieder erinnerte. Und wenn das stimmte, dann könnte der Ritter auf dem Pferd ... er könnte es sein.
    Mit vor Aufregung zitternden Händen schob er die Äste des Buschs ein wenig zur Seite und versuchte sich an alles zu erinnern, was er über den Wolf gehört hatte. Man erzählte sich, daß er ein Pferd hatte, so schwarz wie die Sünde, und daß er selbst so groß war, daß sogar erwachsene Männer den Kopf ganz nach hinten neigen mußten, um sein Gesicht zu sehen. Das Schlachtroß auf der Straße war eindeutig schwarz, und der Reiter hatte sehr, sehr lange Beine und mußte daher enorm groß sein. Tom hatte auch gehört, daß der Wolf neben dem Mund eine wie ein C geformte Narbe hatte. Die sollte ihm ein angreifender Wolf beigebracht haben, den er dann mit bloßen Händen tötete, als er ein Junge von acht Jahren gewesen war.
    Seine Aufregung wuchs noch mehr, als er daran dachte, wie sehr ihn alle beneiden würden, wenn sie erfuhren, daß er der allererste gewesen war, der den Wolf gesehen hatte. Tom schob die Zweige noch ein bißchen mehr auseinander und schielte nach oben, um das finstere Gesicht des Mannes betrachten zu können. Mein Gott, unter den Bartstoppeln neben dem Mundwinkel war ... die Narbe! In der Form eines C. Toms Herzschlag wurde noch schneller, solange er die Narbe angaffte, aber dann fiel ihm noch etwas ein, und er wandte den Blick von dem Gesicht ab. Eifrig spähte er die Straße hinauf und hinunter und suchte erwartungsvoll nach dem blonden Riesen mit Namen Arik. Man sagte, daß dieser blonde Riese Tag und Nacht seinen Herrn bewachte und er immer eine Streitaxt mit enorm dickem Griff bei sich hatte.
    Da der blonde Hüne nirgendwo zu sehen war, wandte sich Tom wieder dem berühmt berüchtigten Mann zu, um ihn noch einmal genau zu studieren. Bei dessen Anblick blieb ihm der Mund offen stehen, und er schüttelte ungläubig den Kopf: Der Schwarze Wolf, der gefürchtetste und grausamste Krieger Englands - von der ganzen Welt - saß auf seinem gewaltigen Streitroß und hatte ein Mädchen im Arm. Er hielt das Mädchen so vorsichtig fest, als wäre es ein Säugling !
    In seine eigenen Betrachtungen vertieft, achtete Royce gar nicht auf die raschelnden Geräusche im Dickicht, als die Äste zurückschnellten und etwas in Richtung Dorf flitzte. Er sah die dickköpfige, rebellische Kindfrau an, die jetzt seine Gemahlin war.

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