Im Koenigreich der Traeume
dieser Hinsicht hatte sie den jungen Mönch falsch eingeschätzt. Obwohl er sich nicht gegen die verbale Attacke des Wolfs wehrte, wich er auch nicht vor der drohenden Gestalt zurück. »Mir ist schon zu Ohren gekommen, daß Ihr diejenigen, die das Priestergewand gewählt haben, nicht besonders hoch schätzt.«
»Ganz recht«, gab Royce zurück.
Jenny stellte sich wehmütig Bruder Benedict vor, wie er auf dieser Lichtung stand, mit zornblitzenden Augen wie ein Todesengel Royce Westmoreland entgegentrat und ihm die Rache Gottes versprach.
Bedauerlicherweise sah Bruder Gregory Royce nur interessiert und ein wenig verwirrt an. »Ich verstehe«, erwiderte er viel zu höflich für Jennys Geschmack. »Darf ich fragen, warum das so ist?«
Royce bedachte ihn mit einem höhnischen Blick. »Ich verabscheue Heuchler, besonders wenn sie sich im Gewand eines Geistlichen verstecken.«
»Würdet Ihr mir ein Beispiel nennen?«
»Fette Priester«, antwortete Royce, »mit dicken Geldsäckeln, die hungernde Bauern vor der schweren Sünde der Völlerei warnen und predigen, daß in der Armut das wahre Heil liegt.«
Er drehte sich auf dem Absatz um und ging zurück zum Feuer, wo Arik die Kaninchen an behelfsmäßigen Spießen röstete.
»Lieber Gott«, flüsterte Jenny, ohne selbst zu merken, daß sie um die unsterbliche Seele des Mannes fürchtete, den sie selbst für alle Ewigkeiten in die Hölle wünschte. »Er ist ein Ketzer.«
Bruder Gregory sah sie nachdenklich an. »Wenn er das ist, dann ist er ein ehrenvoller Ketzer.« Er starrte den Schwarzen Wolf an, der sich neben den blonden Riesen kauerte. In demselben geistesabwesenden, fast freudigen Tonfall wiederholte er: »Sogar ein ausgesprochen ehrenvoller.«
Kapitel achtzehn
Den ganzen nächsten Tag erduldete Jenny das eiserne Schweigen ihres Mannes, während ihr der Kopf schwirrte - sie hatte Fragen über Fragen, die nur er ihr beantworten konnte. In ihrer Verzweiflung gab sie schließlich nach und fragte ihn vor der Mittagsrast: »Wie lange wird diese Reise nach Claymore dauern - vorausgesetzt, das ist überhaupt unser Ziel?«
»Ungefähr drei Tage. Das hängt hauptsächlich vom Zustand der vom Regen durchweichten Straße ab.«
Vierzehn Worte und eine brauchbare Information. Seit Tagen hatte er nicht mehr so viel preisgegeben. Kein Wunder, daß er und Arik so blendend miteinander auskommen, dachte Jenny wütend und schwor sich, ihm nie mehr die Genugtuung zu geben, daß sie ihn ansprach. Statt dessen dachte sie an Brenna und überlegte, wie es ihr wohl in Merrick erging.
Zwei Tage später brach Jenny ihren Schwur. Sie wußte, daß Claymore nicht mehr weit sein konnte, und die Angst vor dem, was sie dort erwarten mochte, wuchs von Minute zu Minute. Die drei Pferde trugen ihre Reiter im Schritt einen Weg entlang -Arik ritt in der Mitte und hatte einen kurzen Vorsprung. Jenny zog in Erwägung, sich mit Bruder Gregory zu unterhalten, aber sein Kopf war leicht nach vom gebeugt - vermutlich sprach er ein Gebet. In dieser Haltung verbrachte er fast den ganzen Tag. Sie mußte einfach mit jemandem reden, um sich von den bedrückenden Gedanken an die Zukunft abzulenken. Sie schaute ihren Mann über die Schulter an. »Was ist aus all deinen Männern geworden, die uns bis zur Priorei begleitet haben?« fragte sie.
Sie wartete auf eine Ankunft, doch Royce verharrte in Schweigen. Diese grausame Antwortverweigerung trieb sie soweit, jegliche Vernunft und Vorsicht zu vergessen. Sie warf ihm einen rebellischen Blick zu. »War diese Frage vielleicht zu schwierig für Euch, Euer Gnaden?«
Ihr spöttischer Ton brachte die Mauer der Zurückhaltung ins Wanken, die Royce sorgfältig um sich errichtet hatte, um sich gegen die Wirkung ihres verlockenden Körpers, der ihm drei endlos lange Tage so nah gewesen war, zu wappnen. Er sah sie unter schweren Lidern hervor an, überlegte dabei, wie töricht und gewagt es wäre, sich auf ein Gespräch mit ihr einzulassen, und entschied sich dagegen.
Nachdem sie seinen Zorn nicht einmal so sehr anstacheln konnte, daß er wenigstens ein einziges Wort von sich gab, erkannte Jenny eine seltene Gelegenheit, sich auf seine Kosten zu amüsieren. Mit kindischer Freude und gut getarnter Boshaftigkeit verlegte sie sich prompt auf eine einseitige Spöttelei. »Ja, ich sehe schon, daß Euch die Frage nach Euren Männern verwirrt, Euer Gnaden«, begann sie. »Schön, mal sehen, ob ich eine Möglichkeit finde, mich simpler auszudrücken.«
Royce merkte
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