Im Koenigreich der Traeume
hält!«
»Wenn alles vorbei ist«, kündigte Jenny jetzt ihrer Zofe an, »werde ich herausfinden, wo man diese neuen Webstühle herbekommt, von denen ich den Frauen im Dorf erzählt habe. Wenn sie genügend Münzen in dieser Woche verdienen, dann sollen sie Webstühle kaufen, damit sie im Lauf der Zeit immer mehr Profit machen können. Wenn man genauer darüber nachdenkt, könnten auch alle Familien ihre Viehbestände aufstocken, da dieses Turnier ja jedes Jahr stattfindet. Wir müssen dafür sorgen, daß beim nächsten Mal all das, was unsere Besucher jetzt kaufen wollen, ausreichend vorhanden ist. Eine gute Gelegenheit für euch, in jedem Herbst Geldstücke anzuhäufen. Ich werde mit dem Duke und dem Verwalter über diese Angelegenheit sprechen und euch helfen, für das nächste Rittertreffen Pläne zu machen, wenn ihr wollt.«
Agnes sah sie mit glänzenden Augen an. »Es ist ein Segen, daß der liebe Gott Euch zu uns geschickt hat, Mylady. Wir alle denken so, und es tut uns schrecklich leid, daß wir Euch auf so schändliche Weise willkommen geheißen haben. Die Leute im Dorf wissen, daß Ihr so freundlich seid, mir zuzuhören, und alle bitten mich jeden Tag, Euch zu sagen, wie dankbar und froh wir für Eure Hilfe und die guten Ratschläge sind.«
»Danke«, entgegnete Jenny schlicht. »Trotzdem muß ich dir sagen, daß es typisch schottisch ist, in erster Linie an den Profit und das Geldverdienen bei diesem Turnier zu denken. Wir Schotten sind ein ausgesprochen sparsames Volk, mußt du wissen.«
»Mit Verlaub, Mylady, Ihr seid jetzt Engländerin. Ihr seid mit unserem Lord verheiratet, und das macht Euch zu einer von uns.«
»Ich bin Schottin«, widersprach Jenny ruhig. »Daran wird nichts etwas ändern können, und ich will das auch gar nicht.«
»Aber morgen und übermorgen bei dem Turnier werdet Ihr doch auf unserer Seite sitzen - wir alle aus Claymore und aus dem Dorf hoffen das von ganzem Herzen«, wagte Agnes nervös einen Vorstoß.
Jenny hatte allen Bediensteten die Erlaubnis erteilt, an einem der beiden Tage zu den Turnierkämpfen zu gehen und zuzusehen, und alle waren aufgeregt und gespannt auf die Ereignisse.
Jenny blieb es erspart, auf Agnes’ Bitte, sich bei dem Turnier offen zu den Engländern zu bekennen, zu antworten, da in diesem Augenblick Reiter durch den Hof kamen, die sie vor die Tore eskortieren sollten. Sie hatte Royce am Morgen davon in Kenntnis gesetzt, daß sie vorhatte, den Pavillon der Merricks, der im nördlichen Teil des Tals stand, zu besuchen, und er hatte keine Einwände erhoben. Er hätte es ihr auch gar nicht verbieten können, das wußte Jenny, aber er hatte die Bedingung gestellt, daß sie von seinen Männern begleitet wurde. Offenbar hatte es Royce für nötig befunden, seine ganze Leibgarde - alle fünfzehn Ritter, eingeschlossen Arik, Stefan, Godfrey, Eustace und Lionel - als Eskorte für sie bereitzustellen, und alle saßen hoch zu Roß und waren bewaffnet.
Aus der Nähe wirkte das Gewirr von bunten Zelten und gestreiften Pavillons noch fröhlicher und festlicher, als es Jennifer vom Wehrgang aus erschienen war. Wo immer eine freie Fläche war, erprobten Ritter ihre Fertigkeiten und übten an Stechpuppen oder auf ihren Pferden, und vor jedem Zelt hielt ein Mann mit Speer und Banner Wache. Wo man auch hinsah, überall stachen einem grelle Farben ins Auge - Pavillons mit hellroten, gelben und blauen Streifen, Flaggen, Schilde und Wappen mit roten Falken, goldenen Löwen und bunten Fabeltieren - manche Zelte waren so mit Bannern und Wimpeln übersät, daß Jenny über die Prahlsucht der feinen Gesellschaft lachen mußte.
Hinter den offenen Eingängen der größeren Zelte sah man Wandbehänge, mit schneeweißem Leinen gedeckte Tische und ganze Familien, die von Silbertellern aßen und aus mit Edelsteinen verzierten Bechern tranken. Ein paar Lords und Ladies saßen auf dicken Seidenkissen, andere hatten Stühle, die so prächtig und bequem aussahen wie die in der Halle von Claymore.
Hin und wieder riefen die Herumstehenden Royces Rittern einen Gruß zu, aber die Männer machten nirgendwo halt für ein Schwätzchen mit den Freunden, die sie lange nicht gesehen hatten. Dennoch brauchten sie beinahe eine volle Stunde für den Weg zu den nördlichen Hügeln.
Wie immer sonderten sich die Schotten strikt von den verhaßten Engländern ab. Da die Engländer das Tal bereits mit Beschlag belegt hatten, waren die Schotten gezwungen gewesen, sich in die Hügel zurückzuziehen,
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