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Im Koenigreich der Traeume

Titel: Im Koenigreich der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith McNaught
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während der westliche Teil des Tals und die Hänge den Franzosen gehörten. Da Jennys Clan und die anderen Schotten relativ spät in Claymore eingetroffen waren, standen ihre Zelte über allen anderen an den Hängen. Vielleicht, dachte Jenny, bevorzugt Vater diesen Standort auch, weil er an diesem Platz fast in gleicher Höhe mit der Festung Claymore war.
    Bei dem Ritt sah sie sich im »Lager des Feindes« um, das in diesen Tagen vollkommen friedlich blieb. Jahrhundertelange Feindschaften wurden vorübergehend begraben, weil alle Parteien die althergebrachte Tradition achteten, die jedem Ritter, der an einem Turnier teilnahm, eine sichere Reise und einen ungefährdeten Aufenthalt garantierte.
    Als hätte er ihre Gedanken gelesen, sagte Stefan, der neben ihr ritt: »Wahrscheinlich ist es das erste Mal seit Jahrzehnten, daß sich so viele Menschen aus Schottland, Frankreich, Wales und England auf begrenztem Gebiet zusammengefunden haben, ohne zu kämpfen und sich die Köpfe einzuschlagen.«
    »Ich dachte gerade dasselbe«, gestand Jenny, erschrocken über seine Bemerkung. Obwohl ihr Stefan nach wie vor mit äußerster Höflichkeit begegnete, spürte sie seine Mißbilligung, seit sie sich von seinem Bruder fernhielt. Er hält mich für unvernünftig und uneinsichtig, vermutete sie, und wenn er sie nicht bei jedem Blick, den sie ihm zuwarf, so schmerzlich an Royce erinnert hätte, hätte sie sich wahrscheinlich mehr angestrengt, ein ebenso freundschaftliches Verhältnis zu ihm zu haben wie zu Godfrey, Eustace und Lionel. Die drei balancierten zwar auch über dem breiten Abgrund, der zwischen ihr und Royce klaffte, aber es war nicht zu übersehen, daß sie zumindest ihren Standpunkt in diesem Konflikt verstehen konnten. Und genauso offensichtlich war, daß sie das Zerwürfnis als tragisch, aber nicht als irreparabel betrachteten. Es kam Jenny gar nicht in den Sinn, daß Stefan noch mehr als seine Freunde erahnte, wie sehr sein Bruder unter der Entfremdung zu seiner Frau litt und wie sehr er seine Tat bereute.
    Daß Stefan heute so freundlich, ja sogar warmherzig zu ihr war, stellte für Jenny keineswegs ein Rätsel dar: Er war milde gestimmt, weil der Bote gestern mit der schriftlichen Mitteilung von der Ankunft ihres Vaters eine Nachricht von Brenna brachte, die Jenny sofort ungelesen an Stefan weiterreichte.
    Jenny hatte ihrem Vater umgehend geantwortet und ihn wissen lassen, daß sie ihn heute besuchen würde. Sie wollte wenigstens den Versuch unternehmen, ihm alles zu erklären und ihn für ihre heftige und ungerechte Reaktion auf seine Bemühungen, sie in ein Kloster zu schicken, um Entschuldigung bitten. Aber am meisten hoffte sie auf seine Vergebung für ihre unfreiwillige Mitwirkung an Williams Tod. Schließlich war sie es gewesen, die Royce aufgefordert hatte, William zu ihr zu schicken. Und ohne jeden Zweifel versetzte ihr Zornausbruch wegen des Komplotts William in Aufregung und Royce in Wut, so daß im Grunde sie dieses Unglück heraufbeschworen hatte.
    Sie erwartete nicht, daß ihr Vater oder die Clansmänner sie herzlich aufnehmen und ihr vergeben würden, aber sie wollte zumindest alles aufklären. Genaugenommen rechnete sie sogar damit, wie eine Ausgestoßene behandelt zu werden. Doch als sie vor den Zelten der Merricks stehenblieb, erkannte sie gleich ihren Irrtum. Ihr Vater kam zum Eingang, und noch ehe Stefan Westmoreland absteigen und ihr aus dem Sattel helfen konnte, hob Lord Merrick sie höchstpersönlich vom Pferd. Andere Clansmitglieder strömten aus den Zelten, und plötzlich wurde Jenny von allen umarmt, und Garrick Carmichael und Hollis Fergusson tätschelten ihr liebevoll die Hand. Selbst Malcolm legte ihr den Arm um die Schultern.
    »Jenny!« rief Brenna, als sie endlich zu ihrer Schwester durchdrang, »du hast mir so sehr gefehlt!« und warf sich in ihre Arme.
    »Ich habe dich auch sehr vermißt«, krächzte Jenny, überwältigt von diesem überschwenglichen Empfang.
    »Komm herein, meine Liebe«, drängte ihr Vater, und zu Jennys Überraschung bat er um Verzeihung, weil er sie mißverstanden und ihren Wunsch, lieber ins Kloster zu gehen, als bei ihrem Mann zu bleiben, als selbstverständlich vorausgesetzt habe. Das hätte sie eigentlich beruhigen sollen, aber unerklärlicherweise fühlte sie sich durch sein Verständnis noch schuldiger.
    »Dies hier hat William gehört«, sagte ihr Vater und reichte ihr Williams verzierten Dolch. »Ich weiß, daß er dich mehr geliebt hat als jeden anderen

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