Im Koenigreich der Traeume
einzugehen. Als er sich erholt hatte, erkundigte er sich belustigt: »Was glaubt Ihr, weshalb ich mir keine Frau genommen habe?«
»Weil Euch keine passende Lady um eine Heirat gebeten hat?« mutmaßte sie mit einem verschmitzten Lächeln, das Royce vollkommen bezauberte.
Trotz der Tatsache, daß er sogar sehr viele derartige Anträge bekommen hatte, grinste er nur. »Wahrscheinlich denkt Ihr, es sei inzwischen schon zu spät für mich, eine Ehe einzugehen.«
Sie nickte, noch immer lächelnd. »Es scheint fast so, als wären wir beide vom Schicksal dazu bestimmt, alte Jungfern zu werden.«
»Oh, aber Ihr habt dieses Los freiwillig gewählt, und darin liegt der Unterschied.« Er genoß die Situation und lehnte sich behaglich zurück. »Was meint Ihr, was bei mir schiefgelaufen ist?«
»Das kann ich natürlich nicht genau wissen. Aber ich vermute«, fuhr sie nach kurzem Nachdenken fort, »daß ein Mann nicht vielen passenden Ladies auf dem Schlachtfeld begegnet.«
»Das stimmt. Ich habe die meiste Zeit meines Lebens für den Frieden gekämpft.«
»Es würde längst Frieden herrschen, wenn Ihr ihn nicht immer mit Euren teuflischen Belagerungen und endlosen Schlachten stören würdet«, erwiderte sie düster. »Die Engländer kommen einfach mit niemandem aus.«
»Ist das so?« erkundigte er sich trocken. Ihm gefiel ihr wacher Verstand ebensogut wie ihr Lachen.
»Sicher. Liebe Güte! Ihr und Eure Armee habt gerade erst in Cornwall gegen uns gekämpft...«
»Ich habe in Cornwall, auf englischem Grund und Boden, gekämpft«, erinnerte Royce sie milde, »weil Euer geliebter König Jakob - der übrigens ein fliehendes Kinn hat - bei uns einmarschiert ist, um den Mann seiner Cousine auf den englischen Thron zu setzen.«
»Also«, gab Jenny empört zurück, »Perkin Warbeck ist zufällig der rechtmäßige König von England, und König Jakob weiß das! Perkin Warbeck ist der lang verschollene Sohn von Edward IV.«
»Perkin Warbeck«, widersprach Royce gleichmütig, »ist der lang verschollene Sohn eines flämischen Schiffers.«
»Das ist Eure Ansicht.« Als er keine Anstalten machte, sich weiter über dieses Thema auszulassen, warf sie einen verstohlenen Blick auf sein Gesicht. »Hat König Jakob wirklich ein fliehendes Kinn?« fragte sie zweifelnd.
»Allerdings«, bestätigte Royce grinsend.
»Na, wir reden hier schließlich nicht über Äußerlichkeiten«, meinte sie streng, nachdem sie die Information über ihren König, von dem behauptet wurde, er sei schön wie ein Gott, verdaut hatte, »sondern über die fortwährenden Kriege. Vor uns habt Ihr die Iren bekämpft, und dann wart Ihr in ...«
»Ich habe gegen die Iren gekämpft«, fiel er ihr mit einem spöttischen Lächeln ins Wort, »weil sie Lambert Simnel zum König gekrönt und uns dann angegriffen haben, um ihn an Heinrichs Stelle auf den Thron zu setzen.«
Irgendwie sagte er das so, als wären Schottland und Irland im Irrtum, und Jenny spürte, daß sie die Vorgänge nicht genau genug kannte, um angemessen über dieses Thema zu diskutieren. Mit einem Seufzen sagte sie: »Ich denke, es besteht kein Zweifel daran, weshalb Ihr jetzt hier seid - so nahe an unserer Grenze. Ihr wartet auf neue Truppen, dann möchte Heinrich Euch nach Schottland schicken, damit Ihr blutige Schlachten gegen uns führt. Jeder in diesem Lager weiß das.«
Entschlossen, wieder den ursprünglich lockeren Ton anzuschlagen und die Sprache auf weniger Ernstes zu bringen, sagte Royce: »Soweit ich mich erinnere, haben wir uns über meine Unfähigkeit unterhalten, eine passende Frau auf dem Schlachtfeld zu finden, nicht über die Gründe und Folgen meiner Kämpfe.«
Froh über die Wende der Unterhaltung wandte sich Jenny wieder diesem Problem zu. »Ihr müßt doch an Heinrichs Hof gewesen sein und dort Damen der Gesellschaft kennengelernt haben.«
»Das ist richtig.«
Nachdenklich nahm sie ein paar Schlucke Wein, während sich der große Mann behaglich mit hochgelegten Beinen neben ihr rekelte. Alles an ihm zeugte davon, daß er ein Krieger war -selbst jetzt, in dieser entspannten Atmosphäre, strahlte er ungeheuerliche Kraft aus: Seine Schultern waren unglaublich breit, Arme und die Brust muskelbepackt, und die kräftigen Beine und Schenkel zeichneten sich deutlich unter der schwarzen Hose ab. Er hatte Jahre in der Rüstung verbracht und das Breitschwert geschwungen, aber Jenny konnte sich nicht vorstellen, daß ihm ein solches Leben zugute kam, wenn er bei Hof war, oder ihn
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