Im Koenigreich der Traeume
Aufrichtigkeit und seine Menschenkenntnis auf die Probe zu stellen, und beharrte. »Habe ich nicht recht? Dein Gott wird dir nichts vorwerfen, weil du dich mir unfreiwillig hingegeben hast.«
»Nein!« brach es aus ihr heraus. Sie wirkte beschämt und hilflos zugleich.
»Nein?« wiederholte Royce, und dabei fiel ihm ein riesiger Stein vom Herzen. »Habe ich mich getäuscht?« hakte er leise, aber drängend nach. »Verrate mir, worin ich mich geirrt habe.«
Nicht sein Befehlston, sondern die Erinnerung an seine unglaublichen Zärtlichkeiten und seine Leidenschaft, an sein Mitgefühl und Bedauern, als er ihr Schmerzen bereiten mußte, an seine geflüsterten Worte und seine rauhen, heftigen Atemzüge, als er sein Verlangen um ihretwillen gezügelt hatte, entlockten ihr eine Antwort. Zusätzlich dachte sie an ihre eigene brennende Sehnsucht, ihn in sich zu spüren und ihm dieselbe köstliche Lust zu schenken, die er ihr mit seinen Zärtlichkeiten bereitet hatte.
Sie öffnete den Mund und wollte ihn eigentlich genauso vernichten, wie er ihre Hoffnung auf zukünftiges Glück vernichtet hatte, aber ihr Gewissen machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Die harschen Worte blieben ihr in der Kehle stecken - sie hatte in seinen Armen die höchste Verzückung erlebt und keine Schmach, und sie brachte es nicht fertig, ihn zu belügen.
»Ich bin nicht aus freiem Willen in dein Bett gekrochen«, bestätigte sie kaum hörbar. Sie riß den Blick von ihm los, wandte das Gesicht ab und fügte noch leiser hinzu: »Aber als ich einmal bei dir war, wollte ich dich auch nicht mehr verlassen.«
Jenny sah das Lächeln nicht, das sein Gesicht erhellte, doch sie fühlte die neuerwachte Zärtlichkeit, als er sie in die Arme nahm, sie fest an sich drückte und ihren Mund mit einer Leidenschaft in Besitz nahm, die ihr den Atem raubte.
Kapitel zwölf
»Wir bekommen Besuch«, verkündete Godfrey lauthals. Er stapfte in die Halle und sah die Ritter, die sich zum Mittagsmahl um den Tisch versammelt hatten, stirnrunzelnd an. Sie hielten alle mitten in der Bewegung inne und schauten gespannt zu ihm herüber. »Eine große Truppe mit dem Banner des Königs reitet auf diese Festung zu«, erklärte er. »Es sind zu viele, um gewöhnliche Kuriere zu sein. Lionel hat sie kurz auf der Straße gesehen. Er glaubt, Graverley unter ihnen erkannt zu haben.« Sein Blick wurde noch düsterer und ernster, als er die erhöhte Stirnseite des Tischs ins Auge faßte. »Wo ist Royce?«
»Er macht einen Spaziergang mit unserer Geisel«, antwortete Eustace finster. »Ich weiß nicht genau, wo die beiden hingegangen sind.«
»Ich weiß es«, meldete sich Arik mit donnernder Stimme zu Wort. »Ich gehe hin.«
Er stand augenblicklich auf und verließ mit weitausgreifenden, festen Schritten die Halle. Er benahm sich genau wie sonst, nur die steinerne, reservierte Miene, die sein zerfurchtes Gesicht sonst immer kennzeichnete, hatte einem besorgten Ausdruck Platz gemacht. Die steilen Falten zwischen seinen blaßblauen Augen waren tiefer als gewöhnlich.
Jennys silberhelles Gelächter wurde von einer Bö wie Glockengeläut über die Lichtung getragen. Royce grinste breit, als sie sich hilflos auf den Baumstamm neben ihn fallen ließ. Ihre Schultern bebten vor Lachen, und ihre Wangen waren blaßrosa gefärbt und hatten fast dieselbe Farbe wie das entzückende Kleid, das sie trug. »Ich ... ich glaube dir kein einziges Wort«, keuchte sie und wischte sich die Lachtränen aus den Augen. »Du hast die Geschichte gerade erst erfunden.«
»Möglich«, räumte er ein, streckte die langen Beine aus und fiel in ihr ansteckendes Lachen ein.
An diesem Morgen war sie in seinem Bett aufgewacht, als die Diener hereinkamen, und es war schmerzlich, ihre Verlegenheit über die kompromittierende Situation mit anzusehen. Sie war seine Geliebte geworden und überzeugt, daß sich das in Windeseile in der ganzen Burg herumsprechen und alle darüber klatschen würden. Das stimmte natürlich. Royce hatte lange überlegt, ob er sie mit Lügen besänftigen oder versuchen sollte, sie für ein paar Stunden aus der Burg wegzubringen, damit sie auf andere Gedanken kommen und sich entspannen konnte. Es war ein weiser Entschluß, dachte er jetzt, als er ihre blitzenden Augen und ihr strahlendes Gesicht sah.
»Du mußt mich für beschränkt halten, wenn du glaubst, daß du mir solche Märchen auftischen kannst und ich sie auch noch glaube«, schimpfte sie und bemühte sich um einen strengen
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