Im Koenigreich der Traeume
heiraten und Jenny trotzdem bei sich behalten, das wußte er. Auch wenn er sie damit aufzog und neckte, war er nicht gefühllos genug, Mary Hammel - oder eine andere - zu seiner Frau zu machen und Jenny dazu zu verdammen, ein würdeloses Dasein als seine Mätresse zu ertragen. Gestern hätte er das noch in Betracht gezogen, aber jetzt nicht mehr, nicht nach dieser Nacht und seit er begriffen hatte, wieviel Leid sie schon in ihrem jungen Leben erduldet hatte.
Auch jetzt noch scheute er vor dem Gedanken zurück, wie ihre »geliebten« Clansmänner sie behandelten, wenn sie nach ihrer Rückkehr erfuhren, daß sie mit ihrem Erzfeind das Bett geteilt hatte.
Eine Alternative zu einer »Dreierbeziehung« war, unverheiratet, kinderlos und somit ohne Erben zu bleiben, doch das war eine schreckliche Vorstellung für Royce. Die einzige andere Möglichkeit - eine Hochzeit mit Jennifer Merrick - kam nicht in Frage. Sie zu heiraten würde nicht nur bedeuten, sich eingeschworene Feinde in die Familie zu holen, sondern auch, eine Frau zu haben, deren uneingeschränkte Loyalität diesen Feinden galt. Mit so einer Ehe würde er sich nur das Schlachtfeld in seine eigene Halle holen, die eigentlich ein Ort des Friedens und der Harmonie sein sollte. Daß ihm ihre unschuldige Leidenschaft und bedingungslose Selbstaufgabe in der vergangenen Nacht grenzenloses Vergnügen bereitet hatte, war kein ausreichender Grund, sich auf ein Leben voller Streit und Auseinandersetzungen einzulassen. Auf der anderen Seite war sie die einzige Frau, die ihn und nicht die Legende umarmt hatte. Außerdem hatte sie ihn zum Lachen gebracht wie keine andere Frau zuvor. Sie hatte Verstand, Mut und ein Gesicht, das ihn immer wieder bezauberte, und sie entwaffnete ihn mit ihrer Offenheit und Ehrlichkeit.
Selbst jetzt noch erinnerte er sich deutlich, wie sich sein Herz zusammengezogen hatte, als sie der Aufrichtigkeit den Vorzug über den Stolz gegeben und im gestanden hatte, daß sie ihn nicht mehr hatte verlassen wollen, als sie in seinen Armen lag. So etwas war selten, besonders bei einer Frau. Das hieß, daß man sich auf ihr Wort verlassen konnte.
Natürlich waren all diese Dinge kein Grund für ihn, seine sorgfältig geplante Zukunft aufs Spiel zu setzen. Andererseits gab es auch keine großen Anreize, auf die er nur schwer hätte verzichten können.
Royce sah auf, als die Wachen auf der Burgmauer einen einzigen langen Fanfarenton ausstießen und so nicht feindlich gesinnte Besucher ankündigten.
»Was hat das zu bedeuten?« fragte Jenny erschrocken.
»Wahrscheinlich sind Kuriere von Heinrich in Sicht«, meinte Royce, während er sich auf die Ellbogen stützte und verträumt in die Sonne blinzelte. Wenn das zutrifft, sind sie früher dran als erwartet, dachte er träge. »Wer auch immer auf die Festung zureitet, er kommt in friedlicher Absicht.«
»Weiß der englische König, daß du mich gefangengenommen hast?«
»Ja.« Obwohl ihm die Wendung des Gesprächs nicht gefiel, verstand er ihre Sorge um ihr Schicksal. »Ich habe ihm, ein paar Tage nachdem du ins Lager gekommen bist, zusammen mit meinen monatlichen Berichten eine Nachricht überbringen lassen.«
»Werde ich -« sie atmete tief durch -, »werde ich an einen anderen Ort geschickt? Oder vielleicht in ein Verlies gesperrt?«
»Nein«, versicherte Royce schnell. »Du bleibst in meiner Obhut. Wenigstens vorerst«, setzte er vage hinzu.
»Und wenn Heinrich etwas anderes mit mir im Sinn hat und dir befiehlt ...«
»Das wird er nicht tun«, erwiderte Royce entschieden und spähte über die Schulter. »Heinrich kümmert sich nicht darum, wie ich die Siege für ihn erringe. Wenn dein Vater die Waffen niederlegt und sich meiner Streitkraft ergibt, weil du meine Geisel bist, dann wäre das der beste aller Siege - einer ohne Blutvergießen.« Da er merkte, daß sie bei diesem Thema unruhig wurde, lenkte er sie mit einer Frage ab, die ihm schon den ganzen Vormittag im Kopf herumspukte. »Als dein Stiefbruder anfing, den Clan gegen dich aufzuhetzen, warum hast du deinen Vater nicht auf diese Verleumdungen aufmerksam gemacht, statt dich in dein Traumreich zu flüchten? Dein Vater ist ein mächtiger Lord, er hätte dieses Problem auf die gleiche Art aus der Welt schaffen können, wie ich es tun würde.«
»Und wie würdest du es aus der Welt schaffen?« erkundigte sie sich in ungewollt schneidendem Tonfall und mit einem kleinen schiefen Lächeln, das ihn immer verlockte, sie in die Arme zu nehmen und es
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