Im Koenigreich der Traeume
Unruhe verursacht hatte, als er Arik auf dem Abhang des Hügels entdeckte. »Ich möchte dir etwas sagen, bevor Arik bei uns ankommt«, begann er.
Jenny wirbelte herum und erstarrte, als sie den riesigen Arik mit großen Schritten auf sie zukommen sah. Dennoch empfand sie auch Erleichterung - wenigstens würde Royce nicht ohne einen Freund, der an seiner Seite kämpfte, sterben. Aber wenn es zum Kampf kam, könnte auch ihr Vater oder William oder einer der Clansmänner umkommen!
»Jennifer -« sagte Royce wieder, und in seiner Stimme schwang ein ärgerlicher Unterton mit, weil sie im Moment kein Interesse an ihm zeigte.
Jenny gelang es irgendwie, ihn aufmerksam anzusehen. »Ja?« Wenn die Männer ihres Vaters vorgehabt hätten, Royce anzugreifen, wären sie bestimmt schon aus dem Wald gelaufen.
Er war nie verletzbarer gewesen als in diesem Moment. Aber nichts rührte sich. Das muß bedeuten, daß William allein ist und Arik gesehen hat, dachte sie aufgeregt. Wenn das zutraf - und das hoffte sie von ganzem Herzen -, dann brauchte sie nichts anderes zu tun, als ruhig zu bleiben und später eine Ausrede zu finden, die ihr ermöglichte, hierher zurückzukommen.
»Niemand wird dich in ein Verlies sperren«, sagte Royce fest. Sie sah in seine unwiderstehlichen grauen Augen, und plötzlich wurde ihr bewußt, daß sie ihn bald verlassen würde - vielleicht schon in der nächsten Stunde und diese Erkenntnis traf sie wie ein Blitz. Er hatte sie nach der Entführung festgehalten, das stimmte, aber er hatte ihr nie die Gemeinheiten angetan, die jeder andere Entführer für sie parat gehabt hätte. Darüber hinaus war er der einzige Mann, der sie für ihren Mut bewunderte, statt ihren Eigensinn zu verfluchen. Sie hatte den Tod seines wertvollen Hengstes verschuldet, ihn mit dem Dolch verletzt und mit ihrer Flucht überlistet und zum Narren gemacht. Wenn man all das in Betracht zog, dann mußte man zugeben, daß er sie mit mehr Galanterie - seiner Art von Galanterie - behandelt hatte, als es ein Höfling getan hätte. Wenn die Dinge zwischen ihren Familien und ihren Ländern anders stünden, könnten sie und Royce Westmoreland gute Freunde sein. Freunde? Er war bereits jetzt schon sehr viel mehr als nur ein Freund - er war ihr Geliebter.
»Es ... es tut mir leid«, sagte Jenny mit erstickter Stimme, »ich war mit den Gedanken ganz woanders. Was hast du gesagt?«
»Ich sagte«, wiederholte er besorgt wegen ihrer ängstlichen Miene, »daß kein Mensch vorhat, dich in ein Verlies zu sperren. Du darfst nicht glauben, daß du in irgendeiner Gefahr schwebst. Bis der Zeitpunkt kommt, an dem ich dich nach Hause schicken kann, stehst du unter meinem Schutz.«
Jenny nickte und schluckte schwer. »Ja. Ich danke dir«, flüsterte sie ergriffen.
Er deutete ihre Stimmung als Dankbarkeit und lächelte träge.
»Würde es dir etwas ausmachen, mir deine Dankbarkeit mit einem Kuß zu beweisen?« flüsterte er, und zu seiner Freude mußte Jenny nicht lange überredet werden. Sie schlang die Arme um seinen Hals und küßte ihn glühend. Dieser Kuß war ein Abschied und der Ausdruck von Angst. Ihre Hände wanderten über die Muskeln an seinem Rücken, und unbewußt versuchte sie, sich seine Konturen einzuprägen, dann drückte sie ihn dicht an sich.
Als sie schließlich den Kopf hob, sah Royce auf sie herunter. »Mein Gott«, flüsterte er und wollte sie wieder küssen, aber dann fiel sein Blick auf Arik. »Verdammt, Arik ist hier.« Er nahm Jennys Arm und führte sie zu dem Ritter, doch Arik zog Royce sofort beiseite und erzählte ihm leise von dem unerwarteten Besuch.
Nachdem Royce die unerfreuliche Nachricht von Graverleys Ankunft einigermaßen verdaut hatte, drehte er sich zu Jenny um. »Wir müssen zurückgehen«, begann er, aber ihr tieftrauriger Gesichtsausdruck rührte an sein Herz. Heute morgen, als er ihr angeboten hatte, einen Spaziergang im Freien zu machen, war sie aufgeblüht wie eine Rose. »Ich mußte mich so lange in einem Zelt oder einem geschlossenen Raum aufhalten«, hatte sie gesagt, »daß mir schon allein der Gedanke, auf einem Hügel zu sitzen, wie ein Geschenk des Himmels vorkommt.«
Es war nicht zu übersehen, daß ihr der Aufenthalt hier draußen gutgetan hatte. Royce erinnerte sich an ihren brennenden Kuß und überlegte, ob es Wahnsinn wäre, wenn er ihr erlauben würde, allein hierzubleiben. Sie war zu Fuß hier und hatte keine Möglichkeit, sich ein Pferd zu besorgen, außerdem war sie schlau genug, um zu
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