Im Koma
Jurastudium an der Columbia University im oberen Drittel seines Jahrgangs abgeschlossen; sein Spezialgebiet war Firmen- und Handelsrecht, und er bezog schon jetzt ein Gehalt von mehreren hunderttausend Dollar im Jahr. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mehr Geld für Sie herausholen kann, als Sie jetzt bekommen, jedenfalls nicht von Anfang an.«
»Klar können Sie das.«
Er war ein bisschen arrogant, dachte Casey. Aber das war okay. Beim richtigen Mann konnte Arroganz durchaus attraktiv sein. Vorausgesetzt es steckte mehr dahinter. Ihr Vater war auch arrogant gewesen. Sie ertappte sich dabei, einen verstohlenen Blick auf Warren Marshalls Ringfinger zu werfen. Erleichtert stellte sie fest, dass er keinen Ring trug, obwohl das nicht unbedingt etwas heißen musste. Was machte sie da bloß? Das war ganz und gar untypisch für sie.
»Hören Sie, niemand wird Anwalt, um reich zu werden«, sagte Warren. »Man lebt ganz anständig, ja. Okay, mehr als anständig. Aber wenn man die Lebenshaltungskosten und die Steuer abrechnet, setzt man sich bestimmt nicht mit vierzig zur Ruhe.«
»Ist das Ihr Ziel? Sich mit vierzig zur Ruhe zu setzen?«
»Nein, so bin ich nicht. Aber sechzig klingt doch nicht anmaßend, oder?«, meinte er lachend.
Casey stimmte in sein Lachen ein. Die nächste halbe Stunde sprachen sie über seine Vorlieben und Abneigungen, seine politischen Ansichten, Ziele und Träume, die alle gut zu ihren passten. Mehr als einmal beendete einer von ihnen den Satz des anderen. Casey war überrascht über das lockere Einverständnis. Es war, als kennten sie sich schon seit Jahren. Dieser Mann erreichte sie auf eine Art, die sie vorher nicht gekannt hatte, und sie wünschte, ihr würde etwas einfallen, ihr Gespräch in die Länge zu ziehen.
»Und meinen Sie, dass Sie etwas für mich tun können?«, fragte er, schob seinen Stuhl zurück und stand auf.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es große Probleme gibt«, antwortete Casey aufrichtig. Warren Marshall war ein Geschenk, der leichteste Vermittlungsauftrag, den sie je hatte.
»Ach übrigens, wollen Sie mich heiraten?«, fragte er im nächsten Atemzug.
»Was?«
»Verzeihung. Das war der Mann in Eile, der gesprochen hat. Wir können auch mit einem Abendessen anfangen, wenn Ihnen das lieber ist.«
»Was?«, fragte Casey noch einmal.
»Ich fasse es nicht«, hatte Janine gejammert, als sie eine halbe Stunde später zurück ins Büro gekommen war. »Mir bricht ein Zahn ab, und du kriegst ein Date.«
Sie hatte mehr als das gekriegt, dachte Casey jetzt. Sie hatte ihren Ritter in glänzender Rüstung bekommen, ihren Märchenprinzen, den Mann ihrer Träume. Zehn Monate später hatten sie und Warren geheiratet.
Die Tür zu ihrem Krankenhauszimmer wurde aufgerissen.
»Ich habe ihn gefunden«, verkündete Patsy mit einem enervierenden Zwitschern.
»Mr. Marshall«, sagte eine Männerstimme. »Ich bin Detective Spinetti vom Philadelphia Police Department.«
»Haben Sie die Person aufgespürt, die für den Unfall meiner Frau verantwortlich war?«, fragte Warren sofort.
»Nein«, erwiderte der Detective prompt. »Aber es gibt etwas, worüber wir sprechen müssen.« »Vielen Dank, Patsy«, entließ Warren die Pflegerin. »Wenn Sie etwas brauchen, läuten Sie einfach.« Sie schloss die Tür hinter sich.
Casey wusste nicht, warum, aber sie war sich sicher, wenn sie nicht an ein Beatmungsgerät angeschlossen wäre, würde sie jetzt den Atem anhalten.
KAPITEL 5
»Wie geht es Ihrer Frau?«, fragte der Detective.
»Praktisch unverändert«, antwortete Warren. »Haben Sie neue Erkenntnisse bezüglich des Unfalls?«
»Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen, wenn Sie nichts dagegen haben.« »Was für Fragen?«
»Wissen Sie, was Mrs. Marshall am Tag des Unfalls in South Philly gemacht hat?«, wollte der Detective prompt wissen.
»Was sie in South Philly gemacht hat?«, wiederholte Warren, als versuche er, die Frage zu verstehen. »Sie hat sich mit ihren Freundinnen zum Mittagessen getroffen. Warum?«
»Erinnern Sie sich an den Namen des Restaurants?«
Warum wollen Sie das wissen?
»Ich glaube, es war das Southwark in der South Street. Inwiefern ist das relevant?« »Bitte gedulden Sie sich noch einen Moment.«
Es entstand eine kurze Pause. Casey stellte sich vor, dass Warren dem Polizisten wortlos seine Zustimmung signalisierte.
»Sie sagten, Ihre Frau habe sich mit Freundinnen zum Mittagessen getroffen«, fuhr der Detective fort. »Wissen Sie, wer diese
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