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Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
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über den Bach hinwegsegelte und gut drei Meter von der Fahne entfernt auf dem Grün landete.
    »Warum hab ich das Gefühl, dass du das nicht zum ersten Mal machst?«, fragte Warren, der mit seinem dritten Schlag knapp neben ihrem Ball landete.
    »Ich bin ehrlich gesagt eine ziemlich gute Golferin«, gab sie zu, als sie zu einem Birdie einlochte.
    »Sag bloß.«
    »Ich habe ein Golfstipendium an der Duke University abgelehnt«, erklärte sie ihm zwei Bahnen - und Par - weiter.
    »Weil...?«
    »Weil ich finde, Sport sollte Spaß und nicht Arbeit sein.«
    »Habe ich das richtig verstanden: Anstatt deine Tage in herrlicher Natur beim Golfen zuzubringen hockst du lieber drinnen und suchst Jobs für unzufriedene Anwälte?«
    »Ehrlich gesagt, würde ich lieber ihre Büros einrichten«, erwiderte Casey.
    »Und warum machst du das dann nicht?«
    Casey holte ihren Ball, steckte ihn in die Tasche und marschierte forsch zum nächsten Loch, sodass Warren nur mit Mühe Schritt halten konnte. »Mein Vater meinte, Inneneinrichtung sei keine ernst zu nehmende Tätigkeit und käme für mich nicht infrage. Also habe ich an der Brown University Psychologie und Englisch studiert, obwohl ich keine Ahnung von menschlichem Verhalten habe und mir bei der Lektüre von George Eliot buchstäblich die Haare ausreißen möchte.«
    »Das erklärt aber immer noch nicht, wie du dazu gekommen bist, eine Personalagentur für Juristen aufzumachen.«
    »Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht genau, wie es passiert ist. Da müsstest du Janine fragen. Es war ihre Idee.«
    »Janine?«
    »Meine Partnerin, Janine Pegabo. Die Frau, mit der du an dem Vormittag verabredet warst, an dem wir uns kennengelernt haben.«
    »Die sich an einem Bagel den Zahn abgebrochen hat«, erinnerte Warren sich.
    »Genau die.«
    »Wie geht es ihr?«
    »Sie braucht eine neue Krone.«
    »Autsch.«
    »Sie ist nicht glücklich.« »Und du?«, fragte Warren. »Ich brauche keine neue Krone.« »Bist du glücklich?«
    Casey dachte einen Moment über die Frage nach. »Einigermaßen, ja.« »Bloß einigermaßen oder über die Maßen?«
    »Gibt es so etwas?« Casey wartete, bis die Vierergruppe vor ihnen das Grün des schwierigen Par-3-Lochs geräumt hatte, bevor sie ihren Ball auf das Tee setzte. Warrens Frage hallte noch immer in ihrem Kopf nach, und sie holte zu hastig aus, sodass der Ball nach links abgetrieben wurde und in einem Bunker hinter dem Grün landete.
    »Ah. Das ist meine Chance.« Warren nahm das Siebener-Eisen, holte aus und schlug. Der Ball beschrieb einen hohen Bogen durch die Luft und landete sanft auf dem Grün. »Ja!«, rief er, musste dann aber zusehen, wie der Ball nach rechts trudelte und in einem Blätterhaufen liegen blieb. »Verdammt. Das ist ungerecht.«
    »Ein Anwalt, der erwartet, dass das Leben gerecht ist. Interessant«, sagte Casey, als sie den schmalen Fairway hinuntergingen. »Ehrlich gesagt habe ich in den letzten Jahren ein paar Abendkurse in Inneneinrichtung belegt. Es dauert gar nicht mehr lange, bis ich meinen Abschluss in der Tasche habe.«
    »Und was hält dein Vater davon?«
    »Mein Vater ist tot.« War es möglich, dass er nicht wusste, wer ihr Vater war? »Das tut mir leid.«
    »Er und meine Mutter sind vor fünf Jahren beim Absturz eines Privatflugzeugs ums Leben gekommen.« Das musste als Hinweis doch gewiss reichen.
    »Das tut mir leid«, sagte Warren noch einmal, als ob er nach wie vor keine Ahnung hätte. »Das war bestimmt schrecklich für dich.«
    »Es war schwer. Vor allem die Belagerung durch die Presse.«
    »Warum wurdest du denn von der Presse belagert?«
    »Weil mein Vater Ronald Lerner war«, sagte Casey und beobachtete Warrens Reaktion. Nach wie vor nichts. »Du hast noch nie von Ronald Lerner gehört?«
    »Sollte ich?«
    Casey machte ein Gesicht, das erahnen ließ, dass sie durchaus dieser Meinung war.
    »Ich bin in New Jersey aufgewachsen und habe in New York Jura studiert«, erinnerte er sie. »Nach Philly bin ich erst gezogen, als ich den Job bei Miller & Sheridan angenommen habe. Vielleicht kannst du mich darüber ins Bild setzen, was ich verpasst habe.«
    »Vielleicht später«, sagte Casey und stieg in den Sandbunker, dessen Form sie an ein Herz erinnerte. Warren ging derweil auf die andere Seite des Grüns. Sie grub ihre Absätze in den weichen Boden und vergewisserte sich, dass sie sicher stand, bevor sie aufblickte, um die Schlagrichtung zu überprüfen. Aus den Augenwinkeln sah sie Warren, der darauf wartete, seinen

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