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Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kandidat bei Der Preis ist heiß.«
    »O Gott, guck dir bitte mal diesen Typen an«, quiekte Drew neben Caseys Kopf. »Oh, tut mir leid. Ich vergesse immer, dass du nicht sehen kannst. Scheiße, jetzt habe ich meine Nägel verschmiert.«
    An dem stechenden Geruch erkannte Casey, dass ihre Schwester sich wahrscheinlich die Nägel lackierte, und sie fragte sich, wie lange sie schon im Zimmer war.
    »Du müsstest diesen Typen sehen«, fuhr Drew fort. »Er sieht aus, als stünde er kurz vorm Herzinfarkt, so aufgeregt ist er. Sein hässliches Hawaiihemd ist schon ganz durchgeschwitzt, und er hüpft rum wie ein Irrer und umarmt die anderen Kandidaten, worüber die alle nicht besonders begeistert sind.«
    Der Preis ist heiß, dachte Casey. Das hatte sie schon als Kind geguckt. Dass die Show immer noch lief, erschien ihr seltsam - und ungeheuer - tröstlich.
    »Oh, guck mal. Sie müssen schätzen, wie viel ein Satz Golfschläger kostet, inklusive Golfbag.«
    »Vierhundert Dollar«, riet einer der Kandidaten.
    »Vierhundert Dollar?«, wiederholte Drew. »Bist du verrückt? Sogar ich weiß, dass sie sehr viel mehr wert sind.«
    »Siebenhundertfünfzig«, lautete die zweite Wette.
    »Eintausend«, die dritte.
    »Eintausendundeins«, sagte Lester Whitmore.
    »Was sagst du, Casey? Ich wette, du weißt die Antwort.«
    Vorausgesetzt, es handelt sich um gute Schläger und ein halbwegs vernünftiges Bag, würde ich sagen, sechzehnhundert Dollar.
    »Die Antwort lautet: eintausendsechshundertzwanzig Dollar«, verkündete der Moderator. »Lester Whitmore, Sie sind der Gewinner bei Der Preis ist heiß.«
    »Und wie nah warst du dran?«, fragte Drew. »Verdammt nah, wette ich. Wenn es um Golf geht, bist du einfach unschlagbar, was?«
    »Wow, das war ein Drive«, hörte Casey Warren aus einer entlegenen Nische ihres Verstandes mit unverhohlener Bewunderung staunen. Er trat aus dem Dunkel ihrer Gedanken in die helle Sonne eines strahlenden Frühlingstags. »Wo hast du gelernt, einen Golfball so zu schlagen?«
    »Mein Vater hat es mir beigebracht«, sagte Casey und gesellte sich zu ihm in die Sonne.
    »Und wer ist dein Vater - Arnold Palmer?«
    Casey lachte und ging, ihren Golfwagen hinter sich herziehend, zum Fairway.
    »Ich glaube, du könntest tatsächlich weiter abgeschlagen haben als ich«, sagte Warren, als sie zu den beiden kleinen geriffelten Bällen gingen, die etwa zweihundert Meter vom Abschlag nur wenige Zentimeter entfernt nebeneinanderlagen.
    Casey hatte in der Tat weiter abgeschlagen als ihr attraktiver Begleiter.
    »Was - willst du mir nicht wenigstens erklären, dass es bloß ein Zufallstreffer war, um mein verletztes männliches Ego zu trösten?«
    »Muss es getröstet werden?«
    »Ein paar aufmunternde Worte wären nett.«
    »Du bist so süß, wenn du unsicher bist«, erwiderte Casey und war erleichtert, als Warren lachte. Sie wollte weder gemein noch selbstgefällig wirken. Als Warren sie ein paar Tage zuvor angerufen und nervös gefragt hatte, ob sie Golf spielte, hatte sie ihm verschwiegen, dass sie Mitglied in einem der nobelsten Clubs der Stadt war und ein Handicap neun hatte. Sie sagte bloß, wie würde sehr gern eine Runde spielen. Noch bis zum Morgen hatte sie mit sich gerungen, ob sie unter ihrem gewohnten Niveau spielen und Warren so das Gefühl angemessener männlicher Überlegenheit gönnen sollte.
    Aber sie hatte sich dagegen entschieden.
    Casey beobachtete Warren, der nach einer Reihe angedeuteter Probeschwünge umständlich zum zweiten Schlag ansetzte, mit dem er den Ball in dem hübschen Bach versenkte, der sich durch Cobb's Creek schlängelte, den öffentlichen Neun-Loch-Platz, den die Zeitschrift Golfweek unlängst zum sechstbesten städtischen Golfplatz des Landes erklärt hatte. Sie dachte an ihren Vater. »Wenn sich die Gelegenheit bietet, sollte man seinem Gegner immer den Arsch aufreißen«, pflegte der immer zu sagen. Aber sie wollte ihrem Gegner nicht den Arsch aufreißen, schon gar nicht wenn es um Warrens süßes Hinterteil ging. Was wäre so schlimm daran, ihn gewinnen zu lassen? Es wäre so leicht, beim Schlag ein wenig zu schwanken, den linken Ellbogen sacken zu lassen oder den Blick vom Ball zu wenden, um ihn so neben seinem im Wasser zu versenken. Aber stattdessen nahm sie die korrekte Schlagposition ein, vergewisserte sich, dass sie richtig ausgerichtet war, verdrängte die Stimme ihres Vaters zusammen mit allen anderen Gedanken und holte zum Schwung aus. Sie sah dem Ball nach, der anmutig

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