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Im Koma

Titel: Im Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
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Seiten umgeblättert wurden. »Sechshundertdreizehn Seiten.«
    »Sechshundertdreizehn! Oh, das ist viel zu lang für mich. Und bei dieser Schriftgröße würde ich blind werden.«
    Casey stellte sich vor, wie ein breites Lächeln sich über Janines hagere Wangen breitete. »Ich lese allgemein nicht so viel«, gestand Patsy.
    »Nun, man hat eben nur begrenzt Zeit. Ich bin sicher, Sie sind sehr beschäftigt.«
    Casey malte sich aus, wie das Lächeln sich bis zu den Augen ausdehnte, sodass sich Janines geschwungene Brauen hoben.
    »Ich mag Krimis«, sagte Patsy. »Die sind immer ganz lustig.«
    »Sie finden Mord komisch?«
    »Naja, nicht komisch, nein«, trat sie eilig den Rückzug an. »Aber zumindest unterhaltsam.« »Unterhaltsam?«
    »Naja, dann eben interessant. Wie mit Mrs. Marshall.« Patsy holte hörbar Luft. »Glauben Sie wirklich, dass jemand versucht hat, sie umzubringen?«
    Janine ließ sich mit ihrer Antwort einige Sekunden Zeit. »Also, die Polizei hat so ziemlich alle Verdächtigen auf ihrer Liste gestrichen. Offenbar hat keine Spur etwas Konkretes ergeben. Es sieht also so aus, als wäre es möglicherweise doch ein Unfall mit Fahrerflucht gewesen.«
    Was soll das heißen, die Polizei hat alle Verdächtigen auf ihrer Liste gestrichen? Bedeutet das, die Ermittlungen sind eingestellt worden?
    »Wie dem auch sei, tut mir leid, dass ich Sie unterbrochen habe. Lesen Sie weiter.«
    Casey stellte sich vor, wie Janine den Rücken versteifte, die Schultern straffte und das Buch aus dem Schoß nahm. Sie hatte es schon immer gehasst, sich von irgendjemandem sagen zu lassen, was sie tun sollte.
    »>Die meisten von uns, die wir uns einem Thema, das wir lieben, zuwenden«^, fuhr Janine nach einer längeren Pause fort, in der sie vermutlich abgewogen hatte, welche Konsequenzen es haben könnte, Patsy den schweren Wälzer an den Kopf zu werfen, »>erinnern sich einer Morgen- oder Abendstunde als dem ersten nachweislichen Anfang unserer Liebe, in der wir auf einen hohen Hocker stiegen, um ein noch ungelesenes Buch herunterzuholen, oder in der wir mit offenem Mund einem neuen Gesprächspartner zuhörten oder gerade in Ermangelung von Büchern den inneren Stimmen zu lauschen begannen. <«
    »Was bedeutet das?«, fragte Patsy.
    »Ich vermute, es geht um die Erinnerung an das erste Mal, das wir erkannt haben, dass wir etwas oder jemanden lieben.«
    »Warum sagt er das dann nicht?«
    »Sie«, verbesserte Janine.
    »Hä?«
    »Vergessen Sie's.«
    Ich wusste, dass ich Warren liebe, als ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, dachte Casey. Obwohl Fachleute wahrscheinlich insistieren würden, dass es sich um eine rein körperliche Anziehung gehandelt hat. Die Liebe, würden sie einwenden, kam erst später, als sie ihn besser kennenlernte.
    Aber sie hatte ihn gar nicht kennengelernt. Nicht richtig.
    Wer war dieser Mann, mit dem sie verheiratet war? War Warren Marshall überhaupt sein richtiger Name? Wie viel von dem, was er ihr über sich erzählt hatte, entsprach der Wahrheit? War seine Mutter wirklich fünfmal verheiratet gewesen? War sein Vater gestorben, als er noch klein war? Hatten die beiden letzten Ehen seiner Mutter allein dem Zweck gedient, ihr den Lebensstil zu ermöglichen, an den sie sich gerne gewöhnt hätte? Hatte Warren sein Faible für die feineren Dinge des Lebens von ihr geerbt?
    Und strebte er jetzt selbst eine Erbschaft an?
    Daran, dass er Anwalt war und ein guter dazu, bestand kein Zweifel; laut William Billys bewundernder Einschätzung »cleverer als Gott«. Jedenfalls clever genug, um zu wissen, wie er sie manipulieren musste. Clever genug, sein Blatt nicht zu überreizen. Clever genug, die Polizei auszutricksen.
    Die Polizei hat so ziemlich alle Verdächtigen auf ihrer Liste gestrichen.
    »Weißt du, warum all diese armen Schweine erwischt werden?«, hatte er vor nicht allzu langer Zeit zu ihr gesagt, als sie in ihrer geräumigen Küche beim Frühstück die Zeitung lasen. Er bezog sich auf einen Mann, der seine Frau ermordet hatte, einen Tag nachdem er eine Lebensversicherung für sie abgeschlossen hatte. »Nicht weil sie gierig sind, das sind sie sowieso. Sondern weil sie so verdammt blöd sind. Wer schließt einen Tag bevor er seine Frau ermordet eine Lebensversicherung über eine Million Dollar für sie ab? Meinen die nicht, dass da vielleicht ein paar Alarmglocken läuten? Himmel, man könnte genauso gut eine Anzeige in die Zeitung setzen: >Ich war's!< Benutzt euren Verstand, Jungs«, hatte er gesagt, und

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