Im Koma
sie hatte zustimmend gelacht.
»Ich liebe es, dich lachen zu hören«, hatte er ihr bei mehr als einer Gelegenheit erklärt. Natürlich, dachte Casey jetzt. Es bedeutete, dass sie auf seinen Charme hereinfiel. »Ich liebe dich«, hatte er ihr mindestens einmal am Tag erklärt. »Ich liebe dich«, hatte sie unaufgefordert und bedingungslos erwidert.
»Mein Gott, Casey, ich vermisse dich so«, hatte er noch vor Kurzem an ihrem Bett sitzend erklärt.
»Du musst mal raus«, hatten seine Freunde ihm angeblich geraten. »Du brauchst ein bisschen Abwechslung.«
»Und ich sage ihnen jedes Mal, ich möchte hier sein«, hatte er erwidert. »In diesem Krankenhaus.«
All die wunderbaren Dinge, die er Patsy von ihr erzählt hatte. Hatte er irgendetwas davon ernst gemeint? Oder hatte er bloß den verzweifelten, liebevollen Ehemann gespielt? Für Patsy. Und natürlich für sich selbst. Wie ein echter Psychopath, dachte Casey, der den Leuten immer das erzählte, was sie hören wollten.
Die Polizei hat so ziemlich alle Verdächtigen auf ihrer Liste gestrichen.
»Ich will, dass du weißt, wie viel mir diese letzten beiden Jahre bedeutet haben«, hatte er ihr erklärt. »Du warst eine großartige Ehefrau, Casey, die beste Geliebte und Partnerin, die ein Mann sich erhoffen kann.«
Hatte er irgendetwas davon ernst gemeint, fragte Casey sich jetzt. Hatte er seine wahren Gefühle offenbart oder nur eine Show für Patsy aufgeführt?
Wie oft hatte sie ihn zu der in der Tür stehenden Pflegerin sagen hören: »Tut mir leid, ich habe Sie gar nicht kommen hören.«?
»Die Zeit mit dir war die glücklichste meines Lebens«, hatte er erklärt. »Es ist mir wichtig, dass du das weißt.«
Warum? War das seine Art, ihr mitzuteilen, dass sie den Anschlag auf ihr Leben nicht persönlich nehmen sollte, dass sie seine mörderische Absicht nicht als Unzufriedenheit mit ihr als Ehefrau missverstehen sollte?
Wie enttäuscht musste er gewesen sein, als er erfuhr, dass sie den Unfall überlebt hatte, wie perplex, als er sich erklären lassen musste, dass sie im Koma alt werden und, um seine Worte zu verwenden, »alle überleben« könnte. Und dann festzustellen, dass ihr Zustand sich nicht nur jeden Tag verbesserte, sondern dass sie auch kräftiger wurde - und welch bittere Pille, als weitere Tests ergeben hatten, dass sie sogar hören konnte.
Brachte ihn dieses Wissen des Nachts um den Schlaf? Lag er in seinem Bett wach und fragte sich genau wie sie, wie sein nächster Schachzug aussehen würde und wann er ihn am besten machte?
»Sie und Mrs. Marshall sind schon sehr lange befreundet, oder?«, unterbrach Patsys Stimme ihre Gedanken.
»Seit der Uni.«
Und trotzdem habe ich an dir gezweifelt. Was für eine Freundin bin ich bloß? »Mr. Marshall hat gesagt, Sie hätten früher eine gemeinsame Firma gehabt.« »Tatsächlich? Wann hat er Ihnen das erzählt?«
»Nach Ihrem letzten Besuch. Ich sagte, dass Sie und die andere Frau... wie heißt sie?« »Gail?«
»Gail, genau. Es ist schön, so gute Freunde zu haben.«
Im Grunde meine einzigen Freundinnen, dachte Casey. Natürlich hatte sie zahllose Bekannte, aber der Kreis ihrer engen Freunde war mit den Jahren kleiner geworden, vor allem seit ihrer Heirat mit Warren. Man hatte halt nur begrenzt Zeit, wie Janine bemerkt hatte, und Warren hatte so viel davon für sich beansprucht.
»Und was hat Mr. Marshall sonst noch über mich erzählt?«, fragte Janine.
»Das war so ziemlich alles.«
»So ziemlich alles«, wiederholte Janine abwesend. »Was für einen Eindruck macht er auf Sie?«
»Wie meinen Sie das?« »Wie hält er sich?«
»Ich finde, er ist unglaublich.« »Unglaublich, in der Tat.«
»Die beiden waren wohl echt total verliebt ineinander, was?« »Wie kommen Sie darauf?«
»Ach, das sieht man einfach. Die Art, wie er sie anguckt, wie er ständig ihre Hand hält und flüsternd mit ihr spricht. Es muss wirklich schwer sein, glauben Sie nicht? Ich meine, gerade ist man noch ein glücklich verheirateter Mann, und im nächsten Moment schon, nun ja...«
»Das Leben steckt voller unangenehmer kleiner Überraschungen«, meinte Janine.
Was du nicht sagst.
Die arme Patsy, dachte Casey. Das Mädchen tat ihr beinahe leid. Warren manipulierte die Pflegerin, genauso wie er sie manipuliert hatte. Umgekehrt wusste Patsy natürlich auch genau, auf welche Knöpfe sie drücken musste. Vielleicht hatten die beiden einander verdient.
»Und was für ein Anwalt ist er?«, fragte Patsy.
»Warum? Haben
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