Im Koma
vermutete, dass es Dr. Slotnick war, war sich jedoch nicht sicher, weil erst letzte Woche ein neuer Schwung Assistenzärzte angefangen und sie noch keine Zeit gehabt hatte, die verschiedenen Stimmen bestimmten Namen zuzuordnen. Sie brauchte mehr Zeit.
»Sie können es wohl kaum erwarten, hier rauszukommen.«
Nein, Sie irren. Ich will hier nicht weg. Bitte, lassen Sie nicht zu, dass die mich mitnehmen. Ich brauche mehr Zeit.
Aber Casey wusste, dass es keinen Aufschub in letzter Minute geben würde. Alle Vorkehrungen waren getroffen, die Rechnungen bezahlt, die Entlassungspapiere unterschrieben. Den ganzen Vormittag waren Pfleger und Schwestern in ihr Zimmer geströmt, um sich zu verabschieden und ihr alles Gute zu wünschen. Auch Assistenzärzte, Chirurgen und Fachärzte waren vorbeigekommen.
Als ob ich schon gestorben wäre, dachte Casey.
»Viel Glück«, wünschte ihr jetzt ein anderer der Ärzte und berührte ihren Arm.
»Nun, ich denke, das wäre alles«, verkündete Warren, der plötzlich ins Zimmer platzte. »Wir sind startklar. Die Männer mit der Trage sollten jeden Moment hier sein, dann können wir los.«
»Werden Sie uns über ihre Fortschritte auf dem Laufenden halten?«, fragte Dr. Reith.
Hat irgendjemand die Polizei verständigt? Weiß Detective Spinetti, dass ich entlassen werde'?
»Selbstverständlich«, antwortete Warren. »Wenn es eine noch so kleine Verbesserung gibt, erfahren Sie es als Erster.«
»Wenn es Probleme gibt oder Sie irgendwann das Gefühl haben, sich zu viel aufgebürdet zu haben...«
»Setze ich mich sofort mit Ihrer Praxis in Verbindung.«
»Das Lankenau Hospital in Wynnewood hat ein wunderbares Reha-Zentrum oder die Moss-Klinik in...«
»Ich bin sicher, das wird nicht nötig sein, aber vielen Dank. Vielen Dank Ihnen allen«, sagte Warren mit brechender Stimme. »Sie waren so freundlich zu Casey und zu mir, dass man es mit Worten gar nicht ausdrücken kann, wie dankbar ich dem Pennsylvania Hospital für alles bin, was Sie in dieser schwierigen Zeit für uns getan haben.«
Casey vernahm vereinzeltes Schniefen und begriff, dass die Leute nur mit Mühe ihre Tränen zurückhielten.
»Aber jetzt ist es an mir, mich um Casey zu kümmern«, fuhr Warren fort. »Und hoffen wir, dass, wenn wir uns das nächste Mal sehen, meine Frau neben mir stehen und sich bei jedem von Ihnen persönlich bedanken kann.«
»Ja, das hoffen wir«, pflichteten ihm mehrere Zuhörer bei.
»Amen«, sagte irgendjemand.
Hörte sich an wie ein volles Haus, dachte Casey und stellte sich die kleine Menschenmenge vor, die sich um ihr Bett versammelt hatte. Sie fragte sich gerade, ob Patsy unter ihnen war, als sie aus dem Flur das Quietschen einer Rollliege hörte, die wenig später gegen ihre Zimmertür stieß. Die Erschütterung hallte in Caseys ganzem Körper wider, wanderte ihre Wirbelsäule hinauf und ließ sich als dumpfer Krampf in ihrer Magengrube nieder.
»Nun, da wären wir«, sagte Warren.
»Platz, Leute«, mahnte Dr. Keith.
Casey spürte einen Luftzug, als die Leute drängelnd den Weg frei machten, während andere an ihr Bett traten und ihr Laken wegzogen.
»Vorsichtig mit ihrem Kopf«, mahnte irgendjemand, als kräftige Hände ihre Knöchel, Hüften und Schultern packten.
Nein. Nicht bewegen. Bitte, Sie wissen nicht, was Sie tun.
»Auf drei. Eins, zwei, drei.«
Caseys Körper glitt mühelos von dem schmalen Bett, das in den letzten drei Monaten ihr Zuhause gewesen war, auf die noch schmalere Liege. Rasch wurde sie festgeschnallt und aus dem Zimmer gerollt.
Vielleicht ist das Ganze ein Traum, ich wache auf und Drew sitzt an meinem Bett und guckt Der Preis ist heiß.
»Auf Wiedersehen, Casey«, riefen mehrere Krankenschwestern, als sie den Flur hinuntergerollt wurde, wo ihr der Geruch von Krankheit und Tod entgegenschlug und sie bis zum Fahrstuhl begleitete.
»Viel Glück, Casey«, wünschten ihr weitere Stimmen.
Nein, ich will nicht von hier weg. Bitte lassen Sie nicht zu, dass mein Mann mich mitnimmt.
Und dann kam plötzlich alles zum Stehen. Hatte man sie gehört? Hatte sie die Worte tatsächlich laut ausgesprochen?
»Die Aufzüge brauchen immer ewig«, bemerkte irgendjemand.
Man wartete also lediglich auf die Ankunft eines Fahrstuhls, erkannte Casey. Niemand hatte sie gehört. Sie vernahm das Geräusch von sich bewegenden Kabeln und wusste, dass der Lift unterwegs war. Ihr Hörsinn war in den letzten Wochen äußerst fein geworden, und auch ihr Geruchssinn wurde jeden Tag
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