Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
habe jetzt keinen Appetit.«
Die Bedienung servierte die Getränke und stellte einen Teller mit Pommes und Currywurst vor Thomas hin. Diesmal verzichtete er auf einen Blick in ihren recht provozierenden Ausschnitt.
»Ich glaube, die Sache mit Vater nimmt Sina zu sehr mit«, fuhr Belinda fort. »Sie war immer schon so sensibel. Den frühen Tod von Mama hat sie auch nie richtig verkraftet. Klar, wenn man Mamas ausgesprochener Liebling ist.«
»Hat sie Vater inzwischen besucht?«
»Nein, das lehnt sie ab. Will sich einfach nicht mit ihm versöh nen. Dabei habe ich wirklich alles versucht, sie dazu zu überreden.«
»Zwingen können wir sie nicht«, erwiderte Thomas und ließ sich offensichtlich die Mahlzeit schmecken. »Weder zu einem Be such bei Vater, noch zu einer Therapie. Erst recht nicht zur Be handlung in einer geschlossenen Anstalt.«
»Aber willst du dem drohenden Unheil einfach freien Lauf lassen?«
»Du dramatisierst. Wenn du es jedoch für so wichtig hältst, nehme ich noch einmal Kontakt zu ihr auf und vergesse alle Streitigkeiten.«
»Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann«, erwiderte Belinda und knuffte ihrem Bruder kameradschaftlich in die Seite. Beinahe hätte sich Thomas an einem Stück Currywurst verschluckt.
Samstag, 14. Mai 16:00 Uhr
Pielkötter brütete schon seit etlichen Stunden über den beschlagnahmten Akten aus Hamachers Firma. Eigentlich war ihm der Dienst an diesem Samstag nur recht. Der Streit mit Marianne hat te sich noch immer nicht gelegt. Nach seiner Rückkehr gestern Abend waren sie sich aus dem Weg gegangen, und morgens war er aufgebrochen, während sie noch schlief.
Bei der Durchsicht war er bisher zu demselben Ergebnis gelangt wie Barnowski: Cornelius Hamacher besaß eine gut florierende Werbefirma. Geschäftliche Veränderungen waren nach Aktenlage nicht geplant. In den letzten zwölf Monaten hatte Ha macher etwa zehn Kunden betreut. Mindestens fünf würde Barnowski übernehmen. Am liebsten hätte Pielkötter sofort mit einer Befragungsaktion begonnen, aber die meisten Firmen hatten an Samstagen leider geschlossen. Einzig ein Anruf bei einem Auktionshaus in Düsseldorf versprach einen gewissen Erfolg.
»Hauptkommissar Pielkötter aus Duisburg«, meldete er sich hoffnungsvoll, nachdem dort tatsächlich jemand abgenommen hatte. Nach dem blasierten Gehabe zu urteilen, hatte er den Chef höchstpersönlich oder zumindest einen leitenden Angestellten am Apparat. »Ich muss Sie leider davon in Kenntnis setzen, dass Ihr Geschäftspartner Cornelius Hamacher ermordet wurde.«
Stille am anderen Ende der Leitung. Das hat anscheinend gesessen, dachte Pielkötter.
»Cornelius wer?«
»Hamacher. Er hat Plakate für Sie entworfen.«
»Ach, Sie meinen diesen Werbefuzzi?«
Pielkötter verschlug es die Sprache, seinem Gesprächspartner allerdings nun auch. »Tut mir leid. Ich meine, der Mann ist ja tot, wie Sie angedeutet haben.«
»Ich habe nichts angedeutet«, donnerte Pielkötter. »Ich habe Ihnen sehr deutlich zu verstehen gegeben, dass Cornelius Hamacher ermordet worden ist. Und wie Sie selbst gesagt haben, war er für Ihre Werbung zuständig.«
»Jetzt übertreiben Sie. Hamacher hat einen kleinen Werbeauftrag von uns erhalten. Und das auch nur, weil unsere Stammfirma überlastet war. Zudem ist das Ganze mindestens sechs Monate her.«
»Aber Sie haben das Opfer persönlich getroffen.«
»Nicht ein einziges Mal. Bei so einem winzigen Auftrag ist das nicht üblich.«
»Dann haben Sie also auch keine Ahnung, ob Hamacher irgendwelche Feinde hatte, Veränderungen in der Firma plante oder Ähnliches?«
»Alles, was ich von dem weiß, ist Folgendes: Der Mann hat für uns Plakate entworfen. Gute Arbeit. Und dafür wurde er noch besser bezahlt. Zudem beginnt gleich die nächste Auktion.«
Ärgerlich knallte Pielkötter den Hörer auf die Gabel. Er konnte nur hoffen, dass bei der Vernehmung der anderen Geschäftspartner verwertbare Erkenntnisse herauskommen würden.
Samstag, 14. Mai 18:00 Uhr
Lustlos stocherte Sina Gabrillani in der köstlichen Lasagne herum. Lasagne al forno zählte in diesem italienischen Restaurant zwar allgemein zu den Highlights der Speisekarte, aber diese Ansicht teilte sie offensichtlich nicht. Ihr Bruder Thomas, der ihr in einer kleinen Nische genau gegenüber saß, beobachtete sie mit wachsender Sorge. »Du bist unglaublich mager geworden«, bemerkte er. »Wenn ich dich so essen sehe, wundert mich das allerdings nicht.«
»Deshalb
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