Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
ließ sie ihn in verächtlichem Tonfall wissen. »Der Appetit ist mir wirklich vergangen. Wahrscheinlich würden wir ohnehin nur streiten.«
Pielkötter mochte lieber nicht wissen, auf welch ungesunden Wert sein Blutdruck inzwischen gestiegen war. Er wollte nur noch hier raus, raus aus dem Zuhause, in dem er kaum noch richtig entspannen konnte. Mit rotem Kopf stürmte er an Marianne vorbei, riss seine Jacke vom Haken und eilte nach draußen.
Also gut, dachte er, als er in seinem Wagen saß, dann eben eine einsame Mahlzeit an der nächsten Pommesbude. Leider war die von der Elli zu weit, sodass er mit etwas weniger köstlichen Fri kadellen Vorlieb nehmen musste. Dafür war er schnell an der Reihe, nachdem ein sportlich bekleideter Endfünfziger eine doppelte Portion rot-weiß für das Pilsbäuchsken von Papa bestellt hatte.
Während des Essens überlegte er, was er nur mit dem angebrochenen Abend anfangen sollte. Zu Marianne zurückzukehren, verspürte er jedenfalls nicht die geringste Lust. Irgendetwas zog ihn nach Alt-Walsum an den Rhein.
Kaum eine Viertelstunde später parkte Pielkötter auf einem Schotterplatz unweit der Stelle, wo die Fähre nach Orsoy ablegte. Einen Moment geriet Pielkötter in Versuchung, einfach mit über den Rhein zu setzen, aber schließlich hielt er das doch für keine gute Idee. Ein Wagen donnerte mit überhöhter Geschwindigkeit über die Hubbrücke, die das Becken der Walsumer Schachtanlage mit dem Rhein verband. Pielkötter wandte sich ab. Gedanken verloren lief er am Hafenbecken entlang und folgte dem Deich. Eine Weile wanderte er mit gesenktem Blick parallel zum Rhein, dann hob er den Kopf und sah hinüber nach Westen.
Auf der anderen Seite etwas flussabwärts wohnte Katharina Gerhardt. So nah und doch so fern. Unwillkürlich drängte sich einer seiner letzten Fälle wieder in sein Bewusstsein. Dabei hatte er Katharina kennengelernt. Ob sie inzwischen eine neue Arbeits stelle angenommen hatte? Womöglich wohnte sie nicht einmal mehr in Duisburg-Baerl. Sie hatte ein gewisses Interesse an einem Wiedersehen signalisiert, aber aus Rücksicht auf seine Ehe hatte er bisher nicht reagiert. Je länger die Streitereien mit Marianne allerdings andauerten, desto weniger ging ihm Katharina aus dem Kopf. Vor dem letzten Schritt jedoch schreckte er zurück. Sehnsüchtig tastete sein Blick das Ufer der linken Rheinseite ab. Schluss jetzt, rief er sich plötzlich zur Räson. Der Fall Cornelius Hamacher verdient deine volle Konzentration, daran dürfen weder Mariannes Gekeife noch Katharinas Reize kratzen.
Samstag, 14. Mai 13:00 Uhr
Belinda Gabrillani erkannte ihren Bruder Thomas schon von Weitem. Lächelnd schaute er der Bedienung in den Ausschnitt, die sich zu ihm hinunterbeugte, um die Bestellung aufzunehmen. Er saß an einem der Tische der Currybar in der Halle des City Palais.
»Gute Aussicht hier«, scherzte Belinda, nachdem sie den Platz der attraktiven Kellnerin eingenommen hatte, die bereits wieder im Inneren der Currybar verschwunden war.
»Wo hast du dich denn so lange herumgetrieben?«, erwiderte Thomas Gabrillani statt einer Begrüßung. »Ich warte schon bald seit einer halben Stunde.«
Belinda stellte ihre Einkaufstüten ab und setzte sich neben ihren Bruder.
»Wie ich sehe, hat sich an deiner legendären Kaufsucht nichts geändert«, erklärte Thomas, während er besorgt auf Belindas neuste Errungenschaften schielte. »Anscheinend bin ich der einzig Normale in unserer Familie.«
»Das muss gerade einer sagen, der in der Pubertät mit einem Mal auf Kleinkind gemacht hat.« Sie betrachtete ihn ernst. »Aber im Moment geht es weder um dich noch um mich. Ich glaube, es ist bald wieder soweit.«
»Was?« Nach seinem Gesichtsausdruck zu urteilen, schien er jedoch zu ahnen, wovon sie sprach.
»Sina steht kurz davor, erneut durchzudrehen.«
»Geht sie denn nicht mehr zur Therapie?«
»Keine Ahnung«, erwiderte Belinda aufgebracht. »Und selbst wenn. Was nützen ein paar Therapiestunden pro Monat? Oder vielleicht noch weniger. Glaub mir, Sina braucht den Schutz einer geschlossenen Anstalt. Sonst kann man für nichts garantieren.«
»Beruhige dich, so schlimm wird es schon nicht sein.«
»Habe ich mich mit ihr getroffen oder du?«, fragte Belinda sichtlich erregt.
Die herannahende Kellnerin unterbrach das Gespräch.
»Hab für dich schon ’ne Cola light mitbestellt«, erklärte Thomas. »Ob du auch etwas essen möchtest, wusste ich allerdings nicht.«
»Nein, danke, ich
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