Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Erdgeschoss. Dabei jagten ihm Einbrecher nicht einmal die meiste Angst ein.
Jetzt mach dich nicht verrückt, nur weil der blöde Köter wieder auf Brautschau ist und darüber seine Aufgabe vergisst, schalt sich Sebastian. Ab morgen wird dein Haus zur Festung umfunktioniert. Bis alles fertig ist, ziehst du notfalls ins Hotel oder schaffst dir eine ganze Hundestaffel an. Dennoch beunruhigt, ließ Sebastian das Rollo an der Terrassentür erneut herunter. Anschließend zog er durch jedes Zimmer im Erdgeschoss und kontrollierte alle Türen und Fenster. Darin war er sehr nachlässig gewesen, bis er den Bericht über Cornelius Hamachers Tod in der Zeitung gele sen hatte. Eigentlich hätte er auch die Jalousien in der oberen Etage schon beim Verlassen des Hauses vor Einbruch der Dunkelheit herunterlassen sollen, nur hatte er nicht geahnt, dass Patrick es so lange mit ihm aushalten würde. Er überlegte, ob er noch einmal nach Benny rufen sollte. Quatsch, soll er sich in seine Hütte legen, wenn er meint, er müsse auf Freiersfüßen wandeln, dachte er trotzig, im Garten kann er auch besser Wache schieben. Ärgerlich löschte er im Erdgeschoss das Licht und stieg über die breite Holztreppe nach oben.
Irgendetwas war hier anders, störte ihn, auch wenn er dieses Gefühl zunächst nicht genau zu definieren wusste. Beunruhigt blähte er seine Nasenflügel und zog die Luft tief durch die Nase ein. Plötzlich glaubte er den Hauch eines Parfüms wahrzunehmen. Das konnte jedoch nicht sein. Vor über einem Jahr hatte die letzte Frau dieses Haus betreten, abgesehen von der Reinigungskraft, und die benutzte kein Parfüm. Angst konnte die Wahrneh mung trügen, das hatte er mal gelesen. Und dann dachte er in einem Anfall von verzweifelter Heiterkeit: Und wenn ich wirklich ein Damenparfüm rieche, was soll’s? Eine Frau konnte ihm doch nicht wirklich gefährlich werden, ihm, einem Mann in den besten Jahren mit regelmäßigem Fitnessprogramm.
Mit entschlossener Miene stieß er die Tür zum Badezimmer auf. Der Lichtschein aus der Diele reichte aus, um alle Umrisse zu erkennen. Erleichtert wandte sich Sebastian Lauterbach ab. Links neben dem Bad lag eines der beiden Gästezimmer. Die Tür stand einen Spalt offen. Hatte er sie nicht heute Nachmittag geschlossen? Er schleuderte seinen Körper gegen die Tür. Die Klinke schlug hart an die Wand. Das würde zwar eine Schramme an der Tapete geben, aber nun wusste er, dass niemand dahinter gestanden hatte. Sebastian gab einen Laut von sich, der seltsam hell und hysterisch klang. Reiß dich zusammen, alter Junge, ermahnte er sich. Nachdem er das Gästezimmer inspiziert hatte, lief er in die Diele zurück. Von hier aus hatte er Zugang zu drei weiteren Räumen.
Für einen kurzen Moment erwog er, die Polizei anzurufen. Was jedoch hatte er schon in der Hand? Nichts als einen kaum wahrnehmbaren Parfümgeruch. Die Beamten würden ihn höchstens auslachen. Unwillkürlich tauchte wieder der Zeitungsartikel von dem ermordeten Cornelius vor seinem inneren Auge auf. Demnach war sein Kumpan erstochen worden. Besser als erschossen, dachte Sebastian, gegen eine Pistole hatte ein Unbewaffneter keine Chance, selbst dann nicht, wenn eine Frau sie in ihren zarten Händen hielt.
Plötzlich überfiel ihn mehr als eine Ahnung, wer eine solch mörderische Furie sein könnte. Zumindest ergab Hamachers ge waltsamer Tod in diesem Fall einen Sinn. Leider bedeutete das auch, dass er sich tatsächlich in höchster Gefahr befand. Eilig stürzte Sebastian ins Badezimmer und durchwühlte den Spiegelschrank. Nachdem er zwei Fläschchen mit Tropfen umgestoßen hatte und ihm eine Packung Aspirin ins Waschbecken gefallen war, fand er endlich, was er suchte. Mit einem kleinen Triumphgefühl holte er das alte, lange nicht mehr benutzte Rasiermesser hervor.
Mit entschlossener Miene rannte Sebastian quer durch die Diele zu seinem Büro. Erleichtert stellte er fest, dass die Tür abgeschlossen war. Er schloss die Tür immer hinter sich ab, wegen der Putzfrau und überhaupt. Die Macht der Gewohnheit. Direkt nach der Lektüre des Zeitungsartikels hatte er alles belastende Material im offenen Kamin auf seiner Terrasse verbrannt, hatte brisante Dateien von seinem nur privat genutzten Computers gelöscht, die Festplatte ausgebaut und zur Sicherheit mit einem Hammer traktiert.
Neben seinem Büro lag das Schlafzimmer. Während Sebastian mit gezücktem Rasiermesser die Klinke der Tür hinunterdrückte, pochte es laut hinter seinen
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