Im Kreis der Sünder - Kriminalroman aus dem Ruhrgebiet
Vorgesetzter erneut aufregen konnte. »Darf man fragen, worum es dabei geht?«
Pielkötter trank einen Schluck von seinem geliebten Kaffee, der allerdings längst kalt sein musste. »Bei der Vernehmung von Sebastian Lauterbachs Exfrau haben sich weitere Parallelen zwischen den Opfern ergeben«, erklärte Pielkötter. »Anscheinend waren beide sehr kontaktarm, wenn es nicht gerade um ihre Geschäfte ging. Die Beziehung zu Frauen war erheblich gestört.«
»Blödmänner«, rutschte es Barnowski so raus. »Ähm, ich meine, inwiefern?«
»Offenbar haben sich beide nicht viel aus Frauen gemacht, obwohl Sebastian Lauterbach immerhin eine gewisse Zeit verheiratet war. Allerdings, wer könnte darüber besser eine Aussage treffen als die geschiedene Ehefrau? Das bestätigt ja sogar die Ex von Lauterbach. Erstaunlich, dass er überhaupt geheiratet hat.«
»Also waren die mehr an Männern interessiert?«
Pielkötter schluckte unwillkürlich. Wahrscheinlich denkt der jetzt an seinen Sohn, überlegte Barnowski, der nur über siebenundvierzig Ecken von Jan Hendriks Neigung erfahren hatte. Genauer gesagt über Sebastian, mit dem er unlängst zusammengezogen war. Ach, der hieß genauso wie das zweite Opfer, was ihm allerdings bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgefallen war.
»Anscheinend waren die Opfer nicht homosexuell«, antwortete Pielkötter, als er sich wieder gesammelt hatte.
»Wenn beide Opfer diese ... Anomalie aufwiesen, dann vermute ich mal eine gemeinsame Ursache«, erwiderte Barnowski.
»Genau da kommt Babelsberg ins Spiel. Das Internat, in dem Sebastian Lauterbach einige Jahre zugebracht haben muss.«
»Jetzt vermuten Sie, dies gilt auch für das erste Opfer Cornelius Hamacher.«
»Auf jeden Fall war er in einem Internat, vielleicht in demselben? Wir sollten das überprüfen«, entgegnete Pielkötter mit leicht erhobener Stimme. »Und zwar auf unserer gemeinsamen Dienstreise. Egal welche Ansicht Krause, dieser Wicht, in dieser Hinsicht vertritt.«
»Warum rufen wir nicht einfach im Internat an?«
»Womit Sie mit Krause einer Meinung wären. Allerdings habe ich genau das mehrfach versucht und dabei nicht viel erreicht. Die Schulsekretärin wollte mir weismachen, sie hätte keinen Zugang zu den alten Akten und der Direktor sei unabkömmlich. Irgendwie sagt mir mein Gefühl: Wir sollten uns den Laden persönlich anschauen.«
»Kommt selten vor, dass Sie mich bei einer Befragung unbedingt dabei haben wollen.«
»Vier Ohren hören eben mehr als zwei«, brummte Pielkötter. Dennoch war Barnowski gewillt, das Ansinnen seines Vorgesetzten als Kompliment aufzufassen. Der konnte in seinen Augen manchmal solch ein Fiesling sein, doch immer, wenn er Pielkötter gerade in genau diese Schublade stecken wollte, wurde er positiv überrascht. »Dann also auf nach Babelsberg«, äußerte er laut und erhob sich.
»Moment, Sie haben mich noch nicht über die Vernehmung von Patrick Lauterbach in Kenntnis gesetzt.«
»Alles hier in meinem Bericht«, erklärte Barnowski und reichte Pielkötter einige Blätter, die er zusammengerollt in der Hand hielt. »Schicke Ihnen das später noch als Datei. Allerdings steht meiner Ansicht nach sowieso nichts Spektakuläres drin. Übrigens habe ich direkt bei dem Restaurant vorbeigeschaut, in dem Patrick Lauterbach mit seinem Vater am Abend des Mordes gegessen hat. Soweit die Bedienung das erkennen konnte, lief das Treffen der beiden ganz ruhig und ziemlich harmonisch ab.«
Donnerstag, 19. Mai 16:00 Uhr
Skeptisch schaute Mark Milton aus dem Fenster seiner Praxis. Am Himmel zogen dunkle Wolken herauf, die nichts Gutes verhießen. Jedenfalls lud das Wetter nicht gerade dazu ein, freiwillig draußen spazieren zu gehen. Dabei wäre Milton zu gerne noch einmal vor der nächsten Sitzung durch den Park am LehmbruckMuseum geschlendert. Gleich zwei Patienten hatten hintereinander abgesagt, deshalb hatte er genug Zeit.
Nachdenklich wandte er sich zu der Kaffeemaschine, die unmittelbar neben dem Fenster in dem Vorraum stand. Er wusste nicht recht, ob er sich mehr Sorgen um Sina Gabrillani machen sollte, die er auf ihre dringende Bitte hin kurzfristig eingeschoben hatte, oder um den heutigen, womöglich sehr bedeutsamen Abend. Seine Freundin Vanessa Martini würde zum ersten Mal seinen Sohn und seine Tochter treffen. Er selbst hätte dieses Treffen zu gerne noch eine Weile hinausgezögert, aber Vanessa hatte ihn geradezu gedrängt, endlich seine Kinder kennenzulernen. Schließlich hatte er
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