Im Kreis des Wolfs
soll ich sagen, … einen der letzten Pioniere?«
»Kann ich mit Ihnen ganz im Vertrauen reden?«
»Klar. Schießen Sie los.«
»Nun, ich halte ihn für ein Arschloch, nur leider nicht fürs letzte.«
Der Gedanke an ein Titelbild des
Time
-Magazins mit der Überschrift »Abe Harding, letzter Pionier« ließ Dan noch tagelang kichern und den Kopf schütteln. Gott sei Dank, bislang war nichts dergleichen erschienen, vermutlichdeshalb, weil ein solcher Artikel ein Minimum an Zusammenarbeit mit Abe vorausgesetzt hätte, und für ihn waren Journalisten nur unwesentlich besser als Wölfe.
Nachdem er eine Nacht im Gefängnis verbracht hatte, war gegen Abe Anklage wegen Tötung eines Tiers einer gefährdeten Spezies, nämlich eines Wolfs, sowie Transport und Inbesitznahme des Kadavers erhoben worden. Eine weitere Anklage wegen eines tätlichen Angriffs auf einen Polizeibeamten wurde fallengelassen. Dann setzte ihn ein Bundesrichter ohne Kaution auf freien Fuß.
Schumacher und Lipsky, die beiden Beamten von Fish & Wildlife, die auch der Versammlung beigewohnt hatten, begaben sich mit einem Durchsuchungsbefehl zur Ranch der Hardings und wurden dabei auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin, von Hopes sich zunehmend unkooperativer zeigendem Hilfssheriff begleitet. Craig Rawlinson machte nichts als Ärger, weil er sich auf die Seite der aggressiven und reichlich unverschämten Söhne Abe Hardings stellte. Die beiden Männer bewahrten jedoch Geduld, bis sie die geladene Ruger M-77 fanden, mit der Abe, wie er zugab, den Wolf getötet hatte. Das Gewehr wurde ordnungsgemäß konfisziert.
Der Wolfskadaver lag eine Nacht in der Gefriertruhe in Dans Garage und wurde am nächsten Tag zu Fish & Wildlifes forensischem Labor in Ashland, Oregon, geschickt, wo eine Untersuchung ergab, dass Herz und Lunge vollständig herausgerissen worden waren. Außerdem fanden sich winzige Splitter eines Sieben-Millimeter-Magnumgeschosses, das aber nahezu vollständig durch den hinteren Teil des Tieres wieder ausgetreten war und nie gefunden wurde.
Die Wissenschaftler in Ashland führten auch eine DNA-Analyse durch, die ergab, dass der Wolf in keinerlei Beziehung zu den in Yellowstone oder Idaho freigelassenenWölfen stand. Sie fanden einen Ohrclip, der ihnen verriet, dass der Wolf aus einem entlegenen, über zweihundert Meilen weit entfernten Teil von British Columbia stammte. Außerdem stellten sie fest, dass ihm eine Zehe am rechten Vorderlauf fehlte, wo er auch eine Narbe hatte, die vermuten ließ, dass er schon einmal in eine Falle geraten war, aus der er sich aber wieder befreien konnte. Wahrscheinlich, so überlegte einer der Wissenschaftler, war dadurch seine Fähigkeit, Hirsche oder Elche zu jagen, beeinträchtigt worden, weshalb er nun Kühe, also leichtere Beute, riss.
Abe behauptete anfangs, er hätte auf den Wolf geschossen, als der ein Kalb auf einer nur hundert Meter vom Haus entfernten Weide angegriffen habe. Später gab er dann zu, dass der Angriff noch nicht erfolgt war, aber seiner Ansicht nach drohte. Er sagte, dass er am liebsten auch den zweiten Wolf erlegt hätte, der noch dabei war. Dann beharrte er darauf, unschuldig zu sein, und verkündete, dass er bis vors Bundesgericht gehen werde, um seine Unschuld zu beweisen. Einen Verteidiger lehnte er mit der Begründung ab, dass Anwälte nichts anderes seien als Wölfe in Anzügen.
Auch ohne die zu erwartende Hilfestellung durch das
Time-
Magazin taten die Harding-Söhne inzwischen alles nur Erdenkliche, um ihren Daddy zum Volkshelden zu machen.
Sie ließen zweihundert T-Shirts bedrucken, auf der Vorderseite mit Abes kummervollem Gesicht und hinten mit der Aufschrift »WUMM (Wölfe Umlegen Macht Mordslaune)-Team«. Sie wurden für fünfzehn Dollar das Stück im Last Resort angeboten und waren in zwei Tagen alle verkauft. Eine zweite Lieferung von fünfhundert Stück war auch schon fast weg. Die Tassen – »Abe Harding, der Held von Hope« – gingen allerdings etwas schlechter. Bill Rimmer hatte für Dan jeweils ein Exemplar erstanden. DasT-Shirt zog er nicht an, dafür trank er jeden Morgen seinen Kaffee aus der Abe Harding-Tasse.
Im Gegensatz zu ihren Brüdern in den anderen Staaten übten sich Hopes Wölfe in Zurückhaltung, und dafür war Dan ihnen dankbar. Er würde sich jedenfalls nicht von Buck Calder zu einer vorschnellen Aktion verleiten lassen, solange keine Beweise dafür vorlagen, dass die Wölfe tatsächlich seine Kälber gerissen hatten. Wie es aussah, hatte er auch
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