Im Kreis des Wolfs
nach, während Abe Harding, der Held von Hope, ihn finster von seiner Kaffeetasse aus anblickte.
Er würde sie noch einmal zum Essen einladen, in ein nettes Restaurant diesmal. Seit ihrem Abend in Nelly’s Diner war er mit keiner Frau mehr aus gewesen. Er hatte all seinen Mut zusammengenommen und noch einmal Sally Peters eingeladen, musste aber wieder absagen. Als er am nächsten Tag anrief, um sich zu entschuldigen, erklärte sie ihm, er sei wirklich ein armseliger Mensch, und es wäre an der Zeit, dass er sich ein Privatleben zulege.
Dan musste zugeben, dass sie mit dieser Bemerkung gar nicht so unrecht hatte.
Kathy stieg aus dem Wagen, nahm Buck junior aus dem Kindersitz und hievte ihn sich auf die Hüfte. Ein paar Häuser weiter wurde Ned Wainwright, Hopes ältester Einwohner, von einem dieser aufdringlichen Fernsehteams interviewt. Seit zwei Wochen wimmelte es in der Stadt von Journalisten, und die Leute, Kathy eingeschlossen, waren sie allmählich leid.
Als sie über den Bürgersteig zum Paragon lief, hörte sie, wie Ned sich darüber ausließ, warum die Bundesregierung auf Seiten der Wölfe stand.
»Ist doch ganz klar. Durch die Wölfe wollen sie Hirsche und Elche ausrotten, damit uns nichts mehr für die Jagd bleibt. Dann sagen sie, wenn es nichts mehr zu jagen gibt, braucht ihr auch keine Gewehre mehr, also verbieten sie sämtliche Schusswaffen. Denn darum geht’s denen doch. Sie wollen uns die Gewehre wegnehmen.«
Kathy hatte in ihrem Leben noch nie etwas so Dummes gehört, aber der Typ vom Fernsehen nickte, als sei ihm das Evangelium verkündet worden. Im Vorbeigehen lächelte ihr einer vom Team zu. »Habt ihr nichts Besseres zu tun?«, fragte sie ihn, ohne sein Lächeln zu erwidern, doch ehe er antworten konnte, verschwand sie im Andenkenladen.
Ihre Mom hatte ihr von all den phantastischen neuenSachen vorgeschwärmt, die Ruth für die Vorweihnachtszeit bestellt hatte, so dass Kathy allein schon aus Loyalität möglichst viele Geschenke in ihrem Laden kaufen wollte. Dafür war es zwar noch ein bisschen früh, aber sie erledigte solche Dinge gern zeitig. Sie hatte sich für den heutigen Vormittag entschieden, weil ihre Mom nach Helena zum Einkaufen gefahren war.
Ruth begrüßte sie fröhlich und bestand darauf, das Baby zu halten, solange Kathy sich umsah.
»Machen diese Fernsehfritzen Sie nicht verrückt?«, fragte Kathy.
»Ganz und gar nicht. Die kaufen. Alles, was irgendwie mit Wölfen zu tun hat.«
»Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen. Dann haben sie ja wenigstens auch ihr Gutes.«
In Windeseile hatte sie gefunden, was sie wollte. Für Clyde kaufte sie eine modische Lederweste, eine Holzkiste mit Messingbeschlägen für ihren Daddy, damit er seine Zigarren darin aufbewahren konnte, und einige hübsche Silberketten für ihre Mom und Lane. Bob, Lanes Mann, würde sie ein Buch über Indianerkunst schenken und Luke ein Hutband aus geflochtenem Pferdehaar.
Ruth wollte ihr Rabatt geben, aber davon wollte Kathy nichts wissen. Einen Kaffee aber ließ sie sich gern spendieren, und so setzte sie sich an den Tresen, Buck junior auf dem Schoß, während Ruth den Kaffee machte.
»Übrigens hat Ihre Mom das ganze Wolfszeug hier besorgt. Es war ihre Idee.«
»Tatsächlich?«
»Ja, sie ist wirklich clever.«
»Das ist sie. War sie schon immer.«
»Ich kann sie verdammt gut leiden.«
Sie redeten eine Weile über Kathys Mom und kamenbeim Kaffee dann auf Ruths Eltern zu sprechen. Ihr Vater, sagte sie, sei schon lange tot. Ihre Mutter habe wieder geheiratet und führe jetzt ein ziemlich hektisches gesellschaftliches Leben in New Jersey.
»Sie ist das genaue Gegenteil von Eleanor«, sagte Ruth. »Ihre Mom wirkt immer so ruhig und beherrscht. Meine ist wie ein Wirbelwind. Ich weiß noch, wie sie einmal, nach einem schrecklichen Streit, nach oben gestürmt ist und sich ins Bad eingeschlossen hat. Damals musste ich sie überreden, wieder herauszukommen. Wie alt war ich da wohl? Fünfzehn? Und als ich so auf sie einredete, dachte ich plötzlich, Moment mal, wer ist hier eigentlich der Teenager?«
Als es Zeit wurde zu gehen, streckte Buck junior seine Ärmchen zu Ruth aus. Sie nahm ihn noch einmal auf den Arm. Er schien ganz begeistert von ihr und wollte ihr Haar gar nicht mehr loslassen.
»Er liebt Frauen«, sagte Kathy.
Ruth lachte. »Sieht ganz so aus.«
»Finden Sie nicht, dass er wie sein Opa ist?«
»Sie meinen …«
»Dem Aussehen nach.«
»Oh!« Ruth lachte. Dann runzelte sie die
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