Im Kreis des Wolfs
war ein alter Elchbulle. Der Junge hatte getan, was er stets tat, hatte einige Zähne gezogen, Knochen durchgesägt und war wieder gegangen. Lovelace fand die Stellen, an denen die Wölfe Fleisch verscharrt hatten, und legte auf den Wegen, auf denen sie sich vermutlich nähern würden, Fußangeln aus. Schlingen wären ihm lieber gewesen, doch selbst wenn man die Schlaufe blockierte, erwürgten sie manchmal den Wolf, und er wollte es keinesfalls jetzt schon riskieren, eines der Tiere mit Halsband zu töten.
Die Stelle war ihm eigentlich ein wenig zu nahe an derHütte der Frau, aber, so dachte Lovelace, es war das Risiko wert. Nachts kampierte er eine Meile gegen den Wind, und als er beim Morgengrauen auf seinen Skiern zurückkehrte, sah er, dass Santa Claus großzügig gewesen war, hatte er ihm doch nicht nur einen Wolf, sondern gleich zwei dagelassen: einen weiblichen Welpen und den jungen Rüden mit Halsband.
Sie duckten sich und beobachteten ihn furchtsam, während er die Skier abschnallte, um dann die Axt und zwei schwarze Säcke aus seinem Rucksack zu holen. Als er näher kam, wagte keines der Tiere, ihm in die Augen zu schauen.
»Hallo, Wolf«, gurrte Lovelace dem Welpen mit freundlicher, besänftigender Stimme zu. »Bist du aber ein hübscher Kerl.«
Kurz vor dem Tier blieb er stehen, da ein geduckter Wolf einen manchmal anspringen konnte. Er hob die Axt über den Kopf, doch während er dies tat, schaute der Welpe zu ihm auf, und der Blick seiner goldenen Augen ließ ihn zögern. Allerdings nur einen Moment. Mit einem Kopfschütteln vertrieb er seine Bedenken und spaltete mit zwei raschen Hieben dem Tier den Schädel.
Die Pfoten zuckten noch, als er rasch den Kopf in den Sack schob, damit das Blut keine Spuren im Schnee hinterließ. Dann löste er die Fußangel, stellte sich über den Welpen und rollte den Draht auf. Das Krächzen eines Raben durchschnitt die morgendliche Stille. Der Wolfsjäger hob den Blick und sah zwei schwarze Schemen im silbrigen Waldhimmel über ihm.
Er blickte auf den Wolf mit dem Halsband hinab. Der hatte sich halb von ihm abgewandt und betrachtete ihn aus den Augenwinkeln. Dieses Tier war älter, sicher zwei oder drei Jahre alt, schätzte Lovelace. Bei dem Versuch, sich loszureißen, war der Draht tief in den heftig blutendenVorderlauf eingedrungen. Wenn Lovelace ihn tötete, würde sich das Signal des Halsbandes ändern und Verdacht erregen. Lovelace konnte das Ding auch zertrümmern und wegwerfen, damit das Signal aufhörte. Doch vielleicht erreichte er damit nur, dass sich der Junge – und ganz bestimmt später die Frau – Sorgen machte. Möglicherweise würden sie dann ihre Arbeitsweise ändern und Dinge tun, die er nicht vorhersehen konnte.
Es war schon traurig, das Weihnachtsgeschenk wieder zurückzugeben, doch er hatte beschlossen, sich die drei Wölfe mit Halsband bis zum Schluss aufzuheben. Sie kamen schon noch an die Reihe.
Er warf dem Wolf den zweiten Sack über den Kopf und band ihm die Schnauze zu, damit er ihn nicht beißen konnte. Dann setzte er sich rittlings auf das Tier und drücke es zu Boden, während er die Schlinge löste. Der Draht hatte sich über der linken Pfote bis zum Knochen ins Fleisch gegraben. Um sich von der Schlinge zu befreien, hatte das Tier an seinem eigenen Bein herumgebissen. Noch ein oder zwei Stunden, dann wäre die Pfote ab gewesen. Lovelace hatte so etwas schon öfter erlebt.
Es dauerte eine Weile, bis er den Draht aus der Wunde ziehen konnte, aber schließlich schaffte er es. Dann löste er das Seil, trat zurück und riss den Sack fort. Der Wolf rappelte sich auf und floh humpelnd zu den Bäumen. Kurz bevor er verschwand, drehte er sich um und starrte ihn an, als wollte er sich sein Gesicht genau einprägen.
»Fröhliche Weihnachten!«, rief Lovelace.
Das verscharrte Fleisch war unberührt, also bestand die Chance, dass die Wölfe noch einmal zurückkehrten. Er legte die Fußangeln erneut aus, brachte den toten Wolf dann zur Mine und warf ihn den Schacht hinunter zu den anderen. Drei tot, blieben noch fünf.
Das war vor zwei Tagen gewesen. Seither hatte er morgens und abends die Fußangeln kontrolliert, sie aber stets leer vorgefunden. Inzwischen war die Stelle durch seine Witterung verdorben, und es wurde Zeit, die Angeln abzubauen. Er wollte dies gerade erledigen, als er die Musik hörte.
Er blieb stehen, und im selben Augenblick hörte er den Wolf bellen und gleich darauf sein lautes Heulen. Das war ein recht ungewöhnliches
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