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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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Martin plötzlich zum Elektrobastler. Der Mückenschreck in der Steckdose hatte mich noch eher amüsiert
     als verärgert, aber jetzt war ich wirklich besorgt. Was, wenn Martin eine Geisterabwehr fand? Sein siegessicheres Grinsen
     jedenfalls ließ mich das Schlimmste vermuten.
    |106| Das Grinsen verging ihm aber bald, als ich die Entfernung testete, in der diese seltsame verdrahtete Metallplatte wirkte.
     Ich musste schon direkt daran vorbeifliegen, damit Martins Lämpchen brannte. Also düste ich nur so zum Spaß ungefähr fünfzig
     Mal von der Wohnungstür zur Wohnzimmertür und wieder zurück – knapp über dem Fußboden. Nichts tat sich. Kein Flackern, kein
     Blinken, schon gar keine Sirene. Martins Grinsen verschwand, er griff wieder zu seinem Buch und versenkte sich in die Lektüre.
    Endlich kam Birgit. Sie brachte wenigstens etwas Action in diese Bude. Manchmal fragte ich mich, ob Martin den Anschlag wirklich
     lebend überstanden hatte, so lang konnte er still sitzen und lesen. Oder so tun, als lese er. Birgit hingegen war eindeutig
     lebendig.
    »Du, ich habe heute etwas ganz Aufregendes gemacht«, begrüßte sie Martin. Ihre blauen Augen leuchteten, und sie zappelte aufgeregt
     von einem Fuß auf den anderen. »Oh«, sagte Martin langsam und misstrauisch. »Was denn?«
    Mir schien, dass er von Aufregungen fürs Erste genug hatte. Da würde ich ihn sicherlich in Kürze wieder enttäuschen müssen,
     immerhin waren wir mitten in den Ermittlungen eines Mordfalles! Aber jetzt war erst mal Birgit dran.
    »Ich habe mich in der Kantine zu den Kollegen aus der Kreditabteilung gesetzt«, begann sie und machte eine bedeutungsschwere
     Pause. Martin hat von Bankgeschäften so viel Ahnung wie ich von Einsteins Relativitätstheorie. Dafür kapiert er vermutlich
     dieses Relativitätsdings, von dem ich nur Bahnhof verstehe. Was ich damit sagen will, ist, dass Martin in theoretischen Wissenschaften
     ziemlich helle, als Normalmitglied einer zivilisierten Gesellschaft aber eine totale |107| Fehlbesetzung ist. Seine Bankgeschäfte bestehen daraus, dass er regelmäßig kleinere Summen Bargeld von seinem Girokonto abhebt,
     das durch die Gehaltsüberweisungen regelmäßig aufgefüllt wird. Überschüsse gehen auf ein Sparbuch. Ja, Sparbuch. Diese Dinger,
     die man im vergangenen Jahrtausend zur Kommunion oder Konfirmation oder anlässlich Omas Einweisung ins Altersheim zwecks Sicherstellung
     des Familienvermögens geschenkt bekam. Martin jedenfalls misstraut allem anderen. Na gut, inzwischen wünschen sich viele Anleger,
     sie hätten sich auch auf ihr Sparbuch verlassen, anstatt irgendwelche Anteile an Schulden in Amerika zu kaufen, aber Martin
     hatte noch nie etwas anderes besessen als ein Sparbuch. Nicht einmal P S-Spar -Lose.
    Martin jedenfalls konnte sich unter Birgits Andeutung mit der Kreditabteilung absolut nichts vorstellen und sah daher immer
     noch eher misstrauisch als interessiert aus. »Die Kollegen verwalten das Konto des Ordens der Liebevollen Schwestern der Heiligen
     Maria von Magdala.« »Aha.«
    Martin erweckte tatsächlich den Eindruck, als wache er langsam aus seiner Salamanderstarre auf. »Ich habe sie auf den Verdacht
     angesprochen, den die Zeitung geäußert hat. Du weißt schon. Dass die Nonnen ihr Kloster selbst angesteckt haben, weil sie
     in finanziellen Schwierigkeiten stecken und die Versicherungsprämie kassieren wollen.«
    Martin nickte heftig. Er war jetzt voll und ganz dabei und hing an Birgits Lippen. Natürlich nur bildlich gesprochen.
    »Der Kollege sagt, dass dem Kloster letztes Jahr das Wasser bis zum Hals stand und die Immobilienabteilung den Auftrag hatte,
     einen Käufer zu suchen.« »Für das ganze Kloster?«, fragte Martin erstaunt.
    |108| Birgit lachte. »Du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, wie viele Kirchen inzwischen verkauft werden.« »Der Dom auch?«,
     fragte ich dazwischen. »Das wär doch mal ’ne geile Disco!«
    Martin überging geflissentlich meinen Einwand. »Anfang des Jahres meldete sich ein Makler, der im Kundenauftrag kaufen wollte.
     Der Kaufvertrag lag schon unterschriftsbereit beim Notar, als das Kloster eine Erbschaft machte.«
    Richtig, das hatte Marlene mir erzählt. Der liebe Gott hatte eins seiner Schäfchen an den Hinterläufen aufgehängt und dessen
     Kohle an das Kloster vercheckt. »Wie viel?«, fragte Martin. Da kam wieder der Naturwissenschaftler in ihm durch. Daten, Zahlen,
     Fakten, das war sein Ding. »Zweieinhalb Millionen«, sagte

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