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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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zwischen der Oberin und dem Baumeister folgen. »…   wäre es auf jeden Fall sinnvoll, nach dem Dach die Säulen des Kreuzgangs zu sanieren«, sagte Baumeister.
    Die Oberin winkte ab. »Die Säulen sind reine Kosmetik und daher für uns nicht so wichtig«, entgegnete sie. »Wichtig wäre nur
     der Erhalt der Statik. Eventuell kann man die aber preiswerter mit Betonstützen sicherstellen, oder?«
    Baumeister starrte sie entsetzt an und öffnete den Mund, um etwas zu sagen. »Aber zunächst«, fuhr die Oberin fort, ohne ihn
     zu Wort kommen zu lassen, »müssten wir noch mal über den Plan für das Dach reden. Nach Ihrer Zeichnung werden die Gauben und
     Türmchen alle erhalten und genauso wiederhergestellt, wie sie einmal waren. Das können wir uns nicht leisten.«
    »Es ist aber wichtig für den Werterhalt«, dozierte Baumeister. »Genau wie die Säulen. Ich habe nochmals Kontakt mit dem Denkmalamt
     aufgenommen.« Die Oberin winkte ab. »Aber das hatten wir doch schon versucht. Der Sachbearbeiter hat uns mitgeteilt, dass
     durch die Veränderungen nach dem Krieg ein Denkmalschutz nicht mehr in Frage kommt.«
    Baumeister hob die rechte Hand und wedelte wichtigtuerisch mit dem Zeigefinger vor der Nase der Oberin herum. »Ja, aber ich
     habe zwei Beispiele gefunden, in denen |104| ein Kloster trotz derartiger Veränderungen den Denkmalstatus erhielt und daher auch Anspruch auf die öffentlichen Zuschüsse
     hatte. Wenn Sie das Dach jetzt ohne die Türmchen und Gauben neu machen lassen, ist diese Chance aber für immer verloren.«
    Die Oberin seufzte. »Na gut, dann lassen wir die Entscheidung über das Dach und die Säulen noch ein paar Tage offen. Aber
     spätestens Mitte Mai möchte ich Ihnen den Auftrag erteilen. Wenn Sie bis dahin mit der Denkmalbehörde nicht weitergekommen
     sind, dann wird die einfache Ausführung gemacht.«
    Baumeister deutete eine Verbeugung an. »Siehst du?«, sagte Marlene mit inzwischen wieder gefasster Stimme. »Die Oberin weiß,
     was sie will. Sie hat mit Baumeister schon häufig harte Diskussionen ausgefochten.«
    Eigentlich hätte ich gedacht, es sei logisch, dass derjenige, der den Handwerker bezahlt, auch bestimmt, was gemacht wird.
     Das schien jedoch in dieser Branche nicht der Fall zu sein. Nun war es mir allerdings egal, ob die Nonnen ihr Dach mit oder
     ohne Gauben, Türmchen oder sonstigem Blödsinn decken ließen, daher verfolgte ich das Thema nicht weiter. Und zum Thema Denkmalschutz
     ist, seitdem stillgelegte Zechen und kotzhässliche Bausünden aus den Fünfzigerjahren dazugehören, sowieso nichts mehr zu sagen.
     
    Da für Marlene und ihre Schwestern ein neuer Betzirkus begann, schaltete ich mich weg und schaute nach, was Martin so trieb.
     Er hatte sich offensichtlich genug ausgeruht und hockte wieder in seinem Sessel und las. Als ich durch den Flur auf ihn zu
     schwebte, flackerte das Deckenlicht. Außerdem leuchtete ein kleines rotes Lämpchen an einem Kästchen neben seinem Sessel.
     Martin sah auf.
    |105| »Hallo, Pascha«, dachte er. »Na, alles klar?« Er benahm sich so auffällig unauffällig, dass ich mich fragte, was er jetzt
     wieder im Schilde führte. Der Mückentoaster jedenfalls war verschwunden. Stattdessen bemerkte ich einen neuen Spiegel im Flur.
     Einen Metallspiegel. Der ungefähr fünfzig Zentimeter unter der Decke hing. Viel zu hoch für Martin. Und halb blind. Und mit
     zwei Kabeln versehen, die zu der Steckdose neben der Wohnzimmertür führten. Moderne Kunst? Im Flur unter der Decke und in
     einer Wohnung, deren Wände ansonsten mit alten Stadtplänen gepflastert waren? Ich ging näher heran. Das Deckenlicht flackerte
     stärker, die Lampe neben Martins Sessel brannte durchgehend, ein Alarmpiepen setzte ein. Ich zog mich von dem Spiegel zurück,
     das Piepen hörte auf.
    »Was ist das?«, fragte ich entsetzt. »Ein kapazitiver Feldänderungsmelder«, sagte Martin. Meine geistigen Hirnwindungen gerieten
     in Aufruhr. »Du hast wohl im Physikunterricht nicht so gut aufgepasst, was?«, fragte Martin. Ich fand, es klang ein klein
     wenig gehässig.
    Physikunterricht? Klar hatte ich da aufgepasst. Allerdings mehr bei den Themen, die irgendwie mit Autos zu tun haben. Mit
     Leistung, Geschwindigkeit und Kraft. Beschleunigung. Verbrennungsmotoren. Richtige Physik eben. Feldänderung hingegen hörte
     sich verdächtig nach Elektrik an. Zeug, das man nicht sehen kann. Da hatte ich mich mental weggeschaltet. Das war etwas für
     Spinner. Und jetzt wurde

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