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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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»Hallo, Pascha. Ich versuche, mich zu erinnern.« Ich empfing Wellen
     von Scham. Nun war es ihr also doch peinlich, dass sie zu den Ermittlungen nichts beitragen konnte, obwohl sie nicht nur am
     Ort, sondern quasi im Zentrum des Geschehens gewesen war. Zunächst in ihrer irdischen Existenzform, aber dann als freier Geist,
     der einen Blick in die Umgebung hätte werfen können, um den Schuldigen zu sehen, der die Türen abgeschlossen und damit ihre
     Fluchtwege versperrt hatte.
    Mit solchen Selbstvorwürfen hatte ich bei meinem Tod auch zu kämpfen. Jemand hatte mich von der Brücke geschubst, aber ich
     war nicht in der Lage gewesen, den Täter zu nennen. Obwohl man hätte meinen sollen, dass |112| ich mich in dem Moment, in dem mein Geist den Körper verließ, als Erstes nach dem Mörder umgeschaut hätte. Habe ich aber nicht.
    »Mach dir keine Vorwürfe«, sagte ich daher gönnerhaft. »Mit der Geistes-Gegenwart«, ich fand die Formulierung super, selbst
     Marlene zeigte einen leichten Anflug von Erheiterung, »ist es im Augenblick des Todes nicht so weit her.«
    Sie schickte mir Dankeswellen, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte ich mich gut, weil ich etwas Gutes getan und Dank
     dafür bekommen hatte. Scharfes Gefühl. Echt.
    »Du bist schon in Ordnung«, sagte Marlene, die meine Gefühle offenbar deutlicher empfand, als mir recht war. »Ja, ja«, wiegelte
     ich ab. Voll peino. Da hatte ich jahrelang an meinem harten Image gearbeitet und dann das. Ich wurde ein Weichbrot, ich sagte
     es ja schon. Das Herumhängen in diesen heiligen Hallen versaut einen Kerl total. Ich musste mich unbedingt ablenken und warf
     einen schnellen Rundumblick in den Anbau.
    »Hat die Polizei die Versiegelung des Tatorts eigentlich inzwischen aufgehoben?«, fragte ich. »Ja. Aber die Arbeiten im Anbau
     ruhen, bis mit der Versicherung alles geregelt und entschieden ist, ob der Anbau neu gedeckt oder abgerissen wird«, sagte
     Marlene. Aha.
    »Der Rest der Arbeiten geht weiter. Die Trockenlegung der Fundamente   …« Gut zu wissen, wenn man sich für die Sanierung mittelalterlicher Klöster interessiert. Was ich nicht tat. Mich interessierten
     Brandstiftung und Mord. »Sind eigentlich noch Bullen vor Ort, die deine Schwestern befragen? Schaut gelegentlich mal ein Staatsbeamter
     hier nach dem Rechten?«, unterbrach ich sie.
    |113| Marlene seufzte. »Ich glaube, die Polizei hat inzwischen andere Prioritäten.« Ganz übel, dachte ich, was Marlene leider sofort
     mitbekam. »Wieso?« Ich erzählte ihr von meinem Privatermittler, der gerade das Handtuch geschmissen hatte. Marlene seufzte
     wieder. »Ich glaube, ich werde für eine schnelle Lösung des Falls ein paar Rosenkränze beten.«
    »Sei mir nicht böse, aber ich finde, wir sollten stattdessen unser Glück noch mal bei deiner Schwester Martha versuchen. Wenn
     sie jemanden gesehen hat, müssen wir das herausbekommen! Beten kannst du nachher immer noch.«
    Marlene war sofort einverstanden. Wir düsten zum Krankenhaus. Ganz vorsichtig schlichen wir uns in den Intensivtrakt und vor
     das Fenster zu Marthas Zimmer. »Lass mich erst mal allein versuchen«, flüsterte ich Marlene zu.
    Ich spürte, dass es ihr schwerfiel, aber dann stimmte sie doch zu. Immerhin hatte ich die größere Erfahrung. Ganz vorsichtig
     und immer mit einem Seitenblick zu den Monitoren über dem Krankenbett näherte ich mich der Mumie.
    »Martha?«, dachte ich ganz vorsichtig. Keine Reaktion.
    »Martha, deine Schwester Marlene ist auch hier. Direkt vor der Glasscheibe da. Du kannst sie vielleicht spüren.« Keine Reaktion.
    »Also Martha, wir bräuchten echt dringend deine Hilfe. Marlene ist im Feuer gestorben, das weißt du ja vielleicht. Und zwar,
     weil der Brandstifter die Türen verriegelt hat, so dass sie nicht mehr herauskam. Du hast vermutlich an der Tür gerüttelt
     und sie nicht öffnen können.«
    |114| Keine Reaktion, nicht einmal der Hauch einer Zustimmung.
    »Wir könnten uns vorstellen, dass du den Brandstifter gesehen hast, denn er muss ganz in der Nähe gewesen sein, als du versucht
     hast, Marlene zu retten.« Keine Reaktion.
    Ich spürte, dass Marlene ins Zimmer kam. Ihr grenzenloses Mitleid und ihre Traurigkeit über die Situation ihrer Ordensschwester
     durchwehten die abgestandene Luft. Einer der Ausschläge auf einem der Monitore begann zu flackern.
    »Vorsicht«, zischte ich ihr zu. »Martha, meine Liebe, wir machen uns Sorgen, dass der Brandstifter noch einmal zuschlägt,
    

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