Im Kühlfach nebenan
Physik- und Elektrotechnikbüchern, die neben seinem Sessel lagen. »Das erkläre
ich dir ein anderes Mal«, murmelte Martin.
»Ja, gern«, sagte Birgit. Sie wirkte immer noch leicht verunsichert. »Und, hast du dir überlegt, was du heute Abend gern machen
würdest?« »Das ist die Gelegenheit«, rief ich Martin zu. »Also, es gibt da eine Veranstaltung von Germania Voran«, sagte Martin
zögerlich. »Was, da willst du hin?«, fragte Birgit entsetzt. Martin nickte unglücklich. »Also, das hätte ich ja nicht von
dir gedacht.« »Sag ihr den Grund«, half ich Martin auf die Sprünge. »Diese Partei ist, ebenso wie die Kleingärtner, ein Gegner
der Obdachlosenunterkunft im Kloster.«
|135| »Ach so«, sagte Birgit erleichtert. »Du hast also die Ermittlungen doch noch nicht so ganz drangegeben.« Martin nickte. Er
sah genauso unglücklich dabei aus wie eben.
»Das finde ich gut. Es wäre schrecklich, wenn der Brandstifter noch einmal zuschlagen würde. Dann müssten wir uns Vorwürfe
machen, dass wir nichts unternommen haben.«
Martin schüttelte den Kopf. »Nein. Eigentlich ist das Sache der Polizei. Die Kripo ist auch gar nicht glücklich darüber, wenn
Privatleute sich einmischen.« Birgit zuckte die Schultern. »Wenn die Kripo heute Abend bei der Veranstaltung ist, können wir
ja wieder verschwinden.«
»Bravo«, rief ich laut. Die Tussi sieht nicht nur gut aus, sie hat auch unter dem Engelshaar so einige Birnen am brennen.
Und sie ist praktisch veranlagt. Und gut gebaut. »Pascha!«, brüllte Martin mich gedanklich an.
»Warum guckst du denn so böse?«, fragte Birgit verunsichert.
»Äh, wie? Böse?«, stammelte Martin. »Nein, nichts. Es ist nur, weil ich an diese braunen Aufpeitscher denke. Da geht mir schon
vorher der Hut hoch.« Martin und Birgit wollten vor der Veranstaltung mal etwas essen gehen. Ich folgte den beiden bis zum
»Veggie Paradise«, ging aber nicht mit hinein, sondern wartete an der Pommesbude gegenüber, bis die beiden ihren Hunger mit
dem gedünsteten Rasenschnitt gestillt hatten, und begleitete sie dann bis zur Kleingartenanlage in Mariental. Ich unterstelle
niemandem etwas Böses, jedenfalls nicht allzu häufig, aber ich wollte sicher sein, dass die beiden auch da ankamen, wo ich
sie haben wollte. Sie kamen.
Die Kleingartenanlage »Am Magdalenenkloster e. V.« war angelegt wie ein Klostergarten. Die außen herumführende |136| Hecke bestand aus zwei Teilen, die im Abstand von drei Metern parallel zueinander verliefen und so geschnitten waren, dass
sie sich oben in der Mitte trafen und einen Tunnel bildeten. Die innere der beiden Hecken war allerdings unterbrochen. Es
sollte den Kreuzgang des Klosters imitieren, erklärte mir Marlene, die ich vereinbarungsgemäß getroffen hatte. Ich konnte
in der Dunkelheit nichts anderes als furchtbar viel Grün erkennen, aber ich kapierte, was sie mir damit sagen wollte. Die
Gartenzwerge mochten das Kloster. Zumindest hatten sie es 1952 gemocht, als sie die Kleingärten anlegten und sich mit Namen
und Pflanzplan dem Kloster verbrüderten.
»Sie bringen uns immer noch jede Woche frische Blumen für die Kirche«, klärte Marlene mich auf. »Haben sie zu diesem Zweck
einen Schlüssel?«, fragte ich.
»Keine Ahnung.« Ich verdrehte die Augen. Dieses Kloster schien mir ein echter Chaoshaufen zu sein. »Das stimmt nicht«, entgegnete
Marlene. »Bei uns ist jede Schwester für etwas anderes zuständig und in ihrem eigenen Bereich weiß jede Bescheid. Für den
Kirchenschmuck ist Schwester Hildegard zuständig, sie wird wissen, ob die Kleingärtner die Blumen nur in die Kirche stellen
oder ob sie einen Schlüssel für die Sakristei haben.«
»Das sollten wir auf jeden Fall klären«, hielt ich fest. »Immerhin war das Seil der Glocke durchgeschnitten und das Holz war
mit dem Öl des ewigen Lichts getränkt. Wer also einen Schlüssel zur Sakristei hat, könnte das Öl geklaut und das Seil zerschnitten
haben.«
Ich konnte spüren, dass Marlene den Kleingärtnern die Brandstiftung nicht zutraute, aber sie hatte eindeutig ein sehr verzerrtes
Menschenbild, daher gab ich nichts darauf.
|137| Mochte bei den Kleingärtnern die Liebe zum Kloster oder einer blumengeschmückten Kirche noch vorhanden sein, so schloss diese
große Liebe die Penner jedenfalls nicht mit ein.
Die Verbotsschilder sprachen eine deutliche Sprache: »Hausieren verboten«, »Zutritt für Nicht-Mitglieder verboten«, »Campieren
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