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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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starb?«
    Martin schüttelte den Kopf. »Woher will dann jemand wissen, was in der Nacht bei dem Brand abgelaufen ist?« Die beiden standen
     sich gegenüber und starrten einander wortlos an.
    »Mensch, Katrin«, sagte Martin endlich. »Du weißt doch,   …«
    »Nein«, sagte Katrin. »Weiß ich nicht.« »
Bitte
!«, schrie Martin in Gedanken. »Aber«, Katrin lächelte und legte Martin eine Hand auf den Arm, »wenn ich es recht bedenke,
     ist es richtig, dass du alle Möglichkeiten in dem Bericht erwähnst.« Martin empfand eine gewisse Dankbarkeit, wenn auch keine
     durchgreifende Erleichterung. Dasselbe Problem wie bei Gregor. Drei Leute wussten etwas und zwei weigerten sich, das zu akzeptieren.
     Damit ist der Dritte ziemlich verstrahlt.
    »Okay. Können wir dann weitermachen?« Der Rest der Obduktion brachte keine weiteren Erkenntnisse für den Fall, nur einige
     Befunde, die nichts mit ihrem Tod zu tun hatten. Marthas linker Wangenknochen war mehrfach gebrochen und schlecht verheilt, |126| ihr fehlten einige Zähne, die durch eine Brücke ersetzt worden waren, und in ihren Armen und Handgelenken steckten mehr Nägel
     und Schrauben als im Werkzeugkasten eines durchschnittlichen Heimwerkers. Ach ja, ein paar schlecht verheilte Rippenbrüche
     gab es auch noch. Martin kommentierte die Art der Verletzungen nicht, erwähnte nur, dass sie einige Jahre alt seien.
    »Autounfall?«, fragte ich dazwischen, um mal wieder ein bisschen anzugeben, wie viel ich bereits gelernt hatte. Rippenbrüche
     von der unteren Hälfte des Lenkrads, Handgelenk vom Festhalten des Lenkrads, linke Gesichtshälfte vom vorderen Tragholm. Klassisches
     Muster bei Wagen ohne Airbag.
    »Nein«, antwortete Martin überraschend. Und überraschend einsilbig. »Was dann?«
    Er schwieg. Und bemühte sich, nichts zu denken. »Mensch, Martin, ich will doch was dazulernen. Also los, raus mit der Sprache.
     Ist sie unter die Dampfwalze gekommen?«
    Er schwieg beharrlich. »Marlene, weißt du, woher die Verletzungen stammen?«, fragte ich. »Gegrüßet seist du Maria, voll der
     Gnade   …« Das hatte mir jetzt noch gefehlt. Hier lag die in feine Streifchen filetierte Ordensschwester auf dem Edelstahltisch und
     Marlene fing wieder das Beten an. »Was ist denn los mit euch beiden?«, fragte ich genervt. »Auch Tote haben eine Würde und
     das Recht auf informationelle Selbstbestimmung«, dozierte Martin. Dass er den Angehörigen der autoerotischen Unfälle nicht
     auf die Nase band, in welchem Erregungszustand der Kerl verschieden war, konnte ich ja nachvollziehen, aber was hätte es geschadet,
     mir zu erzählen, auf welche |127| Art Marthas Verletzungen entstanden waren? Es wäre ja auch nur zu Lehrzwecken gewesen. Aber nein, stattdessen waren Martin
     und Marlene sich einig, obwohl sie sich nicht absprechen konnten. Super. Wenn sich jetzt die zwei Seelen, zu denen ich Kontakt
     aufnehmen konnte, gemeinsam gegen mich verbündeten, nahm mein sozial etwas einseitiges Leben noch eine weitere Steilkurve.
     Solche Entwicklungen muss man im Keim ersticken.
    Ich schwor Rache. Die Gelegenheit kam natürlich im Anschluss an die Obduktion. Martin nahm Katrins Diktiergerät entgegen,
     schloss es an seinen Computer an und überspielte den Text in seine Spracherkennungssoftware. Er korrigierte einige Verständnisfehler,
     die auch bei ihm auftauchen, aber besonders zahlreich sind, wenn das Programm eine andere Stimme verstehen soll. Dann setzte
     er das drahtlose Headset auf und füllte die diversen Formulare aus, die zu einem Obduktionsbericht gehören.
    Das Deckblatt verlangte den Namen des Opfers, seine persönlichen Daten und die Angaben zu Auftraggeber und Umfang der vorgenommenen
     Untersuchungen. Martin diktierte »Astrid Kammschneider, Ordensfrau der Liebevollen Schwestern der Heiligen Maria von Magdala,
     Ordensname Martha.« Er nannte Geburts- und Todesdatum, letzte bekannte Adresse, Kennnummer. Auftraggeber der Untersuchung:
     Staatsanwaltschaft Köln.
    Der Umfang der vorgenommenen Untersuchungen wurde anhand einer Liste angekreuzt. Sektion der Leiche, Kreuzchen. Toxikologische
     Untersuchung, kein Kreuzchen. Genanalyse, kein Kreuzchen. Sonstige Untersuchungen: Martin diktierte »keine«.
    »Ah, Herr Gänsewein«, rief der Chef durch das Büro. »Wie war die Sektion? Haben Sie das lange Stehen am Sektionstisch gut
     überstanden?«
    |128| Martins Blick verließ den Bildschirm, er bestätigte dem Chef, dass alles in Ordnung sei, er sich fit fühle

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