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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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von dem Autoschrauber.
     Der geklaute Wagen bleibt irgendwo auf der Welt im Verkehr und benötigt Ersatzteile, die wiederum für Arbeitsplätze sorgen.
     Das ist Kreislaufwirtschaft.«
    Marlene hüstelte. »Eigentlich wollte ich mit dir aber über etwas anderes reden.« Mit Tussen, die auch noch Nonnen sind, kann
     man keine vernünftigen Gespräche führen. Über Autos. Oder Sex. »Heute Abend ist eine Wahlveranstaltung von Germania Voran.«
    |132| Ich erinnerte mich dunkel, den Namen schon einmal gehört zu haben.
    »Das ist diese rechtspopulistische Partei, die zur Kommunalwahl kandidiert und laut Meinungsumfragen bis zu zehn Prozent bekommt.«
     Nanu! Marlene war total informiert über das Geschehen außerhalb ihres Klosters? Das wunderte mich doch sehr.
    »Und jetzt darfst du noch raten, wo diese Wahlkampfveranstaltung stattfindet.« Ich hasse raten. Sie bestand nicht darauf.
     »Bei den Kleingärtnern.« »Oho«, erwiderte ich, jetzt sehr interessiert. »Bildet sich da etwa eine Interessengemeinschaft?«
    »Es sieht ganz so aus«, sagte Marlene. Sie seufzte. »Meine Ordensschwestern sind zwar von dem Brand und den beiden Todesfällen
     schockiert, aber sie gehen langsam wieder zur Tagesordnung über. Dabei sind sie immer noch in Gefahr, oder?«
    Ich nickte.
    »Wir sollten also auf jeden Fall weiter an der Sache dranbleiben.«
    Ich nickte wieder. »Und Martin muss heute Abend zu der Versammlung gehen«, sagte ich. »Aber er will doch mit all dem nichts
     mehr zu tun haben«, sagte Marlene enttäuscht. »Ich werde ihn schon zu überreden wissen«, entgegnete ich grimmig.
    Wir verabredeten uns für zwanzig nach sieben am Kleingartenverein, dann düste ich zu Martin.
     
    Auf dem Weg durch Martins Diele brachte ich wieder das Licht zum Flackern und ein Blick an die Wände zeigte mir auch gleich
     den Grund dafür. Statt des einen seltsamen |133| Metallspiegels unter der Decke hatte Martin jetzt beide Wände auf einer Länge von ungefähr einem Meter vom Boden bis zur Decke
     mit einem Metallband versehen. Flog ich durch dieses »Tor«, flackerte das Licht. Wie hatte er das Ding noch mal genannt?
    »Kapazitiver Feldänderungsmelder«, rief Martin herüber.
    Aha, danke sehr.
    Er saß in seinem Sessel und trug eine Mütze auf dem Kopf, wie meine bezopfte Cousine sie zuletzt im Alter von ungefähr fünf
     Jahren getragen hatte. Farbe: quietschrosa. Material: vermutlich Angora. Schnitt: mit Ohrenklappen. Und Bindebändchen unter
     dem Kinn.
    Nach einer Schrecksekunde brüllte ich los vor Lachen. »Warte nur«, dachte Martin. Dann nahm er eine Plastiktüte, stülpte sie
     sich über die Hand und rieb wie ein Irrer auf der Mütze herum. Der Pelz nahm statische Ladung auf und jedes einzelne Härchen
     stellte sich auf. »Na, -as -agst -u -etz-?«, dachte Martin.
    Erst mal sagte ich gar nichts, weil ich mich immer noch ausschüttete vor Lachen. Aber irgendwann hatte ich mich so weit beruhigt,
     dass ich der seltsamen Kreatur aus den Weiten des Weltalls antworten konnte. »Wenn du dir jetzt auch noch den vorderen Teil
     des Schädels mit einem Photonenschirm verdunkelst, könnte der Plan Erfolg haben«, schlug ich vor. Den Photonenschirm musste
     ich meiner Lektorin übrigens erst mal erklären. Die hat wohl nie ›Raumschiff Enterprise‹ gesehen   …
    Martin zuckte die Schultern. »Das Lachen wird dir schon noch vergehen.« Das konnte ich mir momentan nicht vorstellen, aber
     da ich ihn überreden wollte, abends dem Aufmarsch der Germanisten bei den Gartenzwergen beizuwohnen, hielt ich mich mühsam
     zurück.
    |134| »Marlene fragt, ob du bereit wärst, heute Abend eine Wahlkampfveranstaltung dieser rechten Brut zu besuchen, die gegen das
     Kloster Stunk macht«, begann ich. »Nein, ich bin mit Birgit verabredet.« »Du kannst sie mitbringen.« »Nein.«
    »Martin, bitte! Die Nonnen sind immer noch in Gefahr, aber die Polizei tut so gut wie nichts mehr und du kannst sie nicht
     auch noch im Stich lassen.« »Kann ich wohl«, sagte Martin, aber ich konnte spüren, dass ihm nicht wohl dabei war. Er ist nun
     mal ein Gutmensch, daran gibt es keinen Zweifel. Zwar ein genervter Gutmensch, aber trotzdem einer.
    Birgits Ankunft unterbrach unser nettes Geplänkel. »Ist dir kalt?«, fragte sie nach einer Schrecksekunde. Martin riss sich
     die Mütze vom Kopf. »Äh, nein, also, ich mache ein paar physikalische Experimente.« »Aha.« Birgits Blick glitt von dem Metalltor
     in der Diele über Martins Mütze zu dem Stapel an

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