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Im Kühlfach nebenan

Titel: Im Kühlfach nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Profijt
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und es keine Probleme
     gegeben habe. Inzwischen war der Chef um den Schreibtisch herumgekommen und warf einen Blick auf den Bildschirm.
    »Oh«, sagte er mit einem Gesichtsausdruck, der sich offenbar nicht zwischen Belustigung und Entsetzen entscheiden konnte.
     »Da ist Ihnen aber ein kleiner Fehler unterlaufen.«
    In der entsprechenden Zeile waren aus den Liebevollen Schwestern wieder die Liebestollen Schwestern der Heiligen Maria von
     Magdala geworden, die Untersuchung war angeordnet von der Schafsanwaldschaft Köln und die Kennnummer lautete xyz0815.
    »Was soll das?«, zischte Martin mir in Gedanken zu. »Woher hat Martha die Verletzungen?«, zischte ich zurück.
    Martin hämmerte auf der Tastatur herum, änderte Liebestoll in Liebevoll, ich änderte es wieder zurück. »Nanu«, sagte der Chef,
     »was passiert denn da in Ihrem Computer?« Martin riss sich das Headset vom Kopf und schaltete es aus. »Manchmal gibt es seltsame
     Interferenzen, dann funktioniert das Programm nicht richtig«, stammelte er, während er auf der Tastatur die Korrekturen ausführte.
    »Die Verletzungen«, erinnerte ich ihn. »Prügel«, murmelte Martin. »Was sagten Sie?«, fragte der Chef. »Äh, Bügel. Ein Freund
     sagte, es könne ein Kabelbruch im Mikrofonbügel sein, das muss ich überprüfen lassen.« »Ach so«, sagte der Chef. Der Blick,
     den er Martin zuwarf, war nachdenklich. Oder besorgt. Oder beides. »Muten Sie sich für den Anfang nicht zu viel zu.« Er legte
     Martin kurz die Hand auf die Schulter. »Es ist kein Zeichen
    |129| von Schwäche, wenn Sie sich noch etwas schonen. Eher von Vernunft.«
    Martin nickte.
    »Und geben Sie mir den Bericht, wenn Sie ihn fertig haben.«
    Martin nickte wieder. »Warum tust du mir das an?«, fragte er mich in Gedanken, sobald der Chef das Büro verlassen hatte. Okay,
     es war keine Frage, es war ein Vorwurf. »Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?«
    Seine Frage war wohl das, was man eine rhetorische Frage nennt, denn er kannte die Antwort so gut wie ich.

|130| sieben
    Ich hatte das Rechtsmedizinische Institut verlassen, nachdem Martin mich so rüde abserviert hatte, und war nach Mariental
     gedüst. Natürlich fand gerade wieder irgendeine Andacht in der Klosterkirche statt und der ganze Betverein zwitscherte und
     rezitierte Lobgesänge auf Gottvater, seinen Sohn und dessen Mutter. Eine Patchworkfamilie, wie es sie auch heute zu Hunderttausenden
     gibt. Von Joseph, dem armen Kerl, hat man nie wieder etwas gehört, oder? In den ganzen Gebeten, die ich mir in den letzten
     Tagen angehört hatte, taucht er jedenfalls nie auf. Dafür aber alle möglichen Heiligen, die ständig für uns bitten und beten
     sollen. Für mich betete niemand. Ich hätte auch nicht gewusst, ob das eine gute Idee wäre.
    »Hallo, Gott, jetzt bitten die für den Pascha.« »Pascha? Wer ist das denn?« »Äh, ich glaube, der hat Autos geklaut.« An dieser
     Stelle war ich mir unsicher, wie es weiterginge. Ob der liebe Gott ein echter Mann war und eine Bemerkung machen würde wie:
     »Ja, mir wäre auch ein Porsche mit breiten Schluppen und guter Straßenlage lieber als diese langweiligen Wolken«, oder ob
     er sagen würde: »Ein Autodieb? Er soll in der Hölle Fahrradketten fetten!«
    |131| »Er würde dir verzeihen, wenn du bereust«, sagte Marlene plötzlich direkt neben mir. Mein Gott, hat die mich erschreckt. »Aber
     du bereust nicht, oder?« Erwischt! Okay, ich weiß, dass Diebstahl gegen das Gesetz ist.
    »Und gegen das siebte Gebot«, ergänzte Marlene. Von mir aus auch das. Aber die Karren, die ich geklaut hatte, die waren bis
     an die Dachreling versichert. Da ist im Grunde kein Schaden entstanden. »Na, also hör mal«, begann Marlene leicht entrüstet.
     »Nee, nee«, unterbrach ich sie. »In echt. Unsere Wirtschaft funktioniert mit Autodiebstahl viel besser.« Hätte sie Augen gehabt,
     hätte sie mich mit weit hervorstehenden Glubschlinsen verständnislos angeglotzt. »Pass auf: Ein Mann kauft sich ein Auto.
     Er versichert es gegen Diebstahl. Wenn das Auto nicht geklaut wird, ist damit die Wertschöpfung zu Ende.« Marlene nickte,
     wenn auch etwas widerwillig. »Stattdessen wird das Auto geklaut. Die Versicherung muss den Fall abwickeln, dazu braucht sie
     Personal, das sie bezahlt und sozialversichert. Der Mann bekommt das Geld von der Versicherung, das läuft über eine Bank,
     die Personal bezahlt und sozialversichert. Er kauft sich ein neues Auto. Das erhält den Arbeitsplatz

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