Im Labyrinth der Abwehr
Anweisung seines Bruders Willi Schwarzkopf ermordet worden. Getötet hatte ihn Funk, wobei Oskar Papke mitgewirkt hatte, wie er bei seiner Festnahme an der sowjetischen Grenze schriftlich ausgesagt hatte. Seine Aussage befand sich ebenfalls in dem Weiß zugegangenen Schreiben.
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Subows Haus entwickelte sich allmählich zu einem guten konspirativen Treff. Brigitte Weintling glaubte Subow widerspruchslos alles. Er erzählte ihr, daß er bei einem Geheimdienst mitarbeite und deshalb gezwungen sei, sich im Interesse des Reiches öfter von Hause zu entfernen. Dennoch erzog Subow anscheinend seine „Gattin" in einem Geist, der weit davon entfernt war, ein faschistischer zu sein. So hatte ihr Subow geraten, Russisch zu lernen, angeblich deshalb, damit es ihr leichter fallen würde, sich mit den Dienstboten, die sich aus Kriegsgefangenen rekrutierten, zu verständigen.
Johann beunruhigte die Unvorsichtigkeit Subows, die Gefahr, in die er sich damit brachte. Und dennoch war ihm dieser Mensch teurer denn je geworden.
Er erinnerte sich, wie Subow, der kaltblütig auf seine nächtlichen Unternehmungen ging, ihm unbekümmert erzählt hatte:
„Wir hatten uns, bevor wir die Geschützreparaturwerkstatt sprengen wollten, ein wenig dort umgetan. Ich hatte beobachtet, wie die deutschen Arbeiter an den Vertikalbohrmaschinen arbeiteten. Das waren ein paar Hände. Reinste Virtuosen! Und verstehst du, wir mußten deshalb den ganzen Plan noch einmal umarbeiten: Wir mußten so sprengen, daß keiner von den Leuten zu Schaden kam, also zwischen den Schichten, obwohl wir uns in eine schwierige Lage gebracht haben: Wir kamen kaum noch fort. Ptasek hat es ein Stück Wange weggerissen. Tut nichts, dafür haben wir unser Gesicht gewahrt: Wir haben keine Arbeiter zu Krüppeln gemacht."
Heinrich sagte einmal beiläufig zu Johann, daß er sich mit Angelika Bucher treffe.
„Was, gefällt sie dir etwa?"
„Nein, ganz und gar nicht."
„Und warum triffst du dich dann mit ihr?"
„Nur so, um Salz die Laune zu verderben."
„Und wenn er dich aus Wut nun einfach abknallt?"
„Ausgezeichnet, dann hätte ich wenigstens dieses elende Leben hinter mir."
Johann glaubte, daß er betrunken sei, doch seine Augen blickten klar und nüchtern. Heinrich starrte ihn einige Sekunden an und sagte dann:
„Du kennst doch sicher alle Methoden der Massenvernichtung? Vielleicht können wir unsere Erfahrungen austauschen. Nur so, unter Kollegen. Na, spiel nicht den Bescheidenen, Johann, verbirg deinem Freund nicht deine wertvollen Kenntnisse."
„Du hast dir ja ein merkwürdiges Thema ausgesucht!"
„Wieso? Das ist doch ein dankbares Unterhaltungsthema für zwei junge Leute, die einer großen Nation angehören, die einmal die Welt beherrschen wird." Heinrich blickte Johann unverwandt ins Gesicht.
„Es ist noch gar nicht so lange her, da wir ganz primitiv angefangen haben. Ich erinnere mich, wie ich einmal in ein Lager kam. Es regnete, Schlammwetter. Berge von Leichen. Man wollte sie auf einem riesigen Scheiterhaufen verbrennen, aber das Holz war feucht, es brannte schlecht. Da mußte einer der Häftlinge in die Grube klettern und mit einem Eimer Fett abschöpfen, das sich von anderen Leichen angesammelt hatte. Ein anderer goß das Fett über das Holz, das Holz fing an zu brennen, und alles war in Ordnung. Was für eine Sparsamkeit: Man brauchte kein Benzin. Tote mit Selbstbedienung!”
„Ekelhaft, sich so was anzuhören."
„Ja, aber was soll man machen?"
„Die Leichen der Häftlinge begraben ist Pflicht der Häftlinge selbst." „Und sie in Leichen verwandeln ist unsere Pflicht?"
„Dafür ist Krieg."
„Am vierundfünfzigsten Geburtstag des Führers wurden in jedem Lager vierundfünfzig Häftlinge erschossen — ist das auch Krieg?"
„Das war ein Geschenk für den Führer."
„Weißt du, wie das gemacht wurde?"
„So in groben Zügen", erwiderte Johann vorsichtig.
„Sie legen sich nackt reihenweise in einen Graben, der schon voller Erschossener ist; aber bevor sie sich hineinlegen, schütten sie selbst auf die Toten ungelöschten Kalk. Und so geht es Schicht um Schicht. Und keiner fleht um Gnade, keiner verliert vor Angst den Verstand. Und die, die sie töten, sehen sie nicht, bemerken sie einfach nicht. Verstehst du, wie furchtbar das ist?"
„Für wen?"
„Für die, die töten. Für uns ist es furchtbar. Für uns!"
„Hast du selbst an Hinrichtungen teilgenommen?"
„Nein."
„Wozu dann soviel Aufregung, Heinrich? Oder meinst du, daß
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