Im Labyrinth der Abwehr
nützlich sein, der Sie angehören. Sie verstehen doch wohl?"
Weiß nickte mit dem Kopf und schlug die Hacken zusammen. Gustav sagte herablassend:
„Hier sind solche Ausdrucksformen des Diensteifers nicht üblich. Im Unterschied zur Abwehr unterscheiden wir die Mitarbeiter nicht nach ihrem Rang, sondern nach dem Grad ihrer Fähigkeit, mehr zu verstehen, als ihnen gesagt wird."
Nach dieser Unterhaltung schwanden die Schranken höflich-kalter Fremdheit zwischen den Bewohnern des Hauses und Johann wie mit einem Zauberschlag.
Willi Schwarzkopf wohnte in der Friedrichstraße. Früher einmal hatte er hier eine Dreizimmerwohnung gehabt, doch nachdem man das Haus arisiert hatte, hatte er sich einer ganzen Etage bemächtigt, die als eine Art persönlicher Kanzlei eingerichtet war. Seinem Neffen hatte er ein Zimmer in seiner früheren Wohnung überlassen.
Willi Schwarzkopf empfing Weiß sehr freundlich, breitete die Arme aus und gestand, sich gleichsam für die dürftige Einrichtung entschuldigend:
„Wenn das Volk alles an der Front gibt, müssen wir, seine Führer, im Geiste der Spartaner leben."
Heinrich lächelte spöttisch. Er wußte, daß sein Onkel in Charlottenburg eine Luxusvilla besaß, die mit Kunstgegenständen und allen möglichen Wertsachen vollgestopft war.
Nachdem sie am Frühstückstisch Platz genommen hatten, sagte Willi selbstzufrieden:
„Nun, wie gefallen Ihnen Schellenbergs Leute? Er hat sich ein diplomatisches Korps von Salonbummlern, verwöhnten Söhnen reicher Eltern zusammengeholt, die sämtlich Verwandte in allen Ländern Europas haben. Das sind vielleicht ein paar Agenten! Da braucht nur einer von ihnen in die Hände eines schäbigen kleinen Abwehrmannes zu fallen, und schon fangen sie zu singen an. Da ist dieser Gustav ein ganz anderer Kerl! Damals in der Albrechtstraße hat er es verstanden, die hartnäckigsten Leute zum Reden zu bringen, und jetzt betätigt er sich als Gouvernante bei diesen Grünschnäbeln Schellenbergs. Was halten Sie von Gustav und seinem Pensionat?"
„Ich würde die Empfehlung Herrn Landsdorfs und auch die Ihre nicht rechtfertigen, wenn ich mir erlaubte, über meine Kollegen und über meine Arbeit zu sprechen."
„Nun hören Sie aber auf, hier hinter diesen Panzertüren sind wir sicher wie in Abrahams Schoß."
In seiner Stimme klang ein unzufriedener Ton. „Na, macht nichts, ich hoffe, wir werden dennoch Freunde."
„Das hoffe ich auch", sagte Weiß. „Ich möchte Ihnen versichern, daß meine besten Eindrücke von Ihnen genauso unangetastet bleiben wie die Papiere in diesen Panzerschränken."
„Sie sind ein Mensch mit festen Grundsätzen." Er wandte sich an Heinrich: „Dein Freund ist anscheinend doch nicht so ein Einfaltspinsel, wie es mir damals in Litzmannstadt vorkam." Und zu Weiß sagte er vorwurfsvoll: „Sie sind ein kluger Mensch und hätten wissen müssen, daß, wenn der alte Willi seinem Nächsten einen Gefallen tut, er dann auch mit einer Gefälligkeit rechnet."
„Ich bin bereit, jeden Auftrag von Ihnen zu erfüllen", Weiß verbeugte sich ehrerbietig, „vorausgesetzt, daß er nicht meinen übernommenen Pflichten zuwiderläuft."
„Schon gut, schon gut", Willi klopfte ihm auf die Schulter. Er erhob sich und bat Weiß, ihm zu folgen.
Sie durchschritten eine ganze Reihe von Zimmern, in denen an schreibpultähnlichen Tischen Leute in Zivil saßen. Bei Willis Erscheinen sprangen sie alle wie auf ein Kommando auf und streckten den Arm zum Parteigruß aus. Willi beachtete sie nicht und erklärte Johann:
„Ich habe meine bescheidene Behausung in eine Art Büro verwandelt. Wir arbeiten auch nachts. Wenn der Reichsführer dringend irgendwelche Informationen braucht, können wir ihm jederzeit zu Diensten sein."
„Genügt denn der Apparat beim Sicherheitsdienst nicht?"
Willi lächelte rätselhaft:
„Die Informationen für den Chef fertigen wir nur in einer Ausfertigung an. Wir geben eine objektive Analyse."
„Ich dachte, daß dies die Aufgabe des gesamten Sicherheitsdienstes wäre?"
„Sicher. Aber es gibt einen Bormann und einen Kaltenbrunner, und jeder brennt darauf, dem Führer die besten Informationen als erster zu liefern. Doch das ist nicht die Hauptsache. Die Hauptsache ist, daß ich dem Reichsführer unsere Materialien persönlich liefere. Und da sie nicht aus offiziellen Quellen sind, entscheidet er, ob er sie weitermeldet oder nicht. In bestimmten Augenblicken können sie nur den Zorn des Führers erregen.
So forderten
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