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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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beispielsweise Industriellenkreise, daß der Generalstab den Barbarossaplan wesentlich änderte und den Hauptstoß in erster Linie auf die Eroberung der Gebiete lenkte, die reich an Rohstoffquellen sind.
    Wir stellten seinerzeit fest, daß unsere Industrie genügend Rohstoffe besitzt, um die Rüstungsproduktion für einen Blitzkrieg zu sichern. Aber unter Beeinflussung der Industriellen gaben verschiedene Ministerien andere Auskünfte. Da das Prinzip des Blitzkrieges führend war, wagte keiner einzugestehen, daß der Krieg im Osten einen langwierigen Charakter annahm. Und der Reichsführer konnte seinerseits dem Führer melden, daß die Leiter einiger Ministerien nicht an einen schnellen Sieg glaubten und deshalb die wirtschaftliche Planung fehlgeleitet hätten, also ein Verbrechen vor dem Reich begangen hätten. Zum anderen unterstützte er beim Führer die Forderung der Industriellen, vor allem erst einmal die reichen Rohstoffgebiete in der Ukraine und im Kaukasus zu erobern, was im Endergebnis dem Bedürfnis des Reiches entsprach." Willi hob seine Stimme: „Und ich hatte den Auftrag, objektive Angaben über die Vorkommen an seltenen Metallen zu sammeln."
    „Allein?"
    „Sie sind ein kluger junger Mann. Im Reich gibt es eine genügend große Anzahl ähnlicher Forschungsstellen. Ihr Canaris ist ein Laie. Da haben wir ihm Unsummen für die Gründung von Spionageschulen gegeben; ihm standen die gesamte Bevölkerung der besetzten Gebiete, die Gefangenenlager, ausgezeichnete Kader zur Verfügung. Aber bis jetzt haben wir von seinen Agenten so gut wie keine nennenswerten Angaben über das Wirtschaftspotential Rußlands erhalten. Deshalb rate ich Ihnen, damit, daß Sie bei der Abwehr waren, nicht allzuviel Reklame zu machen. Übrigens, Ihr ehemaliger Vorgesetzter, Rittmeister Gerd, hat sich von der Perspektivlosigkeit von Canaris überzeugt und hielt es für zweckmäßig, uns seine Dienste anzubieten. Gerd hat sich nicht schlecht über Sie geäußert.”
    Ein Dummkopf ist er nicht, dachte Johann, obwohl er beim SD nur die Rolle eines Arbeitspferdes spielt. Aber arbeiten kann er.
    Dann, als Willi sie beide allein ließ, führte ihn Heinrich in sein Zimmer und fragte:
    „Na?"
    „Ein Mann, der sich auf seine Sache versteht und sehr gut informiert ist", sagte Johann.
    „Nein, da irrst du dich. Er ist ein Angeber. Seine Funktion beschränkt sich auf niedrige Aufgaben: den Stand der Dinge in der Industrie so weit zu kennen, daß er die Lieferung von Arbeitskräften aus den KZs planen kann. Die Einnahmen daraus aber erhält die SS."
55
    Einer der Leute, die Johann am Flugplatz abholen mußte, war in übler Verfassung: Er war schwer verwundet und hatte viel Blut verloren. Obwohl dieser Mann bat, ihn ins Krankenhaus zu bringen, lieferte ihn Johann unbarmherzig an der bestimmten Stelle ab. Der Verwundete teilte Johann mit, daß die Umstände ihn gezwungen hätten, die chiffrierten Nachrichten zu vernichten, und er bat Weiß ihn anzuhören. Er befürchtete, daß er sterben könne, bevor der Mann, dem er diese Nachrichten übergeben sollte, erschien.
    Wie verführerisch es auch war, ihn anzuhören, Weiß lehnte es kategorisch ab und ging fort. Als Gustav bei dem Mann eintraf, war dieser bereits tot.
    Gustav geriet außer sich, nannte Weiß einen elenden Dummkopf, erging sich in Drohungen. Doch bald hatte er sich wieder in der Gewalt. Er sagte:
    „Peter, Sie haben durch Ihre Diszipliniertheit Vertrauen verdient. In bestimmten Ausnahmefällen ist es Ihnen erlaubt, schriftliche oder mündliche Informationen anzunehmen. Aber ich wiederhole: nur in außergewöhnlichen Fällen."
    Nach dem ersten Besuch bei den Schwarzkopfs gab Weiß Gustav entschieden zu verstehen, daß er mit keinerlei Informationen über diese rechnen könne.
    „Willi Schwarzkopf genießt bei Ihnen wohl große Sympathie?" bemerkte Gustav ironisch.
    „Darum geht es nicht. Als Willi für meine Lebensweise Interesse bekundete, habe ich ihm das gleiche geantwortet."
    „So ein Vorsichtiger sind Sie also!"
    „Ja", sagte Weiß, „genau."
    Nicht alle Mitarbeiter des Sonderstabes Schellenberg hielten sich ständig in den von Fliederbüschen verdeckten Villen auf. Einige wohnten in der Stadt und kamen nur hierher, um Aufträge zu empfangen. Das waren Leute, die in der Berliner Gesellschaft gut bekannt waren.
    Einer von ihnen, Hugo Lemberg, der Sohn eines bekannten Berliner Advokaten, selbst Jurist und im Krieg Flieger, zog Johanns Aufmerksamkeit auf sich. Einmal fragte

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