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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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erschien Franz.
    „Ich leiste Ihnen Gesellschaft." Er goß sich Kaffee ein und sagte:
    „Plaudern wir, damit Sie sich nicht langweilen."
    Schon bei den ersten Worten wurde Johann klar, daß es nicht um eine Plauderei, sondern um ein Verhör ging.
    „Hören Sie, Franz, wenn Sie mich hier unter die Lupe nehmen wollen, ich bin kein Anfänger mehr. Bei der Abwehr haben wir mit mehr Fingerspitzengefühl gearbeitet."
    „Langsam, langsam, Peter, alles zu seiner Zeit. Also, Sie behaupten, daß man beim Stab „Vally" mit Ihrer Arbeit zufrieden war?"
    „Gar nichts behaupte ich."
    „Also, ja oder nein?"
    „Ja."
    „Und woher nehmen Sie diese Sicherheit?"
    „Sonst würde ich wohl nicht hier auf diesem Stuhl sitzen."
    „Sie sind sehr selbstsicher. Ist Heinrich Schwarzkopf Ihr Freund?” „Ja."
    „Wodurch haben Sie seine Gunst erworben?"
    „Dadurch, daß ich mich stets daran erinnere, wer ich bin, und daß ich es nicht auf eine Freundschaft mit höheren Dienstgraden anlege." „Mir gegenüber benehmen Sie sich aber ziemlich ungeniert." „Ich erkenne Ihr Alter an, füge mich aber nur Ranghöheren." „Nicht schlecht gesagt. Nicht schlecht, wie Sie herauszubringen versuchen, wer ich bin."
    „Oh, Sie sind hier der Herr im Hause", sagte Johann naiv. „Und genau das wollte ich wissen."
    Seine Laufbahn hatte Franz im Hotel „Adlon" als Liftboy begonnen und sich bis zu dem hohen Amt eines Portiers emporgearbeitet.
    Für die Diplomaten und Agenten verschiedener Geheimdienste war das Hotel „Adlon" eine Art traditionelle internationale Börse. Hier machten sie Geschäfte unter sich: Sie tauschten Staatsgeheimnisse und Nachrichten, die Staatsmänner und Politiker entlarvten. Notiert wurden die Börsenwerte je nach der internationalen Lage.
    Die deutsche Gestapo wachte unermüdlich über die Sicherheit der Gäste dieser Zufluchtstätte der internationalen Spionage; sie wachte sorgsam darüber, daß Etikette und Anstand nicht verletzt wurden. Viele der Hotelangestellten waren Agenten der Gestapo.
    Ein ausländischer Gast, der im „Adlon" abstieg, konnte sicher sein, daß die vielköpfige und hochqualifizierte Schar von Hotelangestellten ihn und seine Papiere vor der Neugier der Geheimagenten anderer Mächte schützte.
    Was die deutsche Spionage selbst betraf, so erlegte sie den Gästen für ihre Dienste gleichsam eine unsichtbare Steuer auf und drang mit ausgeklügelter Raffinesse in ihre Geheimnisse ein.
    Franz hatte sich die Spielregeln ausgezeichnet zu eigen gemacht.
    Vor allem Ehrlichkeit. Er war mehrfach Zeuge des unmerklichen Verschwindens von Hotelangestellten geworden, die ihre Einkünfte erhöht hatten, indem sie sich diesem oder jenem ausländischen Gast allzu gefällig erwiesen hatten. Jeder dieser Angestellten starb eines plötzlichen stillen Todes in den Kellerräumen des Hotels.
    Baryschew hatte sich seinerzeit im „Adlon" aufgehalten.
    Er gab Franz, der hoffte, in seinen Koffern Verstecke und geheime Papiere zu finden, freundlicherweise die Möglichkeit, in seinen Sachen zu wühlen. Die Informationen aber, deretwegen Baryschew in Berlin war, bewahrte er in der hölzernen Birne auf, an der sein Zimmerschlüssel befestigt war, und den Schlüssel mit dieser Birne empfing Franz täglich aus den Händen Baryschews, ohne zu ahnen, daß die Fotos der im „Adlon" abgestiegenen Geheimagenten sich in einem Gegenstand befanden, der dem Hotel selbst gehörte.
    Auch das Foto von Franz war darunter.
    Am gleichen Tag wurde Johann von mehreren Ärzten untersucht.
    Von dem ersten Arzt, der lediglich eine Karteikarte mit seinen Personalien ausgefüllt hatte, ging Johann zu einem zweiten. Diesmal dauerte die Untersuchung bedeutend länger. Nachdem Johann Platz genommen hatte, forderte ihn der Arzt zunächst auf, einen maschinegeschriebenen Text durchzulesen. Dabei stand er dicht hinter ihm. Johann hatte noch nicht bis zu Ende gelesen, als der Arzt plötzlich mit einer Pistole über seinen Kopf hinwegschoß und gleichzeitig den Stuhl unter ihm wegzog. Er forderte Johann auf, augenblicklich alles Gelesene zu wiederholen. Aufmerksam verfolgte er dabei seinen Puls. Er staunte:
    „Donnerwetter! Sie haben ja ein phänomenales Gedächtnis und eine erstaunliche Selbstbeherrschung!"
    Dann gab ihm der Arzt eine Spritze in die Wade. Obwohl ein stechender Schmerz seine Muskeln verkrampfte, überwand er sich und las mit heiserer Stimme den ihm vorgelegten Zeitungsartikel vor.
    Der Arzt schaute nachdenklich auf die Uhr. Als Johann fast

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