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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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verlegen:
    „Anfangs hatten Unsere — ich meine die Gefangenen — beschlossen, mich umzubringen. Irgendein Schurke hat mir das verraten. Ich war natürlich furchtbar aufgeregt. Von den Unseren zu sterben — so ein Widersinn. Und dann faßte ich einen Entschluß: Unter irgendeinem Vorwand erschoß ich diesen elenden Kerl im Beisein aller Gefangenen. Als er fiel, sagte ich: 'Dieser Kerl hat eine zu lose Zunge.' Anscheinend waren sie hinter seinen Verrat gekommen. Am nächsten Tag kommt der Älteste zu mir und fragt: 'Herr Kommissar, Sie haben einen von uns erschossen. Wollte er Ihnen etwas antun?' 'Mir nicht, aber euch', sagte ich. Wir schauten uns gegenseitig in die Augen und gingen auseinander. Danach haben sie ihren Entschluß geändert: Sie hätten mich schon oft umbringen können, haben es aber bisher nicht getan."
    „Gibt es Fluchtfälle?"
    „Unbedingt! Und wie!" Subow grinste.
    „Kann sich das nicht auf dich auswirken?"
    „Wieso? Ich gebe es zu den Akten, und damit ist die Sache erledigt. Da heißt es, gefaßt und an Ort und Stelle erschossen. Einige trage ich in die Liste der bei Angriffen Umgekommenen ein. Meine Buchhaltung stimmt." Ein wenig neidisch sagte er: „Sie haben eine Parteiorganisation. Sie beschließen, wer flieht und wann. Sie leben im Kollektiv. Ich bin für sie so etwas wie eine Marionette, eine Schachfigur, aber kein Mensch."
    „Und warum arbeiten sie so tüchtig?"
    „Sie retten doch Menschen."
    „Deutsche", erinnerte Weiß.
    „Ja, und", ereiferte sich Subow, „wenn sie verschüttete Kinder aus eingestürzten Kellern heraustragen, ist es so, als ob es ihre eigenen wären."
    „Hast du wieder eine Gruppe?"
    „Eine bescheidene, aber lauter kühne Burschen. Ich erziehe sie natürlich, damit sie nicht zu selbständig werden. Neulich haben wir einen Agenten aus eurem Stab 'Vally' umgelegt."
    „Wie habt ihr von dem Agenten erfahren?"
    „Wir haben einen Verbindungsmann, der hat uns die Kennzeichen mitgeteilt und gesagt, wann der Agent mit einem Begleiter in Berlin eintrifft. Wir haben beide vom Bahnhof mit dem Wagen abgeholt. Sind losgefahren. Da kam wie immer ein Angriff. Na, wir blieben vor einem Bunker stehen, den ich für einen Kunden gebaut habe; er war noch nicht benutzt. Wir gehen also hinein, stellen ein Verhör an, verurteilen sie. Alles, wie es sich gehört." Subow schaute zu Weiß auf und fragte: „Und du kannst so ohne Atempause den Deutschen spielen? Das könnte ich nicht. Du mußt ja aus Eisen sein, daß du das aushältst." Er legte Weiß die Hand auf die Schulter. „Wir dürfen uns nicht mehr treffen."
    „Und was macht Brigitte?"
    Subow wurde verlegen.
    „Wir werden ein Kind haben. Es wäre gut, wenn es kommt und die Unseren sind schon da, dann könnte ich es als Sowjetbürger registrieren lassen."
    „Wird Brigitte einverstanden sein?"
    „Wir werden sie so lange bitten, bis sie es ist. Sie ist ein guter Mensch."
    Weiß gab ihm die Hand.
    „Mach's gut", sagte Subow. „Ich hab nicht mehr die Nerven. Früher hab ich keine Angst vorm Sterben gehabt. Jetzt ist das anders. Je näher unsere Armee kommt, um so schwerer wird das Warten ..."
    Gustav besuchte Weiß und fragte ihn gleichsam nebenbei, welchen Eindruck auf ihn die Teilnehmer der Verschwörung gemacht hätten, mit denen er zusammen im Gefängnis war.
    Weiß sagte geringschätzig:
    „Einen jämmerlichen."
    „Es hat sich herausgestellt, daß ein General, der mit zu der Verschwörung gehörte, die ganze Zeit den Reichsführer über Stauffenberg informiert hat."
    „Man sollte diesen General bei der Gestapo anstellen."
    „Er hat seinen Geheimdienst auch dort nicht verlassen.”
    „Ja, soviel ich aus den Unterhaltungen dieser Leute gehört habe, hatten die Häupter der Verschwörung entgegen Stauffenberg den Entschluß gefaßt, vor den Westmächten zu kapitulieren, um dann mit dem Angriff an der Ostfront zu beginnen. Das war ein rein kriegspolitisches Manöver, weiter nichts. Und auch wenn sie es auf das Leben des Führers abgesehen hätten, sein Geist sollte später in aller Größe wiederauferstehen."
    „In wessen Person?"
    „Ich denke, in der Person des neuen Führers", bemerkte Weiß ironisch. „Goebbels hat dieses Komplott sehr treffend als die 'Revolte der kleinen Würstchen' definiert."
    „Wenn sich der Chef mit solchen Fragen an Sie wendet, denke ich, daß eine Antwort dieser Art ihn zufriedenstellen wird."
    „Ich danke Ihnen."
    „Hier, ich habe Ihnen noch eine Geheimsendung zu überreichen.

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