Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
Vom Netzwerk:
gewußt", sagte Schellenberg ironisch lächelnd.
    „Ich danke Ihnen", sagte Weiß, „kann ich also damit rechnen?"
    „Ich hatte die Absicht, mich an den Reichsführer mit der Bitte zu wenden, Sie mit dem Eisernen Kreuz erster Klasse auszuzeichnen. Ziehen Sie es vor, daß ich ihn aus anderem Anlaß störe?"
    „Gestatten Sie, daß ich meine Bitte wiederhole?"
    „Gut." Schellenberg nahm ein auf dem Schreibtisch liegendes Papier.
    „Sie können gehen."
    Doch an der Schwelle hielt er ihn auf.
    „Glauben Sie, daß sie für den Geheimdienst taugen?"
    „Nein."
    „Wozu dann?"
    „Wenn der Reichsführer sie begnadigt, wird Herr Müller versuchen herauszubekommen, ob sie nicht Agenten des Reichsführers waren." Weiß lächelte spöttisch. „Müller erleidet eine für ihn unangenehme Niederlage. Man erfährt von der von ihm eingeleiteten Untersuchung, und das dient als neuer Beweis für sein feindseliges Verhalten zu Himmler."
    Schellenberg schwieg, schaute Weiß forschend in die Augen, dann lächelte er plötzlich.
    „Das ist sehr scharfsinnig. Jetzt verstehe ich. Sie wollen sich ein wenig an Müller für Ihren Aufenthalt im Gefängnis rächen?" „Also kann ich sicher sein?"
    „Auch dessen, daß ich dem Reichsführer Ihre Auszeichnung vorschlage."
    Auf dem Weg zur Bismarckstraße berichtete Gustav Weiß, daß alle Machenschaften gegen ihn von Schellenbergs Leuten in mühevoller Arbeit aufgedeckt worden waren. Der Tod des Unbekannten war nicht während des Autounfalls erfolgt, sondern lange Zeit vorher durch eine Vergiftung.
    Durch Agenten hatte man festgestellt, daß sich Weiß im Gefängnis befand. Doch Schellenberg befahl, keine sofortigen Maßnahmen zur Freilassung Johanns zu ergreifen: sein Aufenthalt sei die beste Tauglichkeitsprüfung. Dann hatte der Brigadeführer Weiß offenbar vergessen, und keiner hatte es gewagt, ihn daran zu erinnern. Erst als Schellenberg zufällig auf einer von Himmler unterschriebenen Liste zum Tode Verurteilter seinen Namen sah, unternahm er die notwendigen Schritte.
    „Aber man hätte mich doch jeden Tag hängen können", meinte Weiß.
    „Das war nicht ausgeschlossen. Wahrscheinlich hätte man Sie nach dem Tode rehabilitiert. Übrigens, vergessen Sie nicht, zum Friedhof zu fahren. Schauen Sie sich ihren Grabstein an: 'Dem unvergessenen Johann Weiß!` "
    Als Weiß sein Zimmer betrat und in den Spiegel schaute, fuhr er unwillkürlich zurück. Ihn starrte ein knochiges, hartes Gesicht mit tiefeingefallenen Schläfen und Augen an. Die Haare waren grau geworden.
    Er schlief volle vierundzwanzig Stunden.
59
    Am nächsten Tag besuchte Weiß den Massagesalon Professor Stutthoffs. Dieser begrüßte ihn mit scherzhaften Worten, doch ohne zu lächeln: „Ah, da kommt unser Toter! Erzählen Sie!"
    Weiß berichtete über die Einzelheiten der Verschwörung, die ihm bekannt geworden waren.
    Der Professor hörte sich Johanns Bericht schweigend an, dann sagte er gleichsam widerstrebend: „Den Aufschub für die Vollstreckung des Urteils haben wir Ihnen erwirkt.”
    „Wie das?"
    „Wir haben jemand ausfindig gemacht, der Fürst Hohenlohe mitteilte, daß der Offizier, der ihn überwacht habe, von Müller festgenommen worden sei, um etwas über die Tätigkeit des Fürsten herauszubringen. Dieser wandte sich mit einem Protest an den Führer. Inzwischen stellte sich heraus, daß der Name Johann Weiß nur durch ein Mißverständnis in die Reichskanzlei geraten war. Müller bekam es mit der Angst und wagte nicht, Sie zu hängen." Stutthoff fragte: „Haben Sie Heinrich gesehen? Ein tatkräftiger und dabei vorsichtiger Genosse. Er war durch Ihren Tod sehr erschüttert, sehr. Suchen Sie ihn doch heute auf."
    Erst jetzt bemerkte Weiß, daß der Professor gerötete, glanzlose Augen hatte.
    „Verzeihen Sie, ich glaube, es bedrückt Sie etwas", fragte er teilnehmend.
    „Ach was", das Gesicht des Professors zog sich in schmerzvolle Falten, „was kann mich schon bedrücken. Ein ganz gewöhnlicher Kummer." Und mit monotoner Stimme erzählte er: „Nun, es ging darum, sich mit einer Reihe geheimer Konstruktionsunterlagen vertraut zu machen. Meine Frau meinte, daß die Fliegerangriffe dazu die geeignetste Zeit seien, doch irgendwie wurde sie aufgehalten. Zuerst stürzte das Treppenhaus ein, dann eine Wand. Sie bombardieren jetzt täglich." Er stand auf, gab ihm die Hand. „Ach, fast hätte ich es vergessen, Ihr Subow ist in Berlin."
    „Und wie geht es Ihnen jetzt?"
    „Ich lerne es, meinen Schmerz zu

Weitere Kostenlose Bücher