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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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seine Enkelin rächen.
    Weiß bemerkte, daß Steinglitz beleidigt die Mundwinkel hängen ließ, er war gereizt, der Anblick der Spuren des siegreichen Vormarsches der deutschen Armee erregte ihn nicht. Und in der Tat fühlte sich Steinglitz zutiefst beleidigt, fühlte er sich überflüssig.
    Die Ostfront war für ihn eine Art Verbannung. Alle Erfolge würden sich die Heerführer zuschreiben, und das blitzartige Vorrücken der motorisierten Truppeneinheiten gab keinerlei Möglichkeit, das Netz der Agentenaufklärung für eine ernsthafte Diversions- und Terrortätigkeit zu entfalten.
    Weiß begriff, daß Steinglitz wegen der dienstlichen Unannehmlichkeit gereizt war und daß er seinerseits bereit war, jedermann Unannehmlichkeiten zu bereiten, nur um die ihm durch seinen Vorgesetzten verursachte Kränkung zu mildern.
    Die Ortschaft, die dem Sonderdienst als Standort zugewiesen war, erwies sich als unmittelbares Kampfgebiet. Eine sich zurückziehende sowjetische Garnison hatte sie besetzt und in einen Knotenpunkt der Verteidigung verwandelt.
    Dieser unerwartete Umstand brachte Unordnung und Verwirrung in die Kolonnen der Zweiten Linie, und die Offiziere wußten nicht, wie sie ihm begegnen sollten. Schließlich gaben sie Anweisung, vom Weg abzubiegen und sich in der Nähe der Ortschaft niederzulassen, wo das Feuer des Gegners keinen Schaden anrichten konnte.
    Johann wählte dort, wo die Erdhügel eine braune Färbung hatten, eine trockene Stelle, markierte mit dem Spaten ein Quadrat und hob an allen Seiten Gräben aus. Er hackte Weidenzweige ab, legte das Quadrat mit einem Armvoll Zweigen aus, dann mit Torf, wieder mit Zweigen, und auf diesem Untergrund stellte er das Zelt auf. Davor machte er aus faulem Holz ein rauchiges Lagerfeuer, räucherte die Mücken aus und zog erst dann die Eingangsplane zu.
    Steinglitz stand in der Nähe und unterhielt sich mit Dietrich, wobei sie sich mit Zweigen unbarmherzig ins Gesicht schlugen, um die Mücken zu vertreiben.
    Weiß meldete, daß das Zelt fertig und in ihm völlige Sicherheit vor Mücken sei.
    Steinglitz lud Dietrich ein.
    Schnell bereitete Johann über dem Lagerfeuer ein warmes Abendbrot. Er bestand darauf, daß beide Offiziere Schnaps tranken und nicht Wein, indem er behauptete, daß die Mücken Überträger der Malaria seien und es kein besseres Mittel gäbe, diese Krankheit zu vermeiden.
    Beide Offiziere waren betrunken, jeder auf seine Art. Steinglitz faßte die Trinkerei als eine Art Turnier oder Duell auf, in dem er durchhalten, sein klares Bewußtsein behalten mußte. Er hatte sich daran gewöhnt, die Trunkenheit zu überwinden, und je mehr er trank, desto heftiger schmerzte ihm der Kopf, sein Gesicht wurde blaß, die linke Augenbraue begann konvulsivisch zu zucken; nur die Augen behielten so wie gewöhnlich ihren wachsamen und ein wenig trübsinnigen Blick. Nie verlor er die Kontrolle über sich.
    Bei Dietrich kam zusammen mit der Trunkenheit das angenehme Gefühl der Befreiung von jeder Konvention. Er ließ sich gehen und hielt gern prahlerische Reden.
    „Siehst du! So ist es! Macht und Moral vertragen sich nicht. Macht das ist Freiheit für die Seele. Die Befreiung von allem."
    Weiß reichte Kaffee. Dietrich stellte die Kunststofftasse auf ein Brett und fuhr fort: „Im Grunde ist alles ganz einfach. Wenn man jedem Menschen einen Meter Boden läßt, so ist die ganze Menschheit auf einem Gebiet von wenig mehr als fünfzig Quadratkilometern unterzubringen. Ein Aufmarschgebiet von fünfzig Kilometern! Eine Stunde Feuergefecht und — hin, keiner bleibt mehr übrig!" Er hob den Kopf und fragte: „Weißt du, wer die Version ausgeheckt hat, daß die Sowjetunion der Wehrmacht erlaubt habe, ihr Territorium zu durchqueren, um Indien zu erobern? Ich war das! Und das war ein guter Schachzug! Wie sonst wollte man die Konzentration unserer Truppen an der sowjetischen Grenze erklären?"
    „Kindisches Geschwätz, primitives Zeug, keiner hat dran geglaubt." „Eine Falschmeldung muß schrecklich primitiv sein, wie die Zeichnung eines Wilden. — Hast du die TASS-Erklärung vom vierzehnten Juni gelesen? 'Nach Verlautbarung der UdSSR hält Deutschland genauso unerschütterlich an den Bedingungen des sowjetisch-deutschen Nichtangriffspaktes fest wie die Sowjetunion. Gerüchte über die Absichten Deutschlands, den Pakt zu brechen und die UdSSR zu überfallen, entbehren nach Meinung sowjetischer Kreise jeder Grundlage.'"
    Steinglitz pfiff durch die Zähne.
    „Eine erstklassige

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