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Im Labyrinth der Abwehr

Im Labyrinth der Abwehr

Titel: Im Labyrinth der Abwehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wadim Koshewnikow
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kletterte, da die Schutzscheibe zerschlagen war, über den Kühler in die Fahrerkabine. Der Mensch, der dort lag, gab keinerlei Lebenszeichen mehr von sich. Die Soldaten, die endlich die klemmende Tür aufgebrochen hatten, legten den zerschmetterten, klebrigen Körper auf das Gras. Ein von der Stirn abgezogener Hautlappen bedeckte das Gesicht des Fahrers.
    Steinglitz kam näher, bückte sich und legte dem verstümmelten Mann den Hautlappen sorgfältig auf die Stirn. Und jetzt sah Johann sein Gesicht. Es war Brunos Gesicht.
    Der Fahrer des Schützenpanzerwagens richtete die eingeschalteten Scheinwerfer auf den ausgestreckten Körper.
    Sanitäter brachten eine Trage, ein Arzt kam mit einer Medikamententasche.

    Hauptmann Dietrich, der das Kommando führte, befahl, den Verletzten gleich hier, an Ort und Stelle zu vernehmen.
    Der Arzt schnitt Brunos Uniform auf. Der Brustkorb war zerschmettert. Ein Bein war ausgerenkt, ein Handgelenk mehrfach gebrochen. Der Arzt richtete sich auf und erklärte, daß der Tod in Kürze eintreten werde und daß es nicht angebracht sei, ihn ins Bewußtsein zurückzurufen, da es außer Qualen für den Mann nichts einbringen würde.
    „Er muß wieder zu Bewußtsein kommen", befahl Dietrich. „Ich rate Ihnen sehr, Doktor, keine Zeit zu verlieren, wenn Sie nicht etwas Wichtigeres verlieren wollen."
    Der Arzt begann eilig Ampullen abzubrechen, füllte die Spritze und machte Bruno mehrere Injektionen.
    Dietrich sammelte sogleich die zerbrochenen und geleerten Ampullen auf. Der Arzt schaute sich um.
    Dietrich erklärte:
    „Wenn Sie gestatten, Herr Doktor, werden wir hinterher ein kleines Konsilium einberufen, um festzustellen, wie gewissenhaft Sie meine Bitte erfüllt haben."
    Bruno holte röchelnd Atem und schlug die Augen auf.
    „Ausgezeichnet", bemerkte Dietrich beifällig zu dem Arzt. Steinglitz befahl er: „Die Überflüssigen fort!" Den Arzt aber forderte er auf: „Sie bleiben!" Er setzte sich auf den Erdboden, befühlte ihn mit der Hand und sagte bedauernd: „Feucht."
    Steinglitz zog seinen Mantel aus, legte ihn zusammen und schob ihn Dietrich unter das Gesäß. Dieser dankte mit einem Nicken und sagte, sich zu Bruno hinunterbeugend, mit einem Lächeln:
    „In wessen Auftrag, und kurz den Inhalt des Funkspruchs." Er strich über Brunos unversehrt gebliebene Hand. „Nachher gibt der Arzt Ihnen eine Spritze und Sie können absolut schmerzfrei einschlafen. Also bitte ..."
    Kradschützen in Gummimänteln kamen zu Weiß und führten ihn zur Chaussee. In der nächtlichen Stille war die gereizte Stimme Dietrichs deutlich zu hören:
    „Welches Bein verrenken Sie denn da, Doktor?! Ich habe Ihnen doch gesagt, das gebrochene! Und jetzt in die andere Richtung! Nehmen Sie doch, zum Teufel, diesen Hautfetzen beiseite ... Noch eine Spritze! Ausgezeichnet. Wirkt besser als Alkohol. Und nun treten Sie ihm auf den Hautlappen. Tun Sie sich keinen Zwang an, Doktor! Das regt besser an als alle Spritzen!"
    Plötzlich war alles still. Einige Zeit später kamen Dietrich und Steinglitz zur Chaussee hinaufgeklettert.
    Dietrich verabschiedete sich und ging auf den Wagen zu.
    „Fahren wir!" befahl Steinglitz.
    Es tagte. Der Himmel wurde allmählich von der aufgehenden Sonne erhellt. Die warme Luft erstrahlte hell und rein. Durch die Schutzscheibe des Wagens drang der zarte Geruch von Gras. Johann lenkte mechanisch den Wagen.
    Eine tödliche Erstarrung hatte sich seiner bemächtigt. Er wollte sich umdrehen und schießen. Dann zu seiner Einheit fahren und wieder schießen, schießen, nichts als schießen! Das war das einzige, das einzige, was ihm übrigblieb.
    Johanns Hand fuhr nach der Maschinenpistole, aber im selben Augenblick glaubte er Brunos Stimme zu hören: „Ganz gleich, was geschieht — du mußt immer ruhig bleiben ..."
    Bruno! Wer war eigentlich dieser Mann? Ein Angestellter. Oft fuhr er auf längere Dienstreisen. Jedermann wußte: Er hatte eine kleine, bescheidene Stellung. Die Familie bewohnte zwei Zimmer einer Gemeinschaftswohnung. Der jüngere Sohn übernahm die Kleidung des älteren, und für den älteren änderte man die Anzüge und Mäntel des Vaters. Und wenn solche wie Bruno starben, so erhielten die Angehörigen die Nachricht: Plötzlich verstorben, Herzschwäche. Das war alles. Selbst in der „Moskauer Abendzeitung" erschien keine Todesanzeige.
    Der Mensch, den man Bruno nannte, war ein Sowjetbürger gewesen. Doch wie waren sein Name, Vatersname, Familienname?
    Wo waren sie, die

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