Im Labyrinth der Abwehr
anvertraut, um den Feind zu täuschen und die Garnison zu retten.
Als die Faschisten in die Stellung der Garnison eindrangen, lag der Vorgesetzte am Maschinengewehr und schoß mit kurzen, sparsamen Feuerstößen. Dann schoß er mit der Pistole.
Hauptmann Dietrich verhörte ihn. Anfangs schwieg der sowjetische Offizier bewußt. Sie sollten ihm das Geständnis erpressen, dann würden sie ihm glauben. Und sie erpreßten ihm das Geständnis. Er sagte, daß er den Panzer mit dem Ziel der Falschmeldung ins feindliche Hinterland geschickt habe: Er habe dem Panzerkommandanten die Karte mit den falsch eingezeichneten Feuerstellungen und Minenfeldern gegeben, damit dieser sie dem Gegner unterschiebe. Als man den Panzer angeschossen habe, sei der Kommandant gefallen. Seine Kartentasche habe einer der Panzersoldaten getragen. Irgendein waghalsiger deutscher Soldat sei in den Panzer eingedrungen, habe mit der Mannschaft gekämpft, sei aber dabei umgekommen. Der einzige Unverwundete habe sich den verwundeten Kameraden mit der Kartentasche aufgeladen und sei zurück zu den Seinen gekrochen. Doch das Feuer sei so stark gewesen, daß der Soldat den Verwundeten vor Angst habe fallen lassen. Obwohl er die Aufgabe nicht kannte und nicht wußte, daß die Karte falsch war, sei er verpflichtet gewesen, die Kartentasche mitzunehmen. Er habe es nicht getan und sei deshalb erschossen worden.
Zu diesem Verhör hatte Dietrich auch Steinglitz eingeladen. Und Steinglitz half sachkundig, das Geständnis zu erpressen. Dann schickten sie einen Soldaten los, um die Aussage zu überprüfen. Der Soldat meldete, daß er an dem bezeichneten Ort tatsächlich die Leiche des erschossenen Panzersoldaten gefunden habe. Beide Offiziere waren überzeugt, daß der Gefangene ihnen die Wahrheit gesagt habe.
Während die Aussage überprüft wurde, kam der sowjetische Offizier wieder zu sich. In einem unbeobachteten Moment warf er sich auf Dietrich und biß ihn in die Wange. Dietrich griff augenblicklich nach der Pistole und schoß den Gefolterten aus nächster Nähe nieder. Das hatte der sowjetische Offizier beabsichtigt.
Steinglitz wollte nicht mit Dietrich streiten, obwohl dieser unüberlegt einen so wertvollen Gefangenen getötet hatte. Jetzt war nicht die Zeit zu persönlichen Auseinandersetzungen. Sie hatten an die Falschmeldung des Gegners geglaubt und würden beide in gleichem Maße dafür bürgen müssen. Wahrscheinlich war es sogar besser, daß der Gefangene tot war. So war es nicht notwendig, seine Aussage zu Protokoll zu nehmen. Ohne sich abgesprochen zu haben, schrieben sie ein völlig anderes Protokoll: Nachdem die Karte in die Hände der Deutschen gefallen war, hatte der Gegner den Standort der Geschütze gewechselt und die Felder neu vermint. Das hatte der Gefangene ausgesagt. Und diese seine „Aussage" bestätigten die beiden Offiziere mit ihrer Unterschrift.
Was Weiß betraf, so war alles klar: Für seine unzweifelhafte Heldentat verdiente er eine Auszeichnung und den Rang eines Gefreiten.
Nachdem Fischer den Befehl über die Auszeichnung und Beförderung verlesen hatte, nahm Johanns Verhältnis zu Bartsch einen vertraulicheren Charakter an.
Fischer, der wichtige Informationen sammelte, ließ Bartsch ständig von Bett zu Bett, von einem Krankenzimmer ins andere wechseln. Doch Bartsch fiel es schwer, die schriftlichen Berichte zusammenzustellen. Als sich herausstellte, daß der Gefreite Weiß nicht nur eine ausgezeichnete Handschrift, sondern auch einen guten Stil hatte, hielt es Bartsch für möglich, ihn als Mitarbeiter für das schriftliche Ressort zu beschäftigen.
Nachts wurden Weiß und Bartsch auf Krankenwagen in ein leeres Zimmer gebracht, damit sie sich dort ohne Zeugen unterhalten konnten. Bartsch stand von der Bahre auf und machte sich genießerisch Bewegung; er diktierte die Fakten, aus denen Berichte zusammenzustellen waren. Weiß war unzufrieden, gab vor, sie seien zu dürftig, er brauche vielseitigere Unterlagen, um anständige Berichte zu schreiben. Es wurde ihm erlaubt, sich selbst mit Verwundeten zu unterhalten. Im Lazarett lagen Soldaten der verschiedensten Waffengattungen. Johanns Bettnachbarn waren Soldaten vom Meteorologischen Dienst und ein Bordmechaniker eines Bombenflugzeuges. Aus der Unterhaltung mit den Meteorologen erfuhr Johann, daß die Deutschen nicht nur den Einsatz der Luftwaffe, sondern auch der motorisierten Einheiten den Witterungsverhältnissen genau anpaßten. Deshalb konnte man, je nachdem, für
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