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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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wenn wir …, wenn du …« Sie brachte es nicht über die Lippen. Besser so, an ihr tierisches Treiben wurde er auch nur ungern erinnert.
    »Hast du es mit der Stummen auch so gemacht? Der Balg war doch von dir, oder?«
    Ach, eifersüchtig war sie gewesen. Auch eine Todsünde. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Ich schenke meinen Samen nur in Form von Jesuitenkollegien weiter.« Trotzdem schmeichelte es ihm, das musste er insgeheim zugeben. Er stand vom Bett auf. »Gibt es nicht genug Angelegenheiten das Kloster betreffend?« Er durfte sich nicht zu weit hinauswagen, die Priorin unterlag immer noch dem Bischof und der dem Rat der Stadt. Als Domprediger war er zwar als Beichtvater bei den Dominikanerinnen eingesetzt, allerdings reichte ein Wort von ihr und sein Amt wackelte. In ihrem Suff merkte sie sich wahrscheinlich sowieso kein Wort.
    »Ich wollte dich eigentlich zum letzten Sakrament holen. Schwester Hildegard liegt im Sterben.«
     
    »Der Herr befreie dich von deinen Sünden und rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf.« Canisius salbte Schwester Hildegard mit Chrisam und versuchte, ihrer Beichte zu lauschen. In Gedanken war er bei Anna. Wo steckte sie nur? Seit sie sich im Garten näher gekommen waren, war er von ihr besessen. Ein unpassendes Gefühl für einen Exorzisten, aber er konnte es nicht anders bezeichnen. Mit ihrem Wesen, ihrer Seele, ihrer ganzen Art hatte sie ihn vereinnahmt. Er bedauerte es, dass sie den Tod der Stummen miterleben hatte müssen, doch das härtete sie für künftige Pflichten. Luther nahm sich auch eine Nonne zum Weib, warum sollte das bei ihm nicht gehen. Die Gesellschaft Jesu war noch jung und wenn sie keine eigene Ordenstracht oder kein Kloster benötigten, dann könnte man vielleicht auch das Keuschheitsgelübde lockern. Für was war er Apostel im Deutschen Kaiserreich, ein Apostel war immer unbequem, weil er etwas erneuerte.
     
    »Graf Philipp verlangt nach dir«, flüsterte Susanna. »Der Fuggerdiener wartet an der Pforte und lässt sich nicht abwimmeln. Du sollst ihn ins Rathaus begleiten.«
    Canisius überantwortete der Priorin die Sterbende und holte Annas Buch aus ihrer Zelle. Alt war auch Severin geworden, an die siebzig müsste er sein, doch nach wie vor überragte er ihn wie ein dürrer Baum. Wenigstens hatte sein neuer Herr kein S im Namen, dachte er, an dem sich Severin die Zunge brach, und folgte ihm mit wehender Soutane die Kaisermeile entlang.
     
    »Der Pater, mein Graf.« Severin verbeugte sich im Sitzungssaal, zog sich zu einem kleinen Beistelltisch am Fenster zurück und klappte seinen Tricktrack-Kasten auf.
    »Was werft Ihr uns die Zinsgeschäfte vor, Pater?«, fuhr ihn Philipp, hinter einem der lang gezogenen Eichentische an, kaum, dass Canisius über die Schwelle getreten war.
    Welche Zinsgeschäfte? Graf Philipp führte sich auf wie eine geifernde Huckerin. Canisius ging zu einem der zwölf Sessel unter dem Geschlechtertanzbild. Das dritte Paar von links auf dem Gemälde musste die älteste Fuggertochter und ihr Freiherr sein. Dann die Welser, die Rehlinger … Alle Reichen und Mächtigen waren darauf verewigt. Nur Canisius fehlte. Beiläufig kratzte er auf dem Bild herum. Er verstand nichts von der Ölmalerei, aber sicherlich könnte man eine Figur ergänzen. Er würde Anna fragen, erst mal setzte er sich. Mit seinem zukünftigen Schwager wollte er es sich nicht verderben. Nie hätte er gedacht, dass seine Predigt am Michaelitag solche Wellen schlug. Dem einfachen Volk legte er die neue Kalenderreform dar und ermahnte zugleich die Reichen, die neue Zeit zu nutzen, in sich zu gehen, nicht noch mehr zu wuchern und die Not der Untergebenen auszunutzen. Eine Rede, wie er sie oft hielt, nur ohne die Vorzeichen des Himmels, die Unwetter, die Kälte und die schlechten Ernten, richtig gedeutet zu haben. Nun, da zehn Tage vom Erdboden getilgt waren und Ostern wieder an seinen rechtmäßigen Platz gerückt war, würden auch die Gestirne besänftigt sein. »Was braust Ihr auf wie der Nordwind, mein lieber Graf. Der Herr spricht im fünften Buch Mose: ›Du sollst von deinem Bruder nicht Zinsen nehmen, weder für Geld noch für Speise, noch für alles, wofür man Zinsen nehmen kann.‹«
    »Seid Ihr mein Bruder?« Philipp lachte schallend, dieses Fuggerlachen stach Canisius wie mit Nadeln. Seit wie vielen Jahren versuchte er nun schon, auf einer Augenhöhe mit ihnen zu sein, und jedes Mal verspotteten diese Fugger ihn. Aber nun hatte er etwas gegen

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