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Im Labyrinth der Fugge

Im Labyrinth der Fugge

Titel: Im Labyrinth der Fugge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abe
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möglich. »Allein von ihrer Kunst war sie erfüllt …«
    »Eher gefüllt vom Samen des Goldschmiedes.« Philipp lachte. In der Beleuchtung der Amtsstube wirkte sein Rachen wie der Höllenschlund.
    »Was?«, übertönte ihn Canisius. »Hörmann?« Sobald er es aussprach, stach ihm seine Verblendung ins Hirn. Natürlich, der Goldschmied war Lutheraner und machte nicht mal einen Hehl daraus. Einmal hatte ihm die Priorin berichtet, dass er den Schwestern ein Buch über Luthers Leben und Predigten mitgebracht hatte. Doch Canisius hakte die Sache ab, nachdem die Schwestern gebeichtet hatten und das Buch verbrannt worden war. Wie damals den Kürschner, gab es eben kaum einen besseren Goldschmied in seiner Zunft. Da hatte er so manches leichtfertig übersehen und das rächte sich jetzt.
    »Wir warten immer noch auf eine Forderung.« Philipp ging zu der kleinen Spitzbogentür in der Seitenwand.
    »Ich verstehe nicht, eine Forderung von wem?«
    »Sie ist entführt worden, das ist doch offensichtlich. Und den Verantwortlichen haben wir bereits verhört. Folgt mir.«
    Canisius wollte sich weigern. Abgesehen von der Qual für seine morschen Knie, die vielen Stufen in den Ratskeller hinabzusteigen, mochte er den Kerker nicht. Bisher hatte er es aufs Nötigste beschränkt oder gemieden. Seine Arbeit war sauber, sobald der Teufel ausgetrieben war, gab es keine Pein aus Angst oder Exkrementen mehr. Exorzismus fand an geweihten Orten statt, nicht unter der Erde, wo der Satan keimte. Der Gestank nach Blut, Scheiße und Schweiß, die Dunkelheit und das Keuchen, abgesehen von dem durchdringenden Geschrei dann und wann. Diesmal ging es nicht anders. Er stieg mit Philipp hinunter. Das Rathaus war so an den Perlachberg gebaut, dass sich der Kerker tief unten befand. Kein Schrei der Gepeinigten drang ans Gehör der Bürger und erst die Sturmglocke verkündete das Todesurteil. Anna und Hörmann, Hörmann und Anna, diese Litanei klang in ihm bei jeder Stufe mit hinab. War er wirklich so kuhäugig gewesen?
    Wie nicht anders zu erwarten, roch es ekelerregend in dem düsteren Gewölbe. Warum musste das immer so sein? Es gab doch genug Freiwillige, die Unrat für eine Münze beseitigten. Der gesamte Rat der Zwölf hatte sich hier versammelt. Der Goldschmied war kaum wiederzuerkennen. Nicht mal Blechschmied oder Holzfäller würde er sich noch nennen können. Sein fetter Leib hing schlaff in den Seilen. Man hatte ihn an den Armen hochgezogen und vier Gewichte an die Füße gehängt, dem Gestank nach zu urteilen schon vor geraumer Zeit. War er bewusstlos oder bereits tot? Nein, seine stark behaarte Brust hob und senkte sich leicht.
    »Wahrscheinlich hat sich die Weibsperson doch von Heiratsgelüsten übermannen lassen«, meinte der Stadtpfleger.
    »Haltet Eure Zunge im Zaum, wenn Ihr sie behalten wollt«, rief Philipp erbost. »Die Weibsperson ist meine Schwester. Und ein Aufgebot wurde bei mir nicht bestellt.«
    »Das Einzige, was er vor seiner Ohnmacht von sich gab, war der Name Ulrich Fugger, der in Heidelberg beim Kurfürst weilt«, stammelte der Stadtpfleger hastig. Philipp schritt hin und her, riss sich die Goldhaube vom Kopf und zupfte daran herum. Canisius sah, wie der Stadtpfleger hinter Philipps Rücken mit dem Bürgermeister tuschelte. Der nickte und bleckte die Zähne. Anscheinend freuten sie sich, dass es dem unantastbaren Fuggergrafen mal ans Leder ging. Zum Glück bekam das der Gepeinigte nicht mit, da hätte er so manches Geheimnis erlauscht. Jeder von ihnen, ob lutherisch oder katholisch, hatte sich bei Philipp auf irgendeine Weise verschuldet. Dabei ging es nicht immer um Geld, sondern auch andere Laster, die verborgen bleiben mussten und die nur Canisius von der Beichte kannte. In einer Canisiane drehte er Annas Ring und brachte ihn fast zum Glühen, in einer anderen umklammerte er den Dolch. Allen Katherinennonnen hätte er ein Liebesverhältnis mit Hörmann zugetraut, nicht aber seiner Anna. Der Goldschmied zeigte ihr zwar einige Kniffe bei den Farben, scherzte aber mehr mit den alten Nonnen oder mit dieser Stummen. Dann war das Kind, das diese Stumme gebar, womöglich von ihm. Hatte Canisius sich so getäuscht? Trieb es Hörmann tatsächlich mit der stummen Rothaarigen und der Fuggertochter gleichzeitig?
    Philipp trat zu dem Delinquenten. »Wer sind deine Kumpanen?« Hörmann rührte sich nicht. Auf ein Zeichen des Grafen schüttete einer der Scharfrichtergehilfen dem Goldschmied Wasser ins Gesicht. Hörmann kam zu sich und

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